Ein Himmel voller Blazare
von Stefan Deiters astronews.com
13. April 2012
Astronomen suchen in den Daten des Infrarot-Surveyteleskops
WISE nach einer bestimmten Klasse von aktiven Galaxienkernen, nach sogenannten
Blazaren. Obwohl WISE eigentlich gar nicht dafür ausgelegt war, diese
energiereichen Objekte aufzuspüren, haben die Wissenschaftler schon mehr als 200
Blazare entdeckt. Tausende könnten sich noch in den Daten verbergen.
Blazare sind aktive Galaxienkerne, deren Jet
direkt auf die Erde gerichtet ist.
Bild: NASA/JPL-Caltech |
Blazare gehören mit zu den energiereichsten Objekten im Universum. Sie zählen
zur Klasse der aktiven Galaxienkerne, bestehen also aus einem supermassereichen
Schwarzen Loch, das gerade mit einer hohen Rate Material verschlingt. Dieses
sammelt sich - bevor es in der Schwerkraftfalle verschwindet - in einer riesigen
Scheibe um das Schwarze Loch, heizt sich auf extreme Temperaturen auf und sendet
daher eine intensive Strahlung aus. Senkrecht zu dieser Scheibe schießen oft eng
gebündelte Teilchenstrahlen mit hoher Geschwindigkeit ins All, sogenannte Jets.
Sind diese Jets genau auf die Erde gerichtet, spricht man von einem Blazar.
"Blazare sind ausgesprochen selten, da es nicht häufig vorkommt, dass der Jet
aus der Umgebung eines supermassereichen Schwarzen Lochs direkt in Richtung Erde
zeigt", erläutert Francesco Massaro vom Kavli Institute for Particle
Astrophysics and Cosmology in Kalifornien. "Wir hatten die verrückte Idee,
die Infrarotbeobachtungen von WISE, die man normalerweise mit Phänomenen
deutlich niedrigerer Energie in Verbindung bringt, zu nutzen, um
hochenergetische Blazare zu finden. Und das hat besser funktioniert, als wir
gehofft hatten."
Die Daten dürften den Wissenschaftlern helfen, die physikalischen Vorgänge
rund um diese Objekte besser zu verstehen und damit auch mehr über
supermassereiche Schwarze Löcher und ihre Entwicklung im jungen Universum zu
lernen. Das Infrarot-Surveyteleskop WISE hatte im Laufe des Jahres 2010 den
gesamten Himmel im Infraroten erfasst. Inzwischen haben Astronomen aus diesen
Daten einen Katalog von mehreren Hundertmillionen Objekten ganz
unterschiedlicher Art erstellt, der im vergangenen Monat veröffentlicht wurde (astronews.com
berichtete). Im vergangenen Jahr hatte das WISE-Team interessierten
Wissenschaftlern bereits einen ersten Datensatz daraus zur Verfügung gestellt.
Diese ersten Daten haben Massaro und seine Kollegen für ihre Blazar-Suche
verwendet. Infrarotbeobachtungen werden eigentlich gemacht, um die schwache
Wärmestrahlung von kühlen Objekten zu erfassen. Blazare hingegen sind alles
andere als kühl, sondern so heiß, dass sie Gammastrahlen aussenden. Allerdings
lässt sich bei ihnen auch eine ganz bestimmte Infrarotsignatur feststellen, die
entsteht, wenn Teilchen in ihren Jets auf annährend Lichtgeschwindigkeit
beschleunigt werden.
In den vergangenen Jahren waren mit speziellen Gammastrahlen-Teleskopen wie
dem NASA-Weltraumteleskop Fermi Hunderte punktförmige
Gammastrahlenquellen am Himmel entdeckt worden, bei denen es sich um Blazare
handeln könnte. Für eine sichere Identifizierung waren allerdings noch weitere
Beobachtungen nötig. Und hier kamen nun die WISE-Beobachtungen ins Spiel.
Massaro und sein Team suchte im WISE-Katalog nach der typischen Infrarotsignatur
von Blazaren an den Positionen von mehr als 300 dieser mysteriösen
Gammastrahlenquellen. Auf diese Weise konnten die Forscher dann tatsächlich
zeigen, dass es sich bei etwas mehr als der Hälfte davon tatsächlich mit großer
Wahrscheinlichkeit um Blazare handelt.
"Dies ist ein wichtiger Schritt, um hinter das Geheimnis vieler bislang
mysteriöser Gammastrahlenquellen zu kommen", so Teammitglied Raffaele D'Abrusco
vom Harvard Smithsonian Center for Astrophysics im amerikanischen
Cambridge. "Der Infrarotblick von WISE hilft uns tatsächlich dabei, den
Gammastrahlenhimmel besser zu verstehen."
Die Astronomen konnten in den Daten zudem 50 weitere Blazarkandidaten
aufspüren und fanden auch mehr als 1.000 schon bekannte Blazare. Mit der neuen
Technik sollten sich in dem nun verfügbaren WISE-Gesamtkatalog noch mehrere
Tausend weitere Blazare entdecken lassen. "Wir hatten beim Bau von WISE keine
Vorstellung davon, dass sich damit einmal unzählige Blazare aufspüren lassen
würden", so Peter Eisenhardt, WISE-Projektwissenschaftler am Jet Propulsion
Laboratory der NASA. "Das ist das Schöne an solchen Durchmusterungen des
gesamten Himmels. Man kann damit die Natur von fast jedem Phänomen im Universum
erforschen."
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