Kleiner schwarzer Punkt vor der Sonne
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) astronews.com
6. Mai 2016
Am kommenden Montag wandert der sonnennächste Planet Merkur
- von der Erde aus betrachtet - vor der Scheibe der Sonne vorüber. Ein solcher
Merkurtransit lässt sich allerdings nicht ohne Hilfsmittel beobachten.
Sternwarten und Astronomievereine in ganz Deutschland laden daher zu gemeinsamen
Beobachtungen ein und auch professionelle Astronomen interessieren sich für den
Transit.
Merkurtransit am 9. Mai 2016.
Bild: AIP/J. Wendt [Großansicht] |
Transite des sonnennächsten Planeten Merkur sind nicht so selten wie die
Venustransite, die über einen Zeitraum von 248 Jahren nur vier Mal zu beobachten
sind. Doch wirklich häufig lässt sich das Vorüberziehen des kleinen Merkur vor
der Sonnenscheibe auch nicht beobachten - im Schnitt etwa 13 bis 14 Mal pro
Jahrhundert. Zwar umrundet Merkur die Sonne alle 88 Tage, doch ist seine Bahn
zur Ebene der Orbits der anderen Planeten geneigt, so dass er nur selten genau
zwischen Sonne und Erde gerät.
Doch am kommenden Montag, am 9. Mai 2016, ist es wieder soweit: Um 13.12 Uhr
MESZ tritt der Planet vor die Sonnenscheibe und wird als winziger schwarzer
Punkt sichtbar. Um 16.56 Uhr MESZ hat Merkur dann den geringsten Abstand vom
Zentrum der Sonnenscheibe erreicht, gegen 20.40 Uhr MESZ ist der Transit vorüber - an
manchen Orten ist die Sonne da schon hinter dem Horizont verschwunden.
Mit bloßem Auge wird der winzige Punkt des Merkur nicht zu erkennen sein. Um den
Transit zu verfolgen, benötigt man ein Fernglas oder ein Teleskop. Beide müssen
mit einem geeigneten Sonnenfilter ausgerüstet sein. Wer nicht über eine solche
Ausrüstung verfügt, kann an einem der zahlreichen öffentlichen
Beobachtungsnachmittage teilnehmen, die von Vereinen und Volkssternwarten
angeboten werden. Zudem wird das Ereignis auch im Internet zu verfolgen sein.
Ein Merkurtransit erlaubt allerdings nicht nur einen faszinierenden Blick auf
die dynamischen Vorgänge in unserem Sonnensystem, sondern ist auch für
Astronomen von Interesse: So wird der Transit von Forschern des Leibniz-Institut
für Astrophysik Potsdam (AIP) gleich mit mehreren Teleskopen und verschiedenen
Instrumenten von drei Standorten aus verfolgt werde.
AIP-Forscher Matthias Mallonn plant, mithilfe des PEPSI-Spektrographen am
Solar-Disk Integrated Telescope (SDI) auf dem 3.200 Meter hohen Mount
Graham in Arizona das Signal der Exosphäre von Merkur zu detektieren. Dabei
vergleicht er Messungen der Natriumabsorption vor, während und nach dem
Vorbeizug des Planeten. Diese Beobachtungstechnik entspricht der derzeit
erfolgreichsten Methode, Atmosphären von extrasolaren Planeten zu untersuchen,
der sogenannten Transmissionsspektroskopie von Exoplaneten.
Merkurs Exosphäre schwächt das Sonnenlicht bei der Wellenlänge von Natrium
während des Transits nur um etwa ein Hunderttausendstel ab. Dieser Effekt lässt
sich nur mit einem extrem präzisen Spektrographen nachweisen. "Wir nehmen die
gesamte Sonnenscheibe auf, dadurch ist das Signal der Exosphäre Merkurs winzig.
Mit der Messung will ich herausfinden, welche Genauigkeiten ich erzielen kann,
um diese Erfahrung später auf Exoplaneten anzuwenden", wird der Forscher in
einer AIP-Pressemitteilung zitiert.
Den Sonnenphysikern des AIP um Carsten Denker geht es um die Beobachtung des
Merkurtransits im Detail. So wurde die Ausdehnung und Form der Exosphäre von
Merkur anhand von Natrium-Absorptionslinien erstmals während des Merkurtransits
2003 vermessen. Denker möchte diese Messungen nun gemeinsam mit einem Team aus
Freiburg und Spanien mit einem 2D- Spektrographen am europäischen Sonnenteleskop
GREGOR auf Teneriffa wiederholen - möglicherweise sogar mit größerer
Genauigkeit.
Für Bildaufnahmen sollen zudem eine sehr schnelle Kamera und adaptive Optik
eingesetzt werden, mit deren Hilfe die Forscher auf gestochen scharfe Bilder des
Ereignisses hoffen. "Der Merkurtransit bietet uns eine einzigartige Möglichkeit
unsere Messmethodik zu kalibrieren", erläutert Denker. "Wie scharf wir den
harten Übergang zwischen dem Planetenrand und der Sonne beobachten können,
ermöglicht uns einzuschätzen, wie sehr Streulicht die Beobachtung mit GREGOR
tatsächlich beeinflusst."
Außerdem ist geplant, am 9. Mai zusätzlich auch den Spiegel im Potsdamer
Sonnenobservatorium Einsteinturm auf Merkur zu richten, um seinen Vorbeizug an
der Sonne zu studieren und zu dokumentieren.
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