Detaillierter Blick auf protoplanetare Scheiben
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
21. Februar 2011
Neue Beobachtungen mit dem SUBARU-Teleskop auf Hawaii haben die bislang
detailliertesten Bilder von den protoplanetaren Scheiben zweier junger Sterne
geliefert. Erstmals werden dabei Strukturen von ungefähr der gleichen Größe wie
unser eigenes Sonnensystem sichtbar: Ringe und Aussparungen in der Scheibe, die
mit der Entstehung von Riesenplaneten zusammenhängen.

Dieses Bild der HiCIAO-Kamera am
SUBARU-Teleskop bietet einen Blick auf die protoplanetaren Scheibe des
jungen Sterns LkCa 15. Ein Teil der Scheibe (weiss) wird vom Stern
(Mitte, dunkelrot maskiert) beleuchtet und so
sichtbar gemacht. Deutlich zu erkennen ist die
scharf definierte Innenkante der Scheibe, wo der
Leerraum in ihrer Mitte anfängt. Die Aussparung
ist unsymmetrisch – sie ist links deutlich größer
als rechts – und dürfte auf einen oder mehrere
neugeborene Planeten zurückgehen, die dort um den
Stern umlaufen.
Bild: MPIA (C. Thalmann) & NAOJ |
Planetensysteme wie unser Sonnensystem sind Nebenprodukte der
Sternentstehung. Sie bilden sich wenn die Gravitationskraft des
neugeborenen Sterns Gas und Staub aus der näheren Umgebung zu einer
dichten, abgeplatteten Scheibe sammelt, die den Stern umgibt.
Materieklumpen in dieser Scheibe ziehen mehr und mehr Gas und Staub an
sich und werden so über Jahrmillionen zu den Objekten, die wir Planeten
nennen. In den vergangenen Jahren hat die Erforschung solcher
"protoplanetaren Scheiben" beachtliche Fortschritte erzielt – zum einen
bei (meist indirekten) Beobachtungen, zum anderen beim theoretischen
Verständnis und bei der Simulation solcher Objekte.
Nun haben zwei neue
Beobachtungen dem Gesamtbild wichtige neue Details hinzugefügt und
Bilder von Strukturen geliefert, die noch nie zuvor direkt abgebildet
worden waren. Zielobjekt der ersten Studie war der Stern LkCa 15, der
rund 450 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Stier gelegen
ist. Mit einem Alter von nur wenigen Millionen Jahren ist LKCa15 ein
sehr junger Stern (zum Vergleich: Unsere Sonne ist rund 1.000-mal
so alt). Aus vorangehenden Beobachtungen des Infrarotspektrums des
Systems, sowie der Millimeterstrahlung, die es aussendet, hatten
Wissenschaftler geschlossen, dass es im Zentrum der protoplanetaren
Scheibe eine große, weitgehend materiefreie Aussparung gibt.
Die neuen
Bilder zeigen nun Sternenlicht, das an der Scheibenoberfläche so reflektiert
wird, dass die scharfe Kante dieser Aussparung erstmals direkt sichtbar
wird. Interessanterweise ist die elliptische Form der Aussparung nicht
um den Stern herum zentriert, sondern etwas verschoben. "Die
wahrscheinlichste Erklärung für die Aussparung in der Scheibe von LkCA
15 - und insbesondere für deren Asymmetrie - ist, dass dort mehrere
Planeten kreisen, die gerade erst aus dem Scheibenmaterial entstanden
sind und nun das Gas und den Staub entlang ihrer Umlaufbahnen einfangen"
sagt Christian Thalmann, der die Untersuchungen leitete, damals noch als
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Astronomie
(MPIA).
Die Aussparung ist dabei so groß, dass die Umlaufbahnen aller
Planeten in unserem eigenen Sonnensystem bequem darin Platz fänden. Da
liegt die Spekulation nahe, dass sich bei LkCa 15 in dieser Lücke ein
unserem eigenen Sonnensystem vergleichbares Planetensystem bildet. "Die
Planeten selbst wurden noch nicht nachgewiesen", so Thalmann. "Aber das
könnte sich bald ändern."
Die zweite Studie, unter der Leitung von Jun
Hashimoto (Nationalobservatorium Japan), widmete sich dem Stern AB Aur
im Sternbild Fuhrmann, 470 Lichtjahre von der Erde entfernt. Dieser
Stern ist sogar noch jünger: nur rund eine Million Jahre alt. Die neuen
Beobachtungen zeigten hier erstmals Strukturen, die im kosmischen
Maßstab vergleichsweise klein sind, nämlich nicht größer als unser
eigenes Sonnensystem (zum Vergleich: bei einem Abstand von 470
Lichtjahren hat unser Sonnensystem die gleiche scheinbare Größe wie ein
Ein-Euro-Stück, das man aus mehr als 10 km Entfernung betrachtet).
Die
Beobachtungen zeigen ineinander verschachtelte Ringe aus Gas und Staub,
die gegenüber der Äquatorebene des Systems verkippt sind und deren
Material wiederum nicht symmetrisch um den Stern herum angeordnet ist -
beide Eigenschaften deuten auf das Vorhandensein mindestens eines sehr
massereichen Planeten hin. Die Beobachtungen wurden jeweils mit dem HiCIAO-Instrument am 8,2-Meter SUBARU-Teleskop gemacht. Scheiben und
Planeten in der direkten Umgebung von Sternen stellen an die
Beobachtungstechnik höchste Ansprüche, da diese lichtschwachen Objekte
von den Sternen schlicht überstrahlt werden. HiCIAO gelingen solche
Beobachtungen, indem das Instrument zum einen den störenden Einfluss der
Erdatmosphäre weitgehend ausgleicht, zum anderen einen Großteil des
Sternenlichts mechanisch ausblendet.
Die jetzt vorgestellten
Untersuchungen sind Teil des SEEDS-Projekts (Strategic Explorations of
Exoplanets and Disks with SUBARU, also "Strategischen
Erkundungen von Exoplaneten und Scheiben mit SUBARU"). "SEEDS ist eine auf fünf Jahre angelegte,
systematische Suche nach Exoplaneten und protoplanetaren Scheiben",
erklärt Thomas Henning, geschäftsführender Direktor am Max-Planck-Institut für
Astronomie und einer der an SEEDS beteiligten Wissenschaftler. "Bereits jetzt hat das SUBARU-Teleskop im Rahmen dieses Projekts
spektakuläre Bilder geliefert. Solche detailreichen Beobachtungen sind
unverzichtbar, wenn wir verstehen wollen, wie Planetensysteme -
inklusive unseres eigenen Sonnensystems - entstehen." An SEEDS nehmen
rund 100 Wissenschaftler von 25 astronomischen Institutionen in Asien, Europa
und den USA teil.
|
Ferne Welten - unsere
Berichterstattung über die Suche nach extrasolaren Planeten und außerirdischem Leben
|
|