Planet bei der Entstehung beobachtet?
von Stefan Deiters astronews.com
24. Februar 2011
Astronomen könnte es gelungen sein, mithilfe von zwei
Instrumenten am Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO
die Anfangsphase der Entstehung eines Planetensystems zu beobachten. In einer
Scheibe aus Gas und Staub, die um einen sich gerade bildenden Stern kreist,
entdeckten sie eine Lücke sowie ein Objekt, das für diese Lücke verantwortlich
sein könnte.

So könnte das System T Cha in rund 350
Lichtjahre Entfernung aussehen. Ob es sich bei
dem in der Lücke der Staubscheibe entdeckten
Objekt um einen Planeten oder einen Braunen Zwerg
handelt, wissen die Astronomen bislang nicht.
Bild: ESO
/ L. Calçada |
Planeten entstehen nach der allgemein akzeptierten Theorie in
einer Scheibe aus Gas und Staub um einen jungen, gerade geborenen Stern. In der
Scheibe befindet sich das Material, das von der Geburt der neuen Sonne übrig
geblieben ist. Der Übergang von einer Staubscheibe zu einem Planetensystem läuft
sehr schnell ab, so dass man viel Glück haben muss, um ein System gerade in
dieser Phase zu erwischen.
Doch genau dies ist offenbar Astronomen rund um den Stern T Chamaeleontis (T
Cha) gelungen, der in etwa 350 Lichtjahre Entfernung im Sternbild Chamäleon
liegt. Es handelt sich um einen sonnenähnlichen Stern, der allerdings ganz am
Anfang seiner Entwicklung steht. Er ist rund sieben Millionen Jahre alt und
Astronomen klassifizieren ihn als T Tauri-Stern. Diese extrem jungen Sterne
kontrahieren noch immer und haben die sogenannte Hauptreihe, auf der ein Stern
dann für lange Zeit vergleichsweise ruhig Wasserstoff zu Helium fusioniert, noch
nicht erreicht.
"Frühere Untersuchungen hatten bereits darauf hingedeutet, dass T Cha ein
ausgezeichnetes Ziel ist, um mehr über die Entstehung von Planetensystemen zu
erfahren", erläutert Johan Olofsson vom Max-Planck-Institut für Astronomie in
Heidelberg. Olofsson ist einer der Erstautoren von zwei Fachartikeln über die
Studie, die in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheinen.
"Doch dieser Stern ist relativ weit weg, so dass wir die ganze Leistung des
Very Large Telescope Interferometers (VLTI) benötigt haben, um die feinen
Details aufzulösen und herauszufinden, was in der Staubscheibe gerade passiert."
Die Astronomen untersuchten T Cha mit Hilfe des Instruments AMBER
(Astronomical Multi-Beam Combiner) und dem VLT Interferometer. Damit lässt sich
das Licht von allen vier 8,2 Meter-Teleskopen kombinieren, so dass ein großes
"virtuelles Teleskop" mit einem Durchmesser von 130 Metern entsteht. Sie
entdeckten dabei einen schmalen, staubigen Ring, der nur 20 Millionen Kilometer
vom Stern entfernt ist. An diese innere Scheibe schließt sich dann eine Region
an, in der kein Staub zu finden war. Weiter außen setzt sich dann die Scheibe
bis in eine Entfernung von 1,1 Milliarden Kilometern vom Stern fort.
"Diese Lücke in der Staubscheibe um T Cha war uns äußerst verdächtig und wir
fragten uns: Könnte es sein, dass wir hier sehen, wie ein Begleiter quasi eine
Lücke in die protoplanetare Scheibe schaufelt?", beschreibt Nuria Huélamo vom
Centre de Astrobiología des ESAC in Madrid und Erstautorin des zweiten Artikels
die Überlegungen der Gruppe. Doch wie sollte man einen lichtschwachen Begleiter
um einen hellen Stern finden? Die Astronomen versuchten es mit dem Instrument
NACO, das dank einer adaptiven Optik, die die Luftunruhe der Atmosphäre aus den
Beobachtungen herausfiltert, besonders detaillierte Aufnahmen erlaubt.
Außerdem nutzten sie NACO auf eine neue, innovative Art, die als Sparse
Aperture Masking (SAM) bezeichnet wird. Es ist ein interferometrisches
Verfahren, bei dem nicht das Licht mehrere Teleskope (wie beim VLTI) kombiniert
wird, sondern das Licht unterschiedlicher Bereiche des Hauptspiegels eines
einzelnen Teleskops. Die Methode eignet sich besonders, um lichtschwache Objekte
in unmittelbarer Nähe von helleren Objekten zu finden.
Auf diese Weise gelang es den Astronomen tatsächlich in der Lücke der
Staubscheibe ein Objekt nachzuweisen, das in einer Entfernung von rund einer
Milliarde Kilometern um T Cha kreist. Es ist damit etwas weiter von seinem
Zentralstern entfernt als der Jupiter von unserer Sonne und befindet sich in der
Nähe des äußeren Rands der Lücke.
Zum ersten Mal ist es damit gelungen ein solches Objekt, das deutlich kleiner
als sein Stern ist, in einer solchen Staubscheibe um einen jungen Stern
aufzuspüren. Bei dem Objekt könnte es sich entweder um einen Braunen Zwerg
handeln, der noch von Staub umgeben ist, oder aber um einen Planeten. Braune
Zwerge sind stellare Objekte, die größer sind als Riesenplaneten aber nicht über
ausreichend Masse verfügen um in ihrem Inneren Wasserstoff zu Helium zu
fusionieren.
"Das ist eine bemerkenswerte Untersuchung, die durch die Kombination von zwei
unterschiedlichen erstklassigen Instrumenten am Paranal Observatory möglich
wurde", fasst Huélamo zusammen. "Mit weiteren Beobachtungen werden wir noch mehr
über diesen Begleiter und die Staubscheibe herausfinden."
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