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Blick auf einen nahezu perfekten Einsteinring
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik astronews.com
10. Februar 2025
Auf den ersten Aufnahmen des ESA-Weltraumteleskops
Euclid, die lediglich zu Testzwecken gemacht wurden, entdeckte ein
Wissenschaftler das Bild eines nahezu perfekten Einsteinrings in einer
vergleichsweise nahen Galaxie. Mit einem hochmodernen Computermodell wurde nun
das Gravitationslinsensystem analysiert, um mehr über diese seltene Struktur zu
erfahren.

Der helle Ring um das Zentrum der Galaxie
NGC 6505, den das ESA-Teleskop Euclid aufgenommen hat, ist ein
eindrucksvolles Beispiel für einen Einsteinring.
Bild: ESA / Euclid / Euclid
Consortium / NASA, Bildverarbeitung durch Tian Li [Großansicht] |
Am 1. Juli 2023 startete Euclid zu seiner sechsjährigen Mission, um
das dunkle Universum zu erforschen. Bevor die Raumsonde ihre
Himmelsdurchmusterung beginnen konnte, musste ein Team auf der Erde
sicherstellen, dass alles einwandfrei funktionierte. Während dieser Testphase im
September 2023 sendete Euclid einige Bilder zur Erde. Doch auf einem
dieser Test-Bilder sah Euclids Archivwissenschaftler Bruno Altieri einen Hinweis
auf ein ganz besonderes Phänomen und beschloss, es genauer zu untersuchen. "Ich
schaue mir die Euclid-Daten an, sobald sie eintreffen", erklärt Altieri. "Schon
bei dieser ersten Beobachtung sah es für mich danach aus, aber nachdem
Euclid weitere Beobachtungen in diesem Gebiet gemacht hatte, konnten wir
dann einen perfekten Einsteinring sehen. Für mich war das unglaublich, denn ich
habe mich mein ganzes Leben lang für Gravitationslinsen interessiert."
Der Einsteinring, ein extrem seltenes Phänomen, war in einer nahegelegenen
Galaxie versteckt. Die Galaxie mit der Bezeichnung NGC 6505 ist rund 590
Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt – in kosmischen Maßstäben ein
Katzensprung. Doch dank der hochauflösenden Instrumente von Euclid
wurde nun erstmals der Ring um das Zentrum der Galaxie sichtbar. Der Ring um die
Vordergrundgalaxie besteht aus dem Licht einer weiter entfernten, hellen
Galaxie. Diese Hintergrundgalaxie ist 4,42 Milliarden Lichtjahre entfernt und
ihr Licht wurde auf dem Weg zu uns durch die Schwerkraft verzerrt. Die ferne
Galaxie wurde noch nie beobachtet und hat noch keinen Namen.
"Der Einsteinring ist ein Beispiel für eine starke Gravitationslinse",
erklärt Conor O'Riordan vom Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) in
Deutschland, der mit seinem Team in einer ersten Studie den Ring analysiert hat.
“Alle starken Gravitationslinsen sind etwas Besonderes, weil sie so selten und
wissenschaftlich unglaublich nützlich sind. Diese hier ist besonders
außergewöhnlich, weil sie so nah an der Erde ist und ihre Ausrichtung sie sehr
schön macht". Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie sagt voraus, dass
Licht um Objekte im Weltraum gekrümmt wird, so dass diese das Licht wie eine
riesige Linse bündeln. Dieser Gravitationslinseneffekt ist bei massereichen
Objekten - Galaxien und Galaxienhaufen - stärker ausgeprägt. Das bedeutet, dass
wir manchmal Licht von weit entfernten Galaxien sehen können, das uns sonst
verborgen bleiben würde. Wenn die Ausrichtung stimmt, krümmt sich das Licht der
entfernten Quelle und bildet einen spektakulären Ring um das Vordergrundobjekt.
"Dank wiederholter Euclid-Beobachtungen desselben Feldes sind die Daten für
diesen Einsteinring so gut, dass es eine Herausforderung war, das System genau
zu modellieren", betont O'Riordan. Das Team benutzte den hochmodernen
Gravitationslinsencode pronto, der am MPA entwickelt wurde, um das Licht des
Rings auf einem bisher unerreichten Niveau zu modellieren. "Wir mussten uns
sogar einige der Rohdaten ansehen, um besser zu verstehen, wie der Detektor
funktioniert." Die Modellierung des Einsteinrings war jedoch nur der erste
Schritt: "Diese Art von Objekt ist unglaublich nützlich, um die Substrukturen
der Dunklen Materie in der Linsengalaxie zu untersuchen, was wir in einer
späteren Veröffentlichung untersuchen werden", fügt O'Riordan hinzu.
"Euclid wird das Feld revolutionieren, mit all diesen Daten, die wir
noch nie zuvor gesehen haben. Obwohl dieser Einsteinring atemberaubend ist,
besteht die Hauptaufgabe von Euclid darin, nach dem subtileren
schwachen Gravitationslinseneffekt zu suchen, bei dem die Hintergrundgalaxien
leicht gedehnt oder verschoben erscheinen. Um diesen Effekt zu entdecken, müssen
die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Milliarden von Galaxien
analysieren.
Euclid hat am 14. Februar 2024 mit seiner detaillierten
Durchmusterung des Himmels begonnen und wird nach und nach die bisher
umfassendste 3D-Karte des Universums erstellen. Das Weltraumteleskop wird mehr
als ein Drittel des Himmels kartieren und Milliarden von Galaxien in bis zu zehn
Milliarden Lichtjahre Entfernung beobachten. Es wird erwartet, dass es etwa
100.000 starke Gravitationslinsen finden wird, aber es ist erstaunlich, eine so
spektakuläre - und so nahe bei der Erde - zu finden. Bisher waren weniger als
1000 starke Gravitationslinsensysteme bekannt, und noch weniger wurden mit hoher
Auflösung abgebildet. Eine so erstaunliche Entdeckung zu einem so frühen
Zeitpunkt seiner Mission würde, so das Team, bedeuten, dass Euclid auf
dem besten Weg ist, noch viele weitere Geheimnisse zu lüften.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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