Spiegelglatter See auf Titan
von Stefan Deiters astronews.com
24. März 2014
Bei Radarbeobachtungen der Saturnsonde Cassini im
vergangenen Jahr zeigte sich der zweitgrößte See des Mondes Titan spiegelglatt.
Das Radar der Sonde hätte auch noch Wellen mit einer Größe von nur einem
Millimeter nachweisen können. Die Wissenschaftler vermuten, dass zum Zeitpunkt
der Beobachtung einfach Windstille herrschte.

Falschfarbenbild
der Oberfläche von Titan, das auf Grundlage von
Radarmessungen Cassinis erstellt wurde.
Bild: Howard Zebker |
"Wenn man auf diesen See blicken könnte, würde man wirklich eine absolut ruhige
Oberfläche sehen", so Howard Zebker von der Stanford University. Der
Forscher hatte mit seinem Team Radarbeobachtungen der Saturnsonde Cassini
aus dem vergangenen Jahr ausgewertet. Sie zeigen, dass der zweitgrößte See des
Saturntrabanten, Ligeia Mare, zum Zeitpunkt der Beobachtungen spiegelglatt
gewesen sein muss.
Auf der Oberfläche des Titan gibt es mehrere Seen, die allerdings nicht mit
Wasser, sondern mit flüssigem Methan und Ethan gefüllt sind. Ligeia Mare hat
eine Größe von 420 mal 350 Kilometern. "Titan ist der Körper im Sonnensystem,
der am ehesten mit der Erde vergleichbar ist", unterstreicht Zebker die
Bedeutung der Erforschung des Saturnmondes. "Es ist nämlich das einzige andere
Objekt im Sonnensystem, das wir kennen, das über einen komplexen Kreislauf aus
flüssigen, festen und gasförmigen Bestandteilen verfügt."
Auf der Erde übernimmt diese Rolle das Wasser, auf Titan sind es, dank der
deutlich niedrigeren Temperaturen, Kohlenwasserstoffe wie Methan und Ethan.
Allerdings ist die Oberfläche des Saturnmonds nur schwer zu erforschen, da Titan
von einer undurchsichtigen Atmosphäre umgeben ist. Um etwas über die Strukturen
auf dem Mond zu erfahren, müssen die Wissenschaftler daher die Oberfläche mit
einem Radarsystem abtasten.
Dazu werden die von der Oberfläche zurückgeworfenen Signale ausgewertet. Die
Stärke der Signale verrät den Forschern dann etwas über die Beschaffenheit der
Flüssigkeitsoberfläche. Dies lässt sich einfach am Beispiel eines Sees auf der
Erde verstehen: "Wenn der See sehr flach ist, wirkt er praktisch wie ein Spiegel
und man hätte ein sehr helles Bild der Sonne", erklärt Zebker. "Aber wenn die
Oberfläche rau ist, wird das Licht in viele verschiedene Richtungen gestreut und
die Reflektionen sind sehr viel schwächer. Genauso funktioniert es mit dem Radar
auf Titan."
Dabei muss die Oberfläche des beobachteten Sees extrem eben sein: "Die
Empfindlichkeit von Cassinis Radar beträgt ein Millimeter", so Zebker.
"Wenn es also Wellen im Ligeia Mare gibt, sind sie kleiner als ein Millimeter.
Das ist wirklich sehr glatt." Eine mögliche Erklärung für diesen extrem glatten
See wäre, dass es es zum Zeitpunkt der Beobachtungen gerade absolut windstill
war.
Eine weitere Möglichkeit ist, dass es an der Oberfläche des Sees einen flachen
Film aus einem Material gibt, das Wellen unterdrückt. "Wenn man beispielsweise
auf der Erde Öl auf die Oberfläche eines See gießt, werden auf diese Weise sehr
viele kleine Wellen unterdrücken", gibt Zebker zu bedenken.
Zebker und sein Team konnten auch messen, dass das feste Material rund um den
See aus organischen Stoffen besteht. Dabei handelt es sich vermutlich um das
gleiche Material, aus dem auch die Flüssigkeit des Sees besteht. "Wie Wasser auf
der Erde kann auf Titan auch Methan in allen drei Zustandsformen, also fest,
flüssig und gasförmig existieren," so Zebker.
In der vergangenen Woche hatte es Meldungen gegeben, dass Wissenschaftler
mithilfe der Saturnsonde Cassini Wellen auf einem anderen See
nachgewiesen hätten. Die Forscher hatten im Bereich des Sees Punga Mare vier
hellere Punkte beobachtet, die sich nach ihren Berechnungen durch Reflektionen
an Wellen erklären lassen würden. Die Wellen hätten dabei eine Höhe im
Zentimeterbereich. Sollte sich dieser Befund bestätigen, wäre es der erste
Nachweis von solchen Wellen auf einem anderen Objekt des Sonnensystems.
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