Wohin verschwand das Wasser der Venus?
von Stefan Deiters astronews.com
18. Dezember 2008
Die europäische Sonde Venus Express hat jetzt
erstmals beobachten können, wie der Venus Teile ihrer Atmosphäre auf der
Tagseite verloren gehen. Bereits im vergangenen Jahr hatte man den deutlich
größeren Verlust auf der Nachtseite nachweisen können. Gelingt es nun die Frage
zu klären, wohin das Wasser auf unserem Nachbarplaneten verschwunden ist?
Die Venus hat vermutlich durch den Sonnenwind
Teile ihres Wassers verloren (künstlerische
Darstellung).
Bild: ESA / C. Carreau |
Die Entdeckung gelang mit dem Magnetometer von Venus Express, das
zweifelsfrei die Signatur von Wasserstoffteilchen registrierte, die von der
Tagseite der Venus ins All gerissen wurden. "Man hat immer geglaubt, dass es
diesen Prozess gibt, aber jetzt konnte er zum ersten Mal auch tatsächlich
gemessen werden", erläutert Magda Delva von der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften in Graz die Bedeutung der Entdeckung. Delva leitete auch die
Untersuchungen. Der Orbit von Venus Express ist optimal zur Erforschung
dieser Vorgänge geeignet, weil die Sonde regelmäßig beiden Pole des Planeten
überfliegt.
Wasser ist für das Leben auf der Erde - und damit für alles Leben das
uns bekannt ist - ein entscheidendes Molekül. Die Venus und die Erde
haben ungefähr die gleiche Größe und entstanden beide zur gleichen Zeit.
Deswegen gehen Wissenschaftler davon aus, dass zu Beginn beide Planeten
über ähnliche Mengen dieses kostbaren Stoffes verfügt haben müssen. Von
den Gemeinsamkeiten ist allerdings nicht viel geblieben: Auf der Erde
findet sich rund 100.000-mal mehr Wasser als auf der Venus. Doch trotz
der geringen Wasservorkommen auf unserem Nachbarplaneten konnten Delva
und ihre Kollegen nachweisen, dass in jeder Sekunde auf der Tagseite der
Venus etwa 2 mal 1024
Wasserstoffteilchen verloren gehen.
Im letzten Jahr war es mit einem anderen Instrument auf Venus Express
gelungen, den atmosphärischen Verlust auf der Nachtseite des Planeten zu messen.
Dabei entdeckte man, dass etwa doppelt so viele Wasserstoff- wie
Sauerstoffteilchen ins All verloren gehen. Da Wasser aus zwei Wasserstoffatomen
und einem Sauerstoffatom aufgebaut ist, deutet der Fund darauf hin, dass Wasser
in der Atmosphäre des Planeten in seine Einzelteile aufgespalten wurde.
Für den Verlust der Atmosphäre der Venus ist der Sonnenwind
verantwortlich, ein ständiger Strom aus geladenen Partikeln, der von der
Sonne ausgeht. Die Atmosphäre der Erde wird durch das Erdmagnetfeld
größtenteils vor diesem Wind geschützt. Die Venus allerdings verfügt
über kein Magnetfeld, so dass vom Sonnenwind regelmäßig Partikel aus der
oberen Atmosphäre ins All gerissen werden. Auf diese Weise, so die
Forscher, hat die Venus vermutlich über die vergangenen 4,5 Milliarden
Jahre Teile ihres Wassers verloren.
"Wir sehen, wie das Wasser auf der Nachtseite verschwindet, aber die Frage
bleibt wie viel Wasser auf diese Weise verschwunden ist", erklärt Stas Barabash
vom Swedish Institute of Space Physics in Kiruna, der für das
ASPERA-Instrument verantwortlich war, mit dem die Nachtseite untersucht wurde.
Die jetzige Entdeckung bringt die Wissenschaftler einen Schritt näher an die
Lösung des Rätsels. Um aber sicher zu sein, dass auch auf der Tagseite Wasser
verloren geht, müssen Delva und ihre Kollegen noch die richtige Menge an
Sauerstoffatomen nachweisen, die hier ins All entkommen.
Bislang ist dies dem Team nicht gelungen: "Ich schaue mir die
Magnetometer-Daten immer wieder an, aber bislang sehe ich keine
Anzeichen für Sauerstoffatome, die auf der Tagseite verloren gehen", so Delva. Die neuen
Entdeckungen geben auch neue Rätsel auf: "Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass
vielleicht doppelt so viel Wasserstoff in der oberen Atmosphäre sein könnte, wie
angenommen." Diese Wasserstoffionen finden sich weit von der Planetenoberfläche
entfernt. Woher sie stammen ist noch unklar.
|