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Ist die Menschheit derzeit die einzige Zivilisation in der Milchstraße?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Instituts für Weltraumforschung der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften astronews.com
6. November 2024
Gibt es angesichts von Milliarden Sternen in der Milchstraße
auch zahlreiche lebensfreundliche Planeten und vielleicht sogar hochentwickelte
Zivilisationen? Diese Frage beschäftigt die Astronomie seit die ersten
extrasolaren Planeten aufgespürt wurden. Eine Reihe neuer Studien warnt aber nun
vor zu viel Euphorie: Auf der Erde könnte sich aktuell die einzige Zivilisation
der Milchstraße befinden.
Wie viele erdähnliche Planeten gibt es in
der Milchstraße?
Bild:
NASA, ESA und G. Bacon (STScI) [Großansicht] |
Eine der wichtigsten wissenschaftlichen Fragen von heute ist, wie viele
potenzielle erdähnliche Lebensräume in unserer Galaxie existieren und wie viele
dieser Planeten im Prinzip Sauerstoff atmendes Leben beherbergen könnten. In
jetzt vorgestellten Studien kommen Forschende des Grazer Instituts für
Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und ihr
Team zu dem Schluss, dass es dafür nicht ausreicht, wenn es sich lediglich um
Gesteinsplaneten handelt, die sich innerhalb der sogenannten habitablen Zone für
komplexes Leben befinden. Es müssen dort außerdem besondere astro- und
geophysikalische, sowie biologische Bedingungen erfüllt sein, um ein
potenzielles Zuhause für Mikroorganismen, komplexe, Sauerstoff atmende Lebewesen
und außerirdische Intelligenzen bieten zu können. Da eine Atmosphäre mit
Sauerstoffkonzentrationen wie auf der Erde die einzige praktikable Energiequelle
für die Entwicklung größerer, tierähnlicher Lebensformen darstellt, können
andere mögliche Lebensräume wohl im besten Fall die Heimat primitiverer
Mikroorganismen sein, so die Forscher des IWF.
Die IWF-Forscher diskutieren in ihren Studien die grundlegenden Anforderungen
und Grenzen für komplexe zentimeter- bis metergroße sauerstoffatmende
Lebensformen. Daraus leiteten sie eine Formel ab, die zur Berechnung der
maximalen Anzahl erdähnlicher Habitate in unserer Galaxie angewendet werden
kann. Im Gegensatz zu bekannten Gleichungen wie der Drake-Formel, bei denen
viele Parameter hochspekulativ sind, berücksichtigt die neue Formel nur
wissenschaftlich quantifizierbare Faktoren. Alle schlecht eingegrenzten
Parameter, wie z. B. der Ursprung des Lebens, werden ignoriert.
"Durch die Charakterisierung exoplanetarer Atmosphären werden zukünftige
Weltraummissionen – wie PLATO, ARIEL oder LIFE – und große bodengestützte
Teleskope in der Lage sein, viele der heute noch größtenteils unbekannten
Faktoren fein abzustimmen und/oder einzuschränken", so IWF-Gruppenleiter Helmut
Lammer. "Dieser neuartige wissenschaftliche Ansatz ermöglicht erstmals eine
quantifizierbare Abschätzung nicht nur der maximalen Anzahl erdähnlicher
Habitate, sondern insbesondere auch des komplexen Lebens, das in unserer Galaxie
tatsächlich existieren könnte", betont Lammer. Die neue Formel gibt den
Forschern somit erstmalig entscheidende Hinweise über die Häufigkeit komplexen
Lebens in der Milchstraße. Sie ermöglicht die Astronomie außerdem besser
einschätzen zu können, welche Sternsysteme lohnende Ziele für die Suche einer
zweiten Erde sein könnten. Ein wichtiges Ergebnis für aktuelle und zukünftige
Weltraummissionen.
In einem zweiten Artikel demonstrieren die IWF-Forscher die Anwendbarkeit der
neuen Formel, indem sie die maximale Anzahl erdähnlicher Habitate in unserer
Galaxie ermitteln. Basierend auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen
berücksichtigt diese Abschätzung unterschiedliche stellare, galaktische und
planetare Parameter. So werden etwa die gegenwärtige Anzahl von Sternen in der
Milchstraße, die sogenannte galaktische habitable Zone und die Häufigkeit von
Gesteinsplaneten mit Ozeanen und Kontinenten im richtigen Abstand zu ihrem
Heimatstern implementiert. Erstmals wird dabei aber auch die Stabilität
erdähnlicher Atmosphären in Wechselwirkung mit der Evolution verschiedener
Sterntypen berücksichtigt. Dabei handelt es sich um einen entscheidenden Faktor,
der in bisherigen Abschätzungen habitabler Planeten nie zum Tragen kam.
"Erdähnliche Atmosphären können um etwas aktivere Sterne als unsere Sonne
nämlich nicht existieren", betont IWF-Forscher Manuel Scherf. In der Studie
werden auch die im Modell enthaltenen Parameter und weitere Faktoren, die für
die Entstehung erdähnlicher Lebensräume und komplexen Lebens von großer
Bedeutung sind, kritisch beleuchtet. Basierend auf der neuen Formel zeigen die
Grazer Forscher, dass es in unserer Galaxie maximal mehrere tausend bis
hunderttausend erdähnliche Habitate geben kann, die für die Entstehung komplexer
Lebensformen überhaupt in Frage kommen könnten. "Die von uns ermittelte
Maximalanzahl ist bereits sehr gering. Komplexes Leben wird noch seltener sein",
so Scherf.
Zusätzliche, nicht berücksichtigte Faktoren werden diese Anzahl noch weiter
reduzieren. Wenn man eine durchschnittliche Lebensdauer für eine außerirdische
Zivilisation von 10.000 Jahren - ein typischer Wert in SETI-Schätzungen –
anwendet, stellt sich heraus, dass unsere technologische Zivilisation sogar die
einzige sein könnte, die derzeit in der Milchstraße existiert. Gäbe es derzeit
andere technologische Zivilisationen in unserer Galaxie, wären diese sehr
wahrscheinlich wesentlich älter als unsere eigene. "Für diese könnte die Erde
aufgrund ihrer Seltenheit durchaus ein lohnendes Ziel darstellen", spekuliert
Scherf.
Die Studien wurden jetzt in einer Sonderausgabe der Zeitschrift
Astrobiology veröffentlicht.
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Lammer, H. und Scherf,
M. (2024): Preface to Eta-Earth Revisited: How Common Are Earth-like
Habitats in the Galaxy?, Astrobiology, 24, 893
Lammer, H., Scherf, M.
& Sproß, L. (2024): Eta-Earth Revisited I: A Formula for Estimating
the Maximum Number of Earth-like Habitats, Astrobiology, 24, 897
Scherf, M.,
Lammer, H. & Sproß, L. (2024): Eta-Earth Revisited II: Deriving a
Maximum Number of Earth-like Habitats in the Galactic Disk,
Astrobiology, 24, e916
Institut für Weltraumforschung
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften |
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