Neuer Prozess könnte Entstehung seltener Elemente erklären
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des GSI Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung
GmbH astronews.com
15. Mai 2024
Forschende haben einen neuen Prozess für die Nukleosynthese
vorgeschlagen, den sogenannten νr-Prozess. Er könnte die Lösung für ein seit
langem bestehendes Problem im Zusammenhang mit der Produktion einer Gruppe
seltener Isotope darstellen: Die sogenannten p-Kerne kommen im Sonnensystem vor,
ihr Ursprung ist aber immer noch schlecht verstanden.
Im Inneren des Supernova-Überrestes N 49
befindet sich ein Magnetar.
Foto: NASA und The Hubble Heritage Team (STScI
/ AURA); Acknowledgment: Y.-H. Chu (UIUC), S. Kulkarni (Caltech)
und R. Rothschild (UCSD) [Großansicht] |
Fusionsprozesse in massereichen Sternen erzeugen Kerne bis hin zu Eisen und
Nickel. Darüber hinaus werden die meisten stabilen schweren Kerne, wie Blei und
Gold, durch langsame oder schnelle Neutroneneinfangprozesse erzeugt. Für die
Produktion der übrigen, neutronenarmen Kerne wurde eine Vielzahl von
Nukleosyntheseprozessen vorgeschlagen. Es ist jedoch nach wie vor eine
Herausforderung, die großen Mengen an 92,94Mo, 96,98Ru und 92Nb im (frühen)
Sonnensystem zu erklären.
Der νr-Prozess ermöglicht die gleichzeitige Produktion all dieser Kerne, da
Neutrinos eine Reihe von Einfangreaktionen katalysieren. So funktioniert der
Prozess: Der νr-Prozess findet in neutronenreichen Ausströmungen
astrophysikalischer Explosionen statt, die anfangs, wenn die Temperaturen hoch
sind, aus Neutronen und Kernen im Bereich von Eisen und Nickel bestehen. Wenn
die Temperatur des Materials sinkt, werden schwerere Kerne aus leichteren Kernen
durch eine Abfolge von Neutroneneinfang- und schwachen Wechselwirkungsprozessen
erzeugt. Anders als beim schnellen Neutroneneinfangprozess, bei dem die
schwachen Reaktionen Betazerfälle sind, handelt es sich beim νr-Prozess jedoch
um Neutrino-Absorptionsreaktionen.
Sobald die freien Neutronen aufgebraucht sind, werden die in den Kernen
gebundenen Neutronen durch weitere Neutrinoabsorptionen in Protonen umgewandelt,
wodurch Atomkerne nahe der Beta-Stabilitätslinie und sogar darüber hinaus
erzeugt werden. Die Energie der Neutrinos ist groß genug, um Kerne in Zustände
anzuregen, die durch die Emission von Neutronen, Protonen und Alphateilchen
zerfallen. Die emittierten Teilchen werden von den schweren Kernen eingefangen.
Dadurch wird eine Reihe von Einfangreaktionen ausgelöst, katalysiert durch
Neutrinos, die die endgültigen Häufigkeiten der durch den νr-Prozess erzeugten
Elemente bestimmen. Auf diese Weise können Neutrinos neutronenarme Kerne
erzeugen, die sonst unerreichbar sind.
"Unsere Entdeckung eröffnet eine neue Möglichkeit, die Entstehung von
p-Kernen durch Neutrino-Absorptionsreaktionen mit Kernen zu erklären", sagt
Zewei Xiong, Wissenschaftler der GSI/FAIR-Abteilung "Nukleare Astrophysik und
Struktur". Offen ist noch die Frage, in welcher Art stellarer Explosion der
νr-Prozess auftritt. In ihrer Studie schlagen die Autoren vor, dass der
νr-Prozess in Material abläuft, das in einer Umgebung mit starken Magnetfeldern
ausgestoßen wird, wie z. B. in magneto-rotierenden Supernovae, Kollapsaren oder
Magnetaren.
Dieser Vorschlag hat Astrophysikerinnen und Astrophysiker dazu veranlasst,
nach den geeigneten Bedingungen zu suchen, und in der Tat wurde in einer ersten
Veröffentlichung bereits berichtet, dass magnetisch getriebene Massenauswürfe
die notwendigen Bedingungen erreichen. Der νr-Prozess erfordert die Kenntnis von
Neutrinoreaktionen und Neutroneneinfangreaktionen an Kernen, die sich auf beiden
Seiten der Beta-Stabilitätslinie befinden. Die Messung der relevanten Reaktionen
wird mit den einzigartigen Speicherringkapazitäten der GSI/FAIR-Anlage möglich
werden.
Die Studie wurde kürzlich in den Physical Review Letters
veröffentlicht.
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