Das Geheimnis der dunklen Linien
von Stefan Deiters astronews.com
11. Februar 2014
Dunkle, fingerartige Linien, die in einigen Regionen des
Mars immer dann an Abhängen auftauchen, wenn die Temperaturen ansteigen, gelten
bislang als eine der stärksten Indizien dafür, dass es noch heute flüssiges
Wasser auf dem roten Planeten geben könnte. Neue Daten liefern nun weitere
Informationen über diese dunklen Linien, ihr Geheimnis haben sie aber noch nicht
preisgegeben.
Blick auf ein
Vorkommen der mysteriösen dunklen Linien. In
Farbe überlagert wurden auf diesem Bild zudem
Daten des Spektrometers, die etwas über die
mineralische Zusammensetzung der Oberfläche
verraten.
Bild: NASA /JPL-Caltech / UA / JHU-APL [Großansicht] |
Die dunklen, fingerartigen Linien beschäftigen Marsforscher schon seit einigen
Jahren. Auf Aufnahmen von Sonden aus dem Orbit des Planeten waren diese dunklen
Linien an manchen Abhängen immer dann aufgetaucht, wenn in der Region gerade die
wärmere Jahreszeit begann, die Temperaturen also wieder anstiegen. Dies hatte zu
der Vermutung geführt, dass es auch heute noch flüssiges Wasser auf dem Mars
geben könnte.
Dabei müsste es sich allerdings um eine Art Salzlauge handeln, in der Mineralien
wie Eisensulfat wie ein Frostschutzmittel wirken. Es gibt allerdings auch
alternative Erklärungen für diese von den Forschern als "RSL" bezeichneten
Strukturen. RSL steht für "recurring slope lineae", also etwa "wiederkehrende
Linienstrukturen an Abhängen". Das Phänomen zählt mit zu den am meisten
diskutierten Themen auf Treffen von Marsforschern.
"Eine wirklich heiße Spur dafür, dass RSL mit Wasser zu tun haben, gibt es
bislang nicht", so Lujendra Ojha, ein Doktorand am Georgia Institute of
Technology in Atlanta. "Wir können uns allerdings auch nicht erklären, wie
diese Prozesse ohne Wasser ablaufen sollen." Ojha ist Erstautor zweier neuer
Fachartikel über RSL und hatte sie vor drei Jahren während seiner Zeit als
Student an der University of Arizona auf Bildern des High
Resolution Imaging Science Experiment (HiRISE) an Bord der NASA-Sonde
Mars Reconnaissance Orbiter entdeckt (astronews.com
berichtete).
Mit dem Compact Reconnaissance Imaging Spectrometer for Mars an Bord
derselben Sonde suchte Ojha zusammen mit James Wray, Assistenzprofessor am
Georgia Institute of Technology, in 13 bestätigten RSL-Regionen nach
Mineralien, die eventuell auf das Auftauchen der RSL zurückzuführen sind und
etwas darüber verraten könnten, ob dabei Wasser im Spiel war oder nicht.
Sie fanden zwar keine Signatur, die speziell auf Wasser oder Salze hindeutete,
konnten aber in den RSL-Regionen einen höheren Anteil an eisenhaltigen Mineralen
bzw. eine ganz bestimmte Korngröße nachweisen, die sie deutlich von Bereichen
unterscheidet, in denen keinen RSL beobachtet wurden. "Genau wie bei den RSL
ändert sich auch dabei die Stärke der spektralen Signatur mit der Jahreszeit.
Sie ist stärker, wenn es wärmer ist und weniger ausgeprägt bei Kälte."
Die Resultate würden sich beispielsweise durch eine Art Entmischung entsprechend
der Körnergröße des Oberflächenmaterials erklären lassen, wie sie etwa durch den
Abtrag von feinem Staub geschehen könnte. Hier wäre es möglich, dass Wasser eine
Rolle spielt. Alternative Erklärungen wären eine Zunahme von stärker oxidierten
Mineralien oder eine allgemeine Verdunklung durch Feuchtigkeit. Beides würde auf
Wasser hindeuten, das allerdings in keinem Fall direkt beobachtet werden konnte.
Da die dunklen Linien aber sehr viel schmaler sind als der Bereich, den das
Spektrometer an Bord des Mars Reconnaissance Orbiter abtastet, könnte
ein solches Signal auch leicht übersehen werden. Die Messungen wurden zudem nur
am Nachmittag durchgeführt und nicht in den feuchteren Morgenstunden.
"Fließendes Wasser, selbst in Form einer Salzlösung, irgendwo auf dem Mars wäre
eine enorm wichtige Entdeckung und wäre für unser Verständnis über das Klima des
Planeten von großer Bedeutung", so Richard Zurek vom Jet Propulsion
Laboratory der NASA, der Projektwissenschaftler für den Mars
Reconnaissance Orbiter. "Es könnte auch bedeuten, dass es noch heute auf
dem Mars lebensfreundliche Nischen unter der Oberfläche gibt."
Wissenschaftler haben zudem nach Gemeinsamkeiten von den Regionen gesucht, in
denen die saisonalen dunklen Linienstrukturen beobachtet wurden. Dabei stellten
sie fest, dass an vielen Stellen, an denen praktisch identische Bedingungen
herrschen müssten wie in den RSL-Regionen, dieses Phänomen nicht zu beobachten
war.
So haben die Forscher 200 Stellen ganz genau nach Spuren von RSL abgesucht, die
theoretisch ideale Voraussetzungen für das Auftreten dieser Linienstrukturen
hätten bieten müssen. "Nur 13 der 200 Orte zeigten tatsächlich RSL", so Ojha.
"Die Tatsache, dass man RSL nur an wenigen Stellen sehen kann, deutet darauf
hin, dass noch weitere unbekannte Faktoren, wie Wasser oder Salze, bei ihrer
Entstehung eine entscheidende Rolle spielen könnten." Außerdem stellten die
Wissenschaftler fest, dass RSL in manchen Jahren deutlich häufiger auftreten als
in anderen.
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