Ein Brand an Bord eines Raumfahrzeugs ist für die Besatzung
ein Horrorszenario: Eine brennende Raumstation oder ein Raumschiff auf dem Weg
zum Mars lässt sich nicht einfach verlassen. In Bremen erforscht man daher schon
seit Jahren, wie sich Brände in der Schwerelosigkeit und unter anderen
atmosphärischen Bedingungen ausbreiten. Kleine Änderungen können dabei große
Folgen haben.
Ein Forschungsteam des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und
Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen hat in einer aktuellen Studie
die Brandgefahr auf Raumfahrzeugen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass
sich Brände bei geplanten Explorationsmissionen, wie beispielsweise einem
Flug zum Mars, deutlich schneller ausbreiten könnten als auf der
internationalen Raumstation ISS. Der Grund ist die geplante Umstellung auf
einen niedrigeren Umgebungsdruck an Bord von Raumfahrzeugen.
"Ein Brand an Bord eines Raumfahrzeugs ist eines der gefährlichsten
Szenarien in der Raumfahrt", erklärt Dr. Florian Meyer, Leiter der
Forschungsgruppe "Verbrennungstechnologie" am ZARM. "Es gibt kaum
Möglichkeiten, sich in Sicherheit zu bringen oder von Bord zu fliehen. Daher
ist es entscheidend, das Verhalten von Bränden unter diesen speziellen
Bedingungen zu verstehen."
Bereits seit 2016 führt das ZARM-Forschungsteam Experimente zur
Ausbreitung von Bränden in der Schwerelosigkeit durch. Die
Umgebungsbedingungen entsprechen in etwa denen auf der ISS – mit einem
Sauerstoffanteil in der Atemluft und einem Umgebungsdruck ähnlich wie auf
der Erde, sowie einer erzwungenen Luftzirkulation. Diese früheren
Experimente haben gezeigt, dass sich Flammen in der Schwerelosigkeit völlig
anders verhalten als auf der Erde. Ein Feuer brennt mit kleinerer Flamme und
breitet sich langsamer aus, wodurch es lange Zeit unbemerkt bleiben kann. Es
brennt allerdings heißer und kann dadurch auch Materialien entzünden, die
auf der Erde prinzipiell nicht brennbar sind. Zudem können aufgrund von
unvollständiger Verbrennung mehr giftige Gase entstehen.
Für zukünftige Raumfahrtmissionen plant man derzeit mit veränderten
atmosphärischen Rahmenbedingungen. Die Crew soll einem niedrigeren Druck
ausgesetzt werden. Dies bietet zwei entscheidende Vorteile: Die
Astronautinnen und Astronauten können sich schneller auf einen Außeneinsatz
vorbereiten und das Raumfahrzeug kann leichter, also mit weniger Masse
gebaut werden, was Treibstoff spart. Der Nachteil: Bei niedrigerem Druck
benötigt die Crew einen höheren Sauerstoffanteil in der Atemluft – und das
kann im Brandfall gefährliche Auswirkungen haben.
Dass auch die Geschwindigkeit der Luftströmung einen starken Einfluss auf
die Ausbreitung von Feuer hat, kennen wir aus verschiedensten
Alltagssituationen, vom Anzünden der Grillkohle bis zur Bekämpfung von
Waldbränden. Die aktuelle Experimentreihe, die der Studie zugrunde liegt,
wurde unter Schwerelosigkeitsbedingungen im Fallturm Bremen durchgeführt.
Meyer und sein Team haben die Flammenausbreitung nach dem Anzünden von
Plexiglasfolien beobachtet und untersucht, wie das Feuer reagiert, wenn man
jeweils einen der drei Aspekte Luftdruck, Sauerstoffanteil und
Strömungsgeschwindigkeit stufenweise verändert.
Die Ergebnisse der Experimentreihe sind eindeutig: Obwohl der niedrigere
Druck abmildernd wirkt, überwiegen die brandbeschleunigenden Effekte des
erhöhten Sauerstoffgehalts der Luft. Eine Anhebung des Sauerstoffanteils von
21 Prozent (wie auf der ISS) auf die geplanten 35 Prozent bei zukünftigen
Raumfahrtmissionen führt dazu, dass sich ein Feuer dreimal schneller
ausbreitet. Das bedeutet einen enormen Anstieg des Brandrisikos. "Unsere
Ergebnisse zeigen kritische Faktoren auf, die bei der Entwicklung von
Brandschutzprotokollen für astronautische Raumfahrtmissionen berücksichtigt
werden müssen", unterstreicht Meyer. "Wenn wir verstehen, wie sich Flammen
unter verschiedenen atmosphärischen Bedingungen ausbreiten, können wir das
Brandrisiko mindern und die Sicherheit der Astronauten verbessern."
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in den
Proceedings of the Combustion Institute erschienen ist.