Neue Krater und auch flüssiges Wasser?
von
Hans Zekl
für
astronews.com
8. Dezember 2006
Bis zu einem gewissen Grad ist der Mars auch heute noch ein
dynamischer Planet. Das zeigen Aufnahmen der Sonde Mars Global Surveyor,
die zwischen 1999 und 2006 gemacht wurden. Astronomen fanden darauf Hinweise,
dass in den letzten fünf Jahren offenbar flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche
floss. Darüber hinaus entstanden in dieser Zeit neue Einschlagskrater.
Die entdeckten hellen Spuren waren auf früheren Aufnahmen nicht
zu sehen und könnten von flüssigem Wasser stammen. Foto:
NASA / JPL / Malin Space Science Systems |
Der Mars präsentiert sich den Astronomen als kalter und trockener
Wüstenplanet, denn flüssiges Wasser kann unter den dortigen Bedingungen nicht
existieren. In der dünnen Atmosphäre würde es in kürzester Zeit zu kochen
anfangen und verdampfen. Nur als Eis an den Polkappen und als Wasserdampf in der
Atmosphäre, der gelegentlich zu dünnen Wolken kondensiert, ist Wasser zu finden.
Allerdings gab es in den letzten Jahren vermehrt Hinweise darauf, dass
unter der Oberfläche möglicherweise große Mengen Wasser vorhanden sein könnten.
Im Jahr 2000 berichteten etwa Wissenschaftler von Malin Space Science Systems
aus San Diego, Kalifornien, von der Entdeckung zahlreicher Furchen und Rinnen,
so genannter Gullies, in den Innenwänden vieler Krater. Eine mögliche Erklärung
für ihre Entstehung besteht darin, dass sich unter der Oberfläche größere
Reservoire befinden, in denen Wasser in flüssiger Form existieren kann.
Gelegentlich findet es durch Spalten und Risse einen Weg zur Planetenoberfläche
und stürzt dann als Schlammstrom den Kraterrand herunter, bevor es gefriert oder
verdampft. Nur konnte niemand sagen, ob das noch heute stattfindet oder zuletzt
vor Tausenden von Jahren geschah.
Bis jetzt: Die amerikanische Sonde Mars Global Surveyor hat
fotografierte in zwei Kratern je eine Rinne fotografiert, in denen in den
letzten sieben Jahren höchstwahrscheinlich Wasser geflossen ist. Dies berichtet
das Wissenschaftler-Team um Michael C. Malin von Malin Space Science Systems
in der aktuellen Ausgabe der wissenschaftlichen Zeitschrift Science.
Mars Global Surveyor umkreist den Mars seit 1997 und hat seitdem über
240.000 Aufnahmen zur Erde gefunkt. Beim Vergleich von Bildern aus den Jahren
1999 und 2001 mit späteren aus 2004 und 2005 fanden die Forscher, dass sich zwei
Rinnen deutlich verändert hatten. Auf den neueren Aufnahmen sind mehrere hundert
Meter lange helle Spuren zu sehen, die sich am unteren Ende wie in einem Delta
verästeln. Untersuchungen an hochaufgelösten Bildern zeigen, dass die
Fließmuster um Felsen und anderen Hindernissen exakt denjenigen entsprechen, die
ein flüssiger Stoff hervorrufen würde. Berechnungen ergaben, dass hier genügend
Wasser floss, um fünf bis zehn Schwimmbäder zu füllen. "Falls man sich dort
aufhalten würde, wäre es besser, das Weite zu suchen," kommentierte Kenneth
Edget, einer der beteiligten Wissenschaftler, die Entdeckung.
Der helle Farbton könnte durch einen dünnen Eismantel über dem Bodenmaterial
oder eine Salzkruste entstanden sein. Gerade salziges Wasser oder durch gelöste
Mineralien saures Wasser würde eher im Boden flüssig bleiben. Diese Annahme
passt auch zu den Funden der beiden Marsroboter Spirit und Opportunity,
die seit Januar 2004 auf dem roten Planeten herum fahren. Danach gab es vor
langer Zeit flüssiges Wasser an der Oberfläche, das aber zumindest in den
untersuchten Gebieten sauer war.
Die Wissenschaftler hoffen, diese Vermutung demnächst genauer prüfen zu können,
denn seit letztem Monat untersucht der Mars Reconnaissance Orbiter aus
seiner Umlaufbahn mit einer speziellen Infrarotkamera die Marsoberfläche. Damit
ist er in der Lage, die chemische Zusammensetzung der Sedimente zu bestimmen.
"Wasser scheint kürzlich auf der Oberfläche des Mars geflossen zu sein,"
erklärte Michael Meyer, Chefwissenschaftler des Mars-Erkundungsprogramms der
NASA. "Die große Frage ist nun, wie das funktioniert und ob es auf die
Möglichkeit für Leben hinweist."
Weiterhin fanden die Forscher, dass auf dem Mars jährlich etwa 12 neue Krater
durch Meteoriteneinschläge entstehen. Der Vergleich von Fotos, die im Abstand
von mehreren Jahren gemacht wurden, zeigt 20 frische Einschlagstellen mit
Durchmessern zwischen zwei und 148 Metern. "Wir müssen uns deshalb fragen, ob
diese eine mögliche Gefahrenquelle für zukünftige Astronauten darstellt," so
Malin und gibt auch gleich die Antwort: "Ja."
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