Mehr Autonomie für Nanosatelliten
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Würzburg astronews.com
10. Februar 2016
Schon seit vielen Jahren entwickeln Wissenschaftler der
Universität Würzburg Nanosatelliten und zugehörige Technologie. Jetzt wollen die
Forscher einen Satelliten bauen, der selbstständig entscheiden kann, was als
nächstes zu beobachten ist. Auch an einem System zur Fehlererkennung wird
gearbeitet. Beides soll ab 2019 an Bord des Nanosatelliten SONATE im All
getestet werden.
Ein autonomer
Nanosatellit entdeckt einen Meteor und
entscheidet dann selbstständig, was er als
nächstes tun wird: Daran arbeiten Würzburger
Raumfahrttechniker.
Bild: Hakan Kayal [Großansicht] |
Wirbelstürme erkennen, die über den Mars fegen. Meteore detektieren, die auf
die Erde hinabstürzen. Ungewöhnliche Blitze erforschen, die aus der
Erdatmosphäre in Richtung Weltraum zucken. Geheimnisvolle Lichterscheinungen auf
dem Mond ergründen, die bisher wenig erforscht sind. Das sind nur einige
Beispiele für Phänomene, die auf der Erde oder anderen Planeten auftreten und
sich nicht vorhersagen lassen.
Wer solche Ereignisse mit Satelliten beobachten will, braucht dafür
spezielle, hoch autonome Technologien. Daran wird an der Universität Würzburg im
Team von Professor Hakan Kayal gearbeitet. Der Plan der Würzburger
Raumfahrttechniker: Nanosatelliten - gut 30 Zentimeter hoch, mit einer
Grundfläche von zehn auf zehn Zentimeter - könnten in der Zukunft mit laufenden
Kameras beständig in Umlaufbahnen um die Erde oder andere Planeten
patrouillieren.
Wenn sie ungewöhnliche Erscheinungen registrieren, müssten sie selbstständig
ihre weitere Vorgehensweise festlegen: Genügt es, ein Foto zur Erde zu schicken?
Oder lohnt es sich, das Phänomen länger zu betrachten und dafür vielleicht sogar
die Kamera neu auszurichten? "Eine solche autonome Zielplanung zu realisieren,
ist sehr herausfordernd. Für Nanosatelliten gibt es sie bislang nicht", sagt
Kayal. Vor allem für interplanetare Missionen sei sie aber zwingend nötig, weil
die Kommunikation mit Bodenstationen zu viel Zeit kostet. Funkt ein Satellit zum
Beispiel eine Nachricht vom Mars zur Erde, so kann das 20 Minuten dauern. Bis
dann entschieden ist, was der Satellit weiter tun soll, könnte das interessante
Ereignis auf dem Mars längst vorbei sein.
Für solche Missionen hat Kayals Team das autonome Sensor- und Planungssystem
ASAP entwickelt. Seine Kernkomponenten sollen nun erstmals im Weltraum getestet
werden: Die Würzburger Wissenschaftler passen sie für einen Nanosatelliten an,
der unter dem Namen SONATE voraussichtlich 2019 in eine Erdumlaufbahn geschossen
wird.
Finanzielle Förderung für die SONATE-Mission kommt vom Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR), die Mittel stammen aus dem Bundesministerium für
Wirtschaft und Energie. Die Geldgeber steuern in den kommenden vier Jahren rund
1,3 Millionen Euro zu dem Projekt bei. Neben dem ASAP-System soll der
Nanosatellit eine weitere Neuerung in den Orbit befördern: ADIA/ADIA++, ein
automatisches Diagnosesystem für Satelliten, das Kayals Team in Kooperation mit
dem Würzburger Informatikprofessor Frank Puppe entwickelt.
"Wir wollen mit ADIA mögliche Fehler und Funktionsstörungen an Bord von
Satelliten autonom vorhersagen, die eigentliche Ursache erkennen und
perspektivisch besser behandeln können", so beschreiben die Professoren ihr
Vorhaben. Derzeit laufe die Fehlerbehebung noch mittels Fernsteuerung von der
Erde aus - wenn das künftig schneller ginge, ließen sich so manche Schäden oder
gar Totalausfälle vielleicht vermeiden.
Wenn sie dieses System bei der SONATE-Mission im Orbit testen, werden die
Würzburger Informatiker an Bord des Nanosatelliten verschiedene Fehler
produzieren. Dann wird sich zeigen, ob ADIA sein internes Wissen darüber, was an
Bord des Satelliten normal und was fehlerhaft ist, richtig einsetzen kann.
Studierende in den Luft- und Raumfahrtinformatik-Studiengängen der Uni
Würzburg können in den kommenden vier Jahren am SONATE-Projekt mitarbeiten: als
Hilfskräfte oder bei Bachelor- und Masterarbeiten. Kayal lässt die Thematik auch
in Vorlesungen und Seminare einfließen.
Ebenfalls für Studierende offen und auch mit 310.000 Euro vom DLR gefördert
wird zudem das Projekt NACOMI. Hierbei werden Kommunikationstechnologien für
Nanosatelliten entwickelt, die zu anderen Planeten unterwegs sind. Eine
Herausforderung dabei ist die harte Weltraumstrahlung. Sie ist im
interplanetaren Raum noch viel stärker als auf einer Erdumlaufbahn, wo das
Erdmagnetfeld wie ein Schutzschild wirkt.
Das Projekt wird auch von der Industrie unterstützt; die Tests laufen vorerst
ausschließlich auf der Erde, in den Labors der Würzburger Informatik. Am Ende,
voraussichtlich im Jahr 2018, soll ein Prototyp stehen, der sich dann bei einem
möglichen Folgeprojekt im Weltraum bewähren kann. Auch mit diesem Projekt mischt
Kayals Team weltweit ganz vorne mit. "Die NASA macht derzeit zwar etwas
Ähnliches, aber ansonsten steht die Entwicklung in diesem Bereich noch am
Anfang. Wenn wir das gut hinbekommen, wird das für den Technologiestandort
Deutschland ein Vorteil sein", ist Kayal überzeugt.
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