Den Geheimnissen der Venus auf der Spur
Redaktion /
Pressemitteilung des DLR astronews.com
28. November 2007
Rund eineinhalb Jahre umrundet die europäische Sonde Venus
Express nun schon unseren Nachbarn im All, und langsam gibt die Venus ihre
Geheimnisse preis. Sie präsentiert sich den Forschern als ein Planet, der
vielleicht einmal viel erdähnlicher war als bislang angenommen wurde. In einer
Sonderausgabe der Wissenschaftszeitschrift Nature werden die
eindrucksvollsten Resultate präsentiert.

Dieses Falschfarbenbild der Venus wurde mit der
Venus Monitoring Camera (VMC) von Venus Express
aufgenommen und zeigt die Südhalbkugel vom
Äquator (rechts) bis zum Südpol; Norden ist
rechts im Bild. Der Südpol ist von einem
dunklen, ovalen Wolkenfeld umgeben, in dem sich
ein halbrundes, noch dunkleres Wolkenband
befindet. Vom Pol in Richtung der niedrigeren
Breitengrade und des Äquators sind zahlreiche
unterschiedlich strukturierte, bisweilen
gestreifte oder fleckige Wolkenbänder zu
erkennen.
Bild: ESA / MPS / DLR / IDA
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Bis tatsächlich das erste Stück der Venusoberfläche in einem
irdischen Labor untersucht wird, werden vermutlich noch viele Jahre vergehen.
Doch schon heute stellen Laboruntersuchungen an vulkanischen Gesteinen von der
Erde eine wichtige Hilfe dar, um die von tausenden von Vulkanen geprägte
Oberfläche der Venus zu analysieren. Wissenschaftler vom Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR) erkunden durch die gleichzeitige Untersuchung
spektraler Eigenschaften von irdischen Vulkangesteinen und Messungen der
ESA-Raumsonde Venus Express die mineralogische und chemische
Zusammensetzung der Venusoberfläche.
"Mit dem Spektrometer VIRTIS an Bord von Venus Express sind wir in
der Lage, in einigen Wellenlängen des nahen Infrarots durch die dichte
Wolkenhülle des Planeten auf die Oberfläche zu blicken", erklärt Dr. Jörn
Helbert vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin. Venus Express
befindet sich seit dem 11. April 2006 in einer Umlaufbahn um den inneren
Nachbarn der Erde und umkreist den Planeten einmal in 24 Stunden. "Wir
vergleichen die aufgenommenen Spektren mit Messungen von Gesteinen
süditalienischer Vulkane und können durch den Vergleich mit der Erde besser
einschätzen, um welche Gesteine es sich auf der Venus handelt", sagt Helbert.
Auf einer Pressekonferenz berichtete die Europäische
Weltraumorganisation ESA heute über dieses und weitere wissenschaftliche
Ergebnisse, die mit der Mission gewonnen wurden. Sie werden in der aktuellen,
der Mission Venus Express gewidmeten Ausgabe des Wissenschaftsmagazin
Nature veröffentlicht, das morgen erscheint. Der Beitrag von Helbert
und seinen Kollegen "könnte ein bedeutender Beitrag zur Lösung der Frage sein,
wie sich der Vulkanismus auf der Venus entwickelt hat."
Doch auch die anderen jetzt vorgestellten Ergebnisse haben es in sich:
Untersuchungen der Atmosphäre lassen nämlich den Schluss zu, dass die Venus, die
fast genau so groß wie die Erde ist, vielleicht doch etwas erdähnlicher ist, als
bislang angenommen – oder es zumindest war: Heute besteht die Gashülle des
Planeten zu 96,5 Prozent aus Kohlendioxid, das zu einem massiven Treibhauseffekt
und konstanten Temperaturen von lebensfeindlichen 457 Grad Celsius führt. Diese
Temperaturen sind viel zu hoch, als dass Wasser, das auf der Erde in großer
Menge vorhanden ist – auf der Venus stabil sein könnte. Die Frage ist, ob es
auch auf der Venus je Wasser in nennenswerter Menge gegeben hat.
Venus Express-Messungen zeigten nun eine erhöhte Konzentrationen des
Wasserstoff-Isotops Deuterium. Dies bestätigt die Annahme, dass die "heiße
Schwester der Erde" in ihrer Frühzeit kühler war und zeitweise Wasser vorhanden
gewesen sein musste. Es verdampfte jedoch rasch: Der in die Atmosphäre
aufsteigende Wasserdampf verstärkte den Treibhauseffekt, so dass es auf der
Venus noch heißer wurde. Die Sonnenstrahlung spaltete die Wassermoleküle auf,
und der flüchtigere Wasserstoff entwich ins Weltall – allerdings bevorzugt
dessen leichtere Isotope, so dass sich das schwerere Wasserstoff-Isotop
Deuterium relativ in zehnfach höherer Konzentration als erwartet anreicherte.
Der freie Sauerstoff trug zur Oxidation der Gesteine auf der Venusoberfläche
bei.
Die Venus Monitoring Camera (VMC) an Bord von Venus Express
gestattet es den Forschern, erstmals das Wettergeschehen an diesem Planeten über
lange Zeiträume zu studieren. Die VMC wurde in einer Kooperation zwischen dem
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau, dem Institut
für Datentechnik und Kommunikationsnetze der Technischen Universität
Braunschweig und dem DLR-Institut für Planetenforschung mit Förderung der
Raumfahrt-Agentur des DLR entwickelt und gebaut. Aus der elliptischen Umlaufbahn
ist es möglich, die globale Dynamik vor allem der Südhalbkugel zu erfassen und
gleichzeitig regionale atmosphärische Phänomene hoch aufgelöst in den
äquatorialen Breiten zu untersuchen. Dort empfängt die Venus vom senkrecht
stehenden Zentralgestirn die meiste Sonnenenergie.
Die über einen längeren Zeitraum mit der VMC gemachten Aufnahmen könnten
einen Hinweis zur Klärung der Frage geben, wie die "Superrotation" in Gang
gehalten wird: Mit Geschwindigkeiten von bis zu 360 Kilometern pro Stunde rasen
die Wolkenbänder, abhängig vom Breitengrad, in nur drei bis fünf Tagen um den
gesamten Planeten - viel schneller als die sich nur einmal in 243 Tagen um die
eigene Achse drehende Venus selbst, und auch viel schneller als Winde auf der
Erde. Die neuen Beobachtungen deuten darauf hin, dass durch die dynamische
Ableitung der Wärmeenergie in höhere nördliche und südliche Breiten die
Superrotation in Gang gehalten wird.
Über dem Südpol entdeckten die Forscher einen stabilen Wolkenwirbel, der
stark an Hurrikane auf der Erde erinnert, aber drei- bis viermal so groß ist.
Doch wechselt das Wetter in den südpolaren Breiten extrem schnell: So
registrierte die VMC Veränderungen der Wolkendecke über großen Gebieten zwischen
zwei aufeinander folgenden Orbits, mit Auswirkungen vom Südpol bis zum 35.
südlichen Breitengrad. "Wir vermuten, dass aus tiefer liegenden
Atmosphärenschichten, aus der Mesosphäre, Schwefeldioxid aufsteigt und das
Wettergeschehen massiv beeinflusst", sagt Prof. Ralf Jaumann vom DLR-Institut
für Planetenforschung, der am Bau der VMC mitwirkte und Mitglied des
VMC-Wissenschaftsteams ist.
Lesen Sie im zweiten Teil: Die
Venus im Labor
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