Vorbeiflug am Asteroiden Donaldjohanson an Ostern
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. astronews.com
17. April 2025
Der Asteroid (52246) Donaldjohanson bekommt Ostersonntag
Besuch von der NASA-Raumsonde Lucy. Von dem Vorbeiflug in rund tausend
Kilometer Entfernung erhofft sich das Team neue Erkenntnisse über den etwa vier
Kilometer durchmessenden Hauptgürtelasteroiden. An der Mission beteiligt sind
auch Forschende aus Deutschland.

Die NASA-Raumsonde Lucy wird am 20. April
2025 den knapp vier Kilometer großen Asteroiden
(52246) Donaldjohanson mit einer Geschwindigkeit
von 13,4 Kilometer pro Sekunde in 960 Kilometer
Entfernung passieren. Der Vorbeiflug dient als
Generalprobe für die Untersuchung der "Trojaner"
-Asteroiden auf der Jupiterbahn, die 2027/28 und
nochmals 2033 erreicht werden: Das Bild ist eine
künstlerische Darstellung einer solchen
Begegnung. Das Wissenschaftsteam erwartet Bilder,
die noch 50 Meter kleine Details auf
Donaldjohanson erkennen lassen.
Bild: NASA
/ GSFC [Großansicht] |
Am Ostersonntag wird die NASA-Raumsonde Lucy um 19.51 Uhr MESZ in
knapp tausend Kilometer Entfernung am Asteroiden (52246) Donaldjohanson
vorbeifliegen. Die Entfernung wurde sorgfältig gewählt, um bei der hohen
Vorbeifluggeschwindigkeit scharfe, nicht verwischte Aufnahmen mit dem
Kamerasystem L’LORRI aufzeichnen zu können. So werden sehr detailreiche Fotos
mit Bildauflösungen von bis zu zehn Meter pro Pixel aufgenommen werden, die noch
50 Meter kleine Details zeigen. Donaldjohanson ist ein rund vier Kilometer
großer Körper im Asteroiden-Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter. Das Deutsche
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist an der Mission Lucy beteiligt
und wird Aufnahmen und Messungen unmittelbar nach dem Vorbeiflug auswerten.
Für den Vorbeiflug in rund 225 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde
ist ein hohes Maß an Präzision erforderlich. "Lucy wird mit 13,4
Kilometern pro Sekunde an seinem Ziel vorbeischießen", erklärt Dr. Stefano
Mottola vom DLR-Institut für Planetenforschung und Mitglied des
Lucy-Wissenschaftsteams. "Das sind fast 50.000 Kilometer pro Stunde. Deshalb
haben wir Donaldjohanson im Februar und März 39 Tage lang schon aus großer
Entfernung mit dem Kamerasystem beobachtet. Zum einen, um den Asteroiden bereits
ein wenig zu charakterisieren, und zum anderen um den Kurs der Sonde
nachjustieren zu können. Das war aber zunächst nicht erforderlich. Lucy
war präzise auf Kurs." Das Funksignal von Lucy zur Erde wird
zwölfeinhalb Minuten unterwegs sein.
Um während des Vorbeiflugs in der geplanten Entfernung den Bildsensor des
L’LORRI-Kamerasystems optimal nutzen zu können, also möglichst viel Fläche des
Asteroiden immer in der Bildmitte erfassen zu können, verfügt die Sonde über ein
sogenanntes "Terminal Tracking System" (TTS). Das TTS peilt den Asteroiden im
Anflug mit der Kamera an und justiert die Kameraausrichtung automatisch nach.
"Das hat bei einem ersten Asteroidenvorbeiflug im November 2023 bereits
hervorragend funktioniert", gibt sich Mottola zuversichtlich, dass das auch beim
zweiten Nahvorbeiflug von Lucy an einem Asteroiden klappen wird. "Mit
dem TTS ist es besser möglich, das gesamte Sichtfeld der Kamera für Aufnahmen
des Zielobjekts zu nutzen."
