Seltenes Molekül in
Atmosphäre entdeckt
von Stefan Deiters astronews.com
12. Oktober 2007
Astronomen haben mit Hilfe der Sonde Venus Express
in der Atmosphäre der Venus eine seltene Abart von Kohlendioxid entdeckt, die
den Treibhauseffekt auf unserem Nachbarplaneten verstärken könnte. Der Fund
gelang den Wissenschaftlern erst durch einen interkontinentale und quasi sogar
interplanetare Zusammenarbeit: Das gleiche Isotop fand sich nämlich auch in der
Atmosphäre des Mars.
Venus Express macht die Messungen in der
Atmosphäre, während die Sonne - von der Sonde
aus gesehen - hinter dem Planeten verschwand.
Bild: ESA / AOES Medialab |
Erstmals aufgefallen war den Forschern das Isotop im April 2006.
Damals war die europäische Sonde Venus Express gerade im Venusorbit angekommen
und die Astronomen nutzten das Infrared Atmospheric Spectrometer (SOIR)
an Bord der Sonde zu ganz bestimmten Beobachtungen der Venusatmosphäre: Dabei
verfolgten die Forscher, wie die Sonne hinter der Venus verschwand und
analysierten dabei, welcher Teil des Sonnenlichts durch die Venusatmosphäre
verschluckt wurde. Aus den so gewonnenen Spektren lassen sich Rückschlüsse über die
Zusammensetzung der Atmosphäre unseres Nachbarplaneten ziehen.
In den Spektren entdeckten die Astronomen eine ungewöhnliche
Signatur bei 3,3 Mikrometern. "Es war sehr deutlich und systematisch und wurde
stärker, je tiefer wir in die Atmosphäre schauten. Wir wussten also, dass es
echt war", so Jean-Loup Bertaux vom französischen Service d'Aeronomie du
CNRS. Ihre Entdeckung behielten die Wissenschaftler aber erst einmal für
sich. Schließlich hatten sie keine Ahnung, welches Molekül für diese Signatur
verantwortlich sein könnte und wollten den Schuldigen erst einmal finden.
Zunächst dachte das Team um Bertraux, dass ein organisches Molekül, also eine
Kombination aus Kohlenstoff und Wasserstoff-Atomen, für die Signatur
verantwortlich sein müsste. Sie fanden aber kein bekanntes organisches Molekül,
das zu den Beobachtungen passte.
Im Dezember 2006 geschah dann etwas Unerwartetes: Mike Mumma von NASA Goddard
Space Flight Center fragte das SOIR-Team, ob ihnen bei ihren Venusbeobachtungen
bei 3,3 Mikrometern irgendetwas besonderes aufgefallen sei. Er hätte nämlich bei
Beobachtungen des Mars mit einem Teleskop von Hawaii aus eine entsprechende
Signatur entdeckt. Die beiden Teams verglichen ihre Signaturen und stellten
fest, dass sie identisch waren.
Der Fund gab den entscheidenden Hinweis zur Lösung des Rätsels: Die
Atmosphäre von Venus und Mars bestehen beide zu 95 Prozent aus Kohlendioxid,
wobei die Venusatmosphäre natürlich deutlich dicker ist. Das amerikanische Team schlug als
möglichen "Schuldigen" deswegen eine besondere Form des Kohlendioxids vor, bei
dem eines der Sauerstoffatome nicht acht Protonen und acht Neutronen, sondern
acht Protonen und zehn Neutronen hat. Diese Form von Kohlendioxid macht in etwa
ein Prozent des Kohlendioxids auf der Erde aus.
Allerdings war bislang niemandem bewusst, dass dieses Kohlendioxid-Isotop für
eine Absorption bei 3,3 Mikrometer verantwortlich ist. Drei
Forschergruppen bestätigten dann aber unabhängig voneinander, dass dieses
Molekül tatsächlich die beobachtete Absorption verursachen kann - und zwar nur
dieses. Das Isotop kann zudem Energie noch
deutlich besser absorbieren als normales Kohlendioxid und so vielleicht
mehr als normales Kohlendioxid zum Treibhauseffekt auf der Venus beitragen.
Während die Entdeckung für den Treibhauseffekt auf der Venus wichtig sein
könnte, dürfte er auf der Erde keine große Rolle spielen: In der Erdatmosphäre
befinden sich etwa 250.000 Mal weniger Kohlendioxid.
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