Gemeinsamer
Transit von Merkur und Venus?
von
Hans Zekl
für
astronews.com
6. Juli 2004
Manchen
reicht ein seltenes Ereignis nicht: Gleich nach dem Venustransit am 8. Juni 2004
tauchte die Frage auf, wann eigentlich Merkur und Venus gemeinsam als dunkles
Scheibchen vor der Sonne entlang wandern. Zwei Astronomen berechneten jetzt,
dass dies tatsächlich passieren wird, allerdings erst im Jahr 69.163.
Merkur vor der Sonnenscheibe am 7. Mai 2003, aufgenommen am
Vakuum-Turm-Teleskop auf Teneriffa.
Foto: Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik / idw |
Ein Transit der Venus zählt zu den wirklich seltenen Himmelsschauspielen.
Zuletzt kam es am 8. Juni dazu, nach einer Pause von 122 Jahren. Der nächste
wird sich in acht Jahren - im Jahr 2012 - ereignen. Danach muss man rund 115
Jahre bis zum nächsten warten. Venus-Transits folgen einem festen Schema: 8,
115, 8 und 122 Jahre. Danach beginnt der Zyklus von neuem. Doch nicht nur unser
Nachbarplanet Venus kann vor der Sonnenscheibe vorbeilaufen, auch der innerste
Planet Merkur ist ab und zu vor ihr zu sehen. Merkur-Transits sind deutlich
häufiger. Etwa 13 mal im Jahrhundert wandert der Planet vor dem Tagesgestirn
vorbei.
Nun kann man sich fragen, ob es möglich ist, dass beide Planeten gleichzeitig
vor der Sonne vorbeiziehen? Dieses Problem untersuchten der belgische Astronom
Jean Meeus und sein italienischer Kollege Aldo Vitagliano von der Universita
di Napoli Federico II. Ihre Berechnungen zeigen, dass Doppeltransits von
Merkur und Venus möglich, aber äußerst unwahrscheinlich sind.
Transits treten nur auf, wenn ein Planet auf seiner Umlaufbahn zwischen Erde
und Sonne hindurchläuft. Diese Konstellation wird untere Konjunktion genannt.
Allerdings sind die Bahnen von Merkur und Venus um mehrere Grad gegen die
Erdbahn geneigt. Normalerweise wandern die Planeten deshalb während der
Konjunktion ober- oder unterhalb der Sonnenscheibe vorbei. Nur wenn sie sich
gleichzeitig in der Nähe ihrer Bahnknoten aufhalten, kommt es zu einem Transit.
Die Knoten sind die Stellen, an denen die Planetenbahnen die Ebene der Erdbahn
durchstoßen.
Zur Zeit liegen die Knoten für Merkur und Venus aber nicht in derselben
Richtung. Folglich können beide Planeten nicht zusammen vor der Sonne
erscheinen. Doch dieser Zustand wird sich langsam ändern. Im Lauf der
Jahrhunderte drehen sich die Bahnen und die Knoten der beiden Bahnen nähern
sich.
Durch umfangreiche Berechnungen fanden Meeus und Vitagliano nun heraus, dass
der nächste Doppeltransit von Venus und Merkur erst im 70. Jahrtausend
stattfinden wird, im Jahr 69.163. Bis zum darauf folgenden wird es sogar noch
länger dauern:
Erst im Jahr 224.508 sind beide Planeten wieder gleichzeitig vor der Sonne zu
sehen. Ähnliche Rechnungen wurden auch für die vergangenen Jahrtausende
durchgeführt. Danach gab es in den letzten 280.000 Jahren keinen gleichzeitigen
Vorübergang der Planeten vor unserem Tagesstern.
So wie ein Merkur- oder Venustransit als eine Mini-Sonnenfinsternis angesehen
werden kann, ist auch eine "normale" Sonnenfinsternis durch den Mond ein
Transit. Vitagliano untersuchte deshalb auch, wann es zu einem Planetentransit
während einer Sonnenfinsternis kommen wird. Bis zum Jahr 16.000 kommt es danach
zu neun Merkur- und einem Venustransit während einer Finsternis. Der Reigen
beginnt im Jahr 6757 mit einem Merkurtransit während einer partiellen
Sonnenfinsternis. Der einzige Venustransit in dem untersuchten Zeitraum findet
im Jahr 15.232 während einer totalen Verfinsterung der Sonne statt.
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