Neben diesem zweiten Test des TTS und des vom Applied Physics Laboratory
der Johns Hopkins University im US-Bundesstaat Maryland beigestellten
Kamerasystems L'LORRI (Lucy-Long Range Reconnaissance Imager) werden auch die
vier weiteren Experimente auf der Sonde zum Einsatz kommen und Messungen
durchführen. Das DLR-Institut für Planetenforschung wird aus den Bilddaten zum
einen digitale Geländemodelle zur Bestimmung der Form und zur Kartierung der
Topographie von Donaldjohanson berechnen, aber auch bei der wissenschaftlichen
Auswertung der Bilddaten des Asteroiden mitwirken.
Auf den Navigationsaufnahmen vom Februar und März erkennt die Raumsonde,
überlagert von der allgemeinen Aufhellung, auch die durch die Eigenrotation
verursachte, schon zuvor beobachtete periodische Helligkeitsschwankung von
Donaldjohanson. Diese Zu- und Abnahme der Helligkeit lässt vermuten, dass es
sich um einen langgestreckten, langsam rotierenden Asteroiden handelt. Ob dies
tatsächlich der Fall ist, wird erst die Auswertung der Bilder nach der Begegnung
mit Lucy am 20. April 2025 ergeben. Donaldjohanson wird während der langen
Annäherung der Raumsonde zunächst ein unaufgelöster Lichtpunkt bleiben, erst am
Tag der Begegnung werden Details der Oberfläche zu erkennen sein.
Lucy hat bereits im November 2023 den winzigen, nur 800 Meter großen
Hauptgürtel-Asteroiden Dinkinesh erfolgreich beobachtet und dabei einen 220
Meter großen Mond entdeckt, der den Namen Selam erhielt. Dabei gelang eine
weitere, unerwartete Beobachtung. Nach dem Vorbeiflug entdeckte Lucy
beim Blick zurück auf Dinkinesh, dass der Trabant Selam wiederum von einem
kleinen Kontaktmond begleitet wird. Eine große, nicht auszuschließende
Überraschung wäre es, wenn auch Donaldjohanson wie schon Dinkinesh ein
Binärkörper wäre und dies eine Vermutung stützen würde, dass Binärkörper im
Asteroiden-Hauptgürtel viel häufiger vorkommen, als bislang angenommen.
Der Asteroid Donaldjohanson wurde 1981 vom amerikanischen Astronomen Schelte
John Bus am Siding-Spring-Observatorium in Australien entdeckt. Er trägt den
Namen des Anthropologen Donald Johanson, der das versteinerte Skelett – genannt
Lucy – eines menschlichen Vorfahren entdeckt hat. Die Lucy-Mission der
NASA ist nach diesem Fossil benannt. Der 1943 geborene Paläo-Anthropologe Donald
Johanson leitete 1974 eine Expedition im äthiopischen Afar-Dreieck nahe dem
Roten Meer, wo er mit seinen Studenten auf das Skelett eines 3,2 Millionen Jahre
alten "Vormenschen" stieß, das als Australopithecus afarensis in die Systematik
der Anthropologie aufgenommen wurde. Der Asteroid umkreist die Sonne rund alle
drei Jahre in Entfernungen zwischen 291 und 420 Millionen Kilometern. Seine Bahn
ist 4,3 Grad gegenüber der Ekliptik, also der Bahn der Erde um die Sonne
geneigt.
Lucy ist eine Mission der Discovery-Klasse der NASA. Der Start
erfolgte am 16. Oktober 2021. Ihr Hauptziel sind Asteroiden, die sich auf der
Jupiterbahn befinden und dort in einem Winkelabstand von 60 Grad vor und hinter
dem Planeten an den sogenannten Lagrangepunkten L4 und L5 mit Jupiter die Sonne
umkreisen. Man weiß bisher nur wenig über diese Gruppe von Asteroiden.
Möglicherweise haben sie andere Zusammensetzungen als die Hauptgürtel-Asteroiden
und vielleicht auch einen anderen Ursprung – denkbar ist ein Entstehungsort
jenseits der Bahnen von Jupiter und Saturn und es handelt sich um Objekte, die
ihren Ursprung im Kuipergürtel haben, einem donutförmigen Ring in rund fünf bis
zehn Milliarden Kilometer Entfernung zur Sonne.
Lucy wird 2027/28 sechs dieser Objekte auf der Jupiterbahn und zwei weitere
Asteroiden im Jahre 2033 aus der Nähe beobachten. Nach zwölf Jahren wird
Lucy insgesamt elf Astroiden aus der Nähe beobachtet haben.
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