UWE-1
Milchtütengroßer Satellit vor dem Start
Redaktion / idw
astronews.com
30. Juni 2005
Premiere für Deutschland und die Universität Würzburg: UWE-1, der erste deutsche
Pico-Satellit, hat erfolgreich seine Testkampagne überstanden und steht nun vor
der Auslieferung an seinen Startplatz in Russland. Das Kürzel UWE steht für
"Universität Würzburg Experimentalsatellit". Der Winzling ist nicht größer als
eine Milchtüte und soll das Internet weltalltauglich machen.
UWE-1 beim Vibrationstest. Dabei wurde die Beschleunigung eines
simulierten Raketenstarts in alle drei Achsen gemessen. Foto:
Lehrstuhl für Technische Informatik /
Universität Würzburg
Die Bodenkontrollstation des ersten deutschen Pico-Satelliten
UWE-1. Professor Klaus Schilling (rechts) hält den kompakten
Satelliten in der Hand. Am PC Student Bernhard Herbst, dahinter
Unipräsident Axel Haase. Foto: Emmerich / Universität
Würzburg |
Einen Satelliten bauen, der kleiner als eine Milchtüte ist? Am Lehrstuhl für
Technische Informatik der Uni Würzburg wurde dies im Team von Professor Klaus
Schilling realisiert. Der gesamte UWE wiegt nur ein Kilogramm und hat die Form
eines Würfels mit einer Seitenlänge von lediglich zehn Zentimetern. Er ist aber
trotzdem ein kompletter Satellit. Dies wurde durch modernste Mikrotechnologie
ermöglicht. Derartig kleine Satelliten bezeichnet man auch als Pico-Satelliten.
Die Bodenkontrollstation des Satelliten befindet sich im Institut für
Informatik der Uni Würzburg. Hier arbeiten die Wissenschaftler daran, die
Methoden der Datenübertragung im Internet für Weltraumbedingungen fit zu machen.
Auf der Erde funktioniert der Transport von Daten im WWW sehr zuverlässig, doch
im Weltraum treten Verzögerungen und Störungen auf. Darum gilt es, die gängigen
Internet-Protokolle an diese erschwerten Bedingungen anzupassen. "Ziel soll es
auch sein, den Satelliten vernünftig ins Erdnetz einzubinden", sagt Schilling.
Aus diesem Grund ist die Würzburger Bodenkontrollstation über Standard-Internet
mit weiteren Empfangsantennen in Stanford (USA) und Tokio vernetzt. So können
die Forscher die von UWE empfangenen Daten über das "normale" Internet
austauschen und weiterverarbeiten.
Durch die Vernetzung verlängern sie auch die Zeit, in der sie Kontakt zum
Satelliten haben. Wenn UWE die Erde umkreist, vergehen mindestens 90 Minuten,
bis er wieder über Würzburg auftaucht. Nur jeweils zehn Minuten lang können die
Informatiker dann seine Daten direkt empfangen oder Steuerbefehle nach oben
schicken. Die Internet-Verbindung mit Japan und den USA sorgt jedoch dafür, dass
UWE auch dazwischen erreichbar bleibt.
Pico-Satelliten lassen sich schnell und kostengünstig in eine Umlaufbahn um
die Erde bringen. Das eröffnet neue Anwendungsbereiche. Schilling kann sich zum
Beispiel vorstellen, dass künftig einzelne Wissenschaftler oder Meteorologen
ihre eigenen Satelliten im Weltraum haben. So könnten sie sich genau die Daten
beschaffen, an denen sie interessiert sind.
Die UWE-1-Mission hat noch einen weiteren Auftrag: Der Würzburger
Pico-Satellit trägt hoch effiziente Solarzellen, deren Haltbarkeit und
Leistungsfähigkeit im Orbit untersucht werden sollen. Sie bestehen aus
Galliumarsenid und liefern eine Energieausbeute von 28 Prozent. Herkömmliche
Zellen aus Silicium schaffen dagegen nur 15 Prozent. Dieser Materialtest für die
Industrie nützt auch den Wissenschaftlern: "Die Solarzellen versorgen den
Satelliten mit Energie", sagt Schilling.
UWE-1 wurde im internationalen CubeSat-Programm entwickelt, initiiert von
Professor Bob Twiggs aus Stanford. In diesem Netzwerk arbeiten weltweit 40
Universitäten an der Realisierung von Kleinsatelliten. Den Studierenden bietet
das die Chance, in diesem internationalen Verbund Erfahrungen in der
Weltraumtechnik zu sammeln. Am Bau von UWE-1 haben seit Ende 2003 in Würzburg
unter anderem Studierende aus Deutschland, Kanada, Indonesien, Japan, Rumänien
und Indien mitgewirkt.
UWE-1 wird nach Plan am 25. August vom russischen Weltraumbahnhof Plesetsk
aus mit einer Cosmos-Rakete in seine Umlaufbahn geschossen. Mit dabei
sind ein japanischer und ein norwegischer Pico-Satellit sowie SSETI-Express, ein
Kleinsatellit, den Studenten im Rahmen der "ESA Student Space Exploration and
Technology Initiative" gebaut haben.
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