Neuer Blick auf mysteriöse Struktur in Titansee
von Stefan Deiters astronews.com
30. September 2014
Eine offenbar erst unlängst entstandene Struktur in einem
großen See aus flüssigen Kohlenwasserstoffen auf dem Saturnmond Titan fasziniert
das Team der Cassini-Mission. Nachdem die im vergangenen Jahr entdeckte
Struktur auf neueren Bildern zunächst nicht mehr zu sehen war, ist sie im August
wieder aufgetaucht. Allerdings hat sie sich deutlich verändert.

Radarbild des Sees Ligeia Mare auf dem
Saturnmond Titan.
Bild: NASA / JPL-Caltech / ASI / Cornell [weitere
Bilder] |
Der Saturnmond Titan ist das einzige Objekt im Sonnensystem, auf dem es einen
Flüssigkeitskreislauf gibt, der mit dem Wasserkreislauf auf der Erde
vergleichbar ist. Dieser basiert, aufgrund der niedrigen Temperaturen,
allerdings nicht auf Wasser, sondern auf flüssigen Kohlenwasserstoffen. Diese
bilden sogar Seen auf der Oberfläche des Mondes.
Auf einer Aufnahme, die die Saturnsonde Cassini im Juli des vergangenen
Jahres gemacht hatte, war Astronomen erstmals eine merkwürdige Struktur in
einem der größten Seen auf Titan, in Ligeia Mare, aufgefallen (astronews.com
berichtete). Die Struktur erstreckte sich über eine Fläche von etwa 260
Quadratkilometern und war auf früheren Radarbildern von Cassini nicht zu sehen
gewesen.
Als die Wissenschaftler allerdings später auf Radar- und Infrarotbildern mit
relativ niedriger Auflösung erneut nach der Struktur Ausschau hielten, konnten
sie von ihr keine Spur mehr entdecken. So glaubten einige Mitglieder des
Cassini-Teams bereits, dass es sich um ein nur sehr kurzlebiges Phänomen
gehandelt haben muss.
Auf einer neuen Aufnahme jedoch, die die Sonde Cassini während eines Vorüberflugs
an Titan am 21. August 2014 gemacht hat, ist die mysteriöse Struktur wieder zu sehen. Sie scheint
sich allerdings seit der letzten Beobachtung
deutlich verändert zu haben. Die Wissenschaftler des Radarteams von Cassini sind sich sicher, dass es sich
bei der Struktur nicht um ein Artefakt handelt. Sie glauben zudem nicht, dass ihr
Erscheinen etwas mit Verdunstungsprozessen zu tun hat, da die Uferlinie von Ligeia Mare auf den Bildern praktisch unverändert erscheint.
Als wahrscheinlichste Erklärung gelten derzeit Wellen auf der
Oberfläche des Sees, aufsteigende Blasen oder auch auf der Flüssigkeit oder in
der Flüssigkeit schwebende Feststoffe. Die beobachteten Veränderungen könnten
etwas mit dem Wechsel der Jahrzeiten auf dem Saturnmond zu tun haben. Diese
dauern auf Titan deutlich länger als auf der Erde: Frühlingsanfang war
auf der Nordhalbkugel im August 2009, Sommeranfang wird im Mai 2017 sein. Ein
Ziel der verlängerten Mission der Sonde Cassini ist es, gerade solche
Veränderungen zu entdecken und zu beobachten.
"Die Wissenschaft liebt Mysterien und mit dieser rätselhaften Struktur haben
wir ein faszinierendes Beispiel für gerade ablaufende Veränderungen auf Titan
vor uns", so Stephen Wall vom Jet Propulsion Laboratory der NASA, der
stellvertretende Leiter des Radarteams von Cassini. "Wir hoffen, dass wir in der
Lage sind, die Änderungen auch weiter zu verfolgen, um so herausfinden zu
können, was in diesem außerirdischen See vor sich geht."
Die Sonde Cassini befindet sich seit Juli 2004 im Saturnsystem.
Ursprünglich sollte die Mission bis 2008 dauern, wurde dann aber zunächst bis
September 2010 und schließlich bis ins Jahr 2017 verlängert.
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