Wie Schwarze Löcher Galaxien beeinflussen
von Stefan Deiters astronews.com
4. März 2010
Neue Beobachtungen mit dem NASA-Röntgenteleskop Chandra
zeigen, dass in einer nahegelegenen Galaxie kräftige Winde aus der unmittelbaren
Umgebung des zentralen supermassereichen Schwarzen Lochs ins All geblasen
werden. Der Fund deutet darauf hin, dass auch durchschnittliche supermassereiche
Schwarze Löcher eine wichtige Rolle bei der Entwicklung ihrer Galaxien spielen
können.
Dieses Bild der Galaxie NGC 1068 entstand aus
Daten des Röntgenteleskops Chandra (rot), des
Weltraumteleskops Hubble (grün) und des
Radioteleskops Very Large Array (blau).
Bild: NASA / CXC / MIT / C. Canizares, D.
Evans et al (Röntgen), NASA / STScI (optisch),
NSF / NRAO / VLA (Radio)
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Schon seit Jahren wissen Astronomen, dass zentrale
supermassereiche Schwarze Löcher zusammen mit den Galaxien wachsen, in deren
Zentrum sie sich befinden. Und schon seit geraumer Zeit nimmt man an, dass die
Entwicklung der Galaxie nicht so sehr durch das Material beeinflusst wird, das
das Schwarze Loch verschlingt, sondern von dem, das aus der unmittelbaren
Umgebung der Schwerkraftfalle in die Galaxie geblasen wird.
Die entscheidende Frage dabei aber ist, ob diese Winde tatsächlich
ausreichend Energie haben, um die Galaxienentwicklung maßgeblich zu
beeinflussen. Kein Zweifel besteht, dass den eindrucksvollen gebündelten
Teilchenstrahlen oder Jets, die aus der Umgebung der größten supermassereichen
Schwarzen Löcher stammen, dies gelingen dürfte. Doch solche Objekte sind
vergleichsweise selten. Wie sieht es also mit durchschnittlichen Schwarzen
Löchern aus, die einen schwächeren Wind in ihre Umgebung blasen?
"Uns interessiert hier, was ein durchschnittliches supermassereiches
Schwarzes Loch bewirken kann und nicht, wozu die seltenen riesigen Schwarzen
Löcher in den Riesengalaxien in der Lage sind", erläutert Dan Evans vom
Massachusetts Institute of Technology, der die neuen Ergebnisse jetzt auf
einer Fachtagung auf Hawaii präsentierte. Evans und seine Kollegen haben mit dem
NASA-Röntgenteleskop Chandra insgesamt fünf Tage lang die Galaxie NGC
1068 anvisiert. Sie gehört zu den nächstgelegenen und hellsten Galaxien und
enthält ein supermassereiches Schwarzes Loch von moderater Größe, das aber
gerade schnell wächst. Es hat etwa die doppelte Masse des Schwarzen Lochs der
Milchstraße.
Die Beobachtungen zeigten, dass aus dem Zentrum von NGC 1068 starke Winde
ausgehen, die Geschwindigkeiten von bis zu 1,6 Millionen Kilometern pro Stunde
erreichen. Die Winde entstehen vermutlich in der Nähe des Schwarzen Lochs. In
einer Scheibe umkreist hier Material die Schwerkraftfalle. Ein Teil wird
verschlungen, ein anderer wieder ins All geblasen. Dieses Material wird von
hochenergetischen Röntgenstrahlen, die das Gas in unmittelbarer Nähe des
Schwarzen Lochs abstrahlt, aufgeheizt und strahlt dadurch mit Röntgenstrahlung
geringerer Energie.
Den Forschern gelang mit ihrer Beobachtungen die erste detaillierte
Röntgenuntersuchung dieser wichtigen Zentralregion der Galaxie. Sie errechneten,
dass in jedem Jahr durch den Wind Gas entsprechend der mehrfachen Masse unserer
Sonne in die Galaxie geblasen wird und dies bis in Entfernungen von 3.000
Lichtjahren. Der Wind kann dabei so energiereich sein, dass er das Gas in diesen
Regionen aufheizt und so Sternentstehung verhindert.
"Wir haben gezeigt, dass auch diese durchschnittlichen Schwarzen Löcher
richtig zuschlagen können", fasst Evans zusammen. Durch die Untersuchung von
weiteren Galaxienzentren erhoffen sich die Wissenschaftler nun einen besseren
Einblick in die Entwicklung der Schwarzen Löcher und der Galaxien. "In Zukunft
könnte auch das Schwarze Loch in der Milchstraße eine ähnliche Aktivität zeigen
und so die Sternentstehung in ihrer Zentralregion zum Erliegen bringen", so
Evans.
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