Ethanwolke über Titans Polarregion
von
Hans Zekl
für
astronews.com
19. September 2006
Ein internationales Wissenschaftlerteam fand mithilfe der
Saturnsonde Cassini nun erstmals Anzeichen für Ethan auf dem Saturnmond
Titan. Die Existenz von Ethan war lange vermutet worden, doch entdeckte man das
Molekül erst, als man die nördliche Polarregion des Trabanten genauer unter die
Lupe nahm.
Infrarot-Bild der nördlichen Titan-Halbkugel:
Das Ethanwolke ist als rötlicher Bereich in der Polarregion zu
sehen. Das Bild entstand am 22. August 2005. Bild: NASA
/JPL / University of Arizona |
Titan ist ein außergewöhnlicher Mond. Als einziger Trabant im Sonnensystem
besitzt er eine Atmosphäre mit einer dichten Wolkendecke. Deshalb konnten
Forscher vor Beginn der Cassini-Huygens-Mission im Saturnsystem nur über
seine Oberflächeneigenschaften spekulieren. So vermuteten sie große Seen mit dem
Kohlenwasserstoff Ethan und riesige Wolken des Moleküls über der gesamten
Oberfläche des Mondes. Im Laufe der viereinhalb Milliarden Jahre langen
Geschichte Titans sollte sich große Mengen des Moleküls in zahlreichen Seen oder
Meeren angesammelt haben.
Doch nichts von alledem wurde von Cassini und der Landesonde
Huygens gefunden, keine Wolken und keine Ethanseen. Vermutlich lagert der
Stoff unter der Mondoberfläche, so die Spekulation. Erst als Cassini die
nördliche Polarregion genauer unter die Lupe nahm, fanden sich Spuren: Bei
Vorbeiflügen an Titan im Dezember 2004, August und September 2005 wurden die
Forscher in hohen nördlichen Breiten endlich fündig. In einem Streifen zwischen
dem 51. und 69. Breitengrad zeigten sich im Infrarotbereich Zirruswolken aus
Ethan in 30 bis 60 Kilometern Höhe. Die Wolken sind vermutlich noch größer als
bislang beobachtet, weil im größten Teil der nördlichen Polarregion noch bis
2010 die Polarnacht herrscht.
"Unsere Beobachtungen deuten darauf hin, dass Ethan auf der Oberfläche
vorwiegend an den Polen zu finden ist, anstatt wie früher angenommen über den
gesamten Mond verteilt," vermutete Caitlin Griffith von der University of
Arizona. Sie und ihre Kollegen aus den USA, Deutschland, Frankreich und
Portugal halten es für plausibel, dass das Molekül gegenwärtig an den Polen
herunter regnet oder, falls es kalt genug ist, schneit. Gestützt wird dies durch
die Entdeckung von Seen in der Polarregion bei einem Vorbeiflug am 22. Juli
diesen Jahres. Sollte es an den Polen kälter werden, könnte sich dort sogar eine
Eiskappe aus Ethan bilden. Doch dafür gibt es bisher keine direkten Beweise,
weil es permanent Nacht am Nordpol ist und das Eis somit nicht zu sehen ist.
"Wir werden in den kommenden Monaten mehrere Passagen über den Polen
durchführen," erläuterte Caitlin Griffith die weiteren Pläne. "Bis zum Ende
nächsten Jahres wird Cassini das erste Temperaturprofil an den Polen
gemessen haben. Das zeigt uns dann, wie kalt es dort ist." Daten der Voyager-Sonde
deuten jedenfalls darauf hin, dass im Winter die Temperatur auf -250 Grad
Celsius abfallen kann. Um jahreszeitliche Veränderungen zu beobachten, muss
Cassini allerdings noch einige Jahre durchhalten. Immerhin dauert eine
Jahreszeit auf Titan 7,5 Jahre.
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