Der Elemententstehung auf der Spur
Redaktion
/ Pressemitteilung der Technischen Universität Darmstadt astronews.com
30. März 2016
Die schweren Elemente im All dürften allen bei extrem
energiereichen Prozessen entstanden sein. Die besten Kandidaten sind die
Explosion eines Sterns in einer Supernova und die Kollision zweier
Neutronensterne. Experimentell lassen sich diese Theorien aber bislang nicht
belegen. Jetzt glauben Physiker bei der Untersuchung der Elemententstehung einen wichtigen Schritt
vorangekommen zu sein.

Viele schwere Elemente könnten in
Supernova-Explosionen entstehen. Bild:
ESO / M. Kornmesser [Großansicht] |
Die schweren Elemente in unserem Sonnensystem – wie zum Beispiel Gold und Uran –
entstanden durch eine komplexe Verkettung von Kernreaktionen und Kernzerfällen,
die unter dem Begriff "rapider Neutroneneinfangsprozess" (r-Prozess) bekannt
sind. Dieser Mechanismus benötigt extrem hohe Neutronendichten sowie kurzlebige,
sogenannte exotische Isotope, die in derzeit existierenden Beschleunigeranlagen
nicht erzeugt werden können.
Momentan stammen die einzigen Informationen über diese Bedingungen aus
theoretischen Modellen, welche auf extreme Extrapolationen zu Bereichen in der
Nuklidkarte angewiesen sind, für die es keine experimentellen Daten gibt. Die
beiden favorisierten astrophysikalischen Szenarien für den r-Prozess sind
katastrophale Kernkollaps-Supernova-Explosionen und die Verschmelzung von
Neutronensternen.
Eine Kollaboration von zwei nuklearen Astrophysikern der Technischen Universität
Darmstadt und zwei Kernphysikern der Michigan State University hat jetzt
herausgefunden, dass die Eigenschaften der Kernwechselwirkung Einfluss darauf
haben, wie die schwersten Elemente in unserem Universum entstehen.
In einer jetzt vorgestellten Studie gelang es ihnen, die Herstellung der
Elemente im r-Prozess mithilfe von verschiedenen Modellen für die
Kernwechselwirkung vorauszusagen. Sie bestimmen dabei erstmals systematische
Unsicherheiten für vorhergesagte Häufigkeitsverteilungen, die direkt mit der
Massenmodellierung zusammenhängen, für realistische astrophysikalische
Szenarien.
Das Ergebnis dieses Untersuchung, so die Hoffnung der Forscher, wird in Zukunft
nützlich sein, um Regionen in der Nuklidkarte zu identifizieren, die kritisch
für die Entstehung der schweren Elemente sind. Die beiden gerade im Bau
befindlichen Beschleunigeranlagen FAIR (Facility for Antiproton and Ion
Research) in Darmstadt und FRIB (Facility for Rare Isotope Beams) in Michigan
werden auf diesem Gebiet weltführend sein und wichtige Messungen zur Überprüfung
dieser Vorhersagen durchführen.
Damit ist es zwar noch immer nicht möglich, zu bestimmen, ob beispielsweise das
Gold im Schmuck oder das Dysprosium im Motor eines Elektrofahrzeugs aus
kollidierenden Neutronensternen oder einer Supernova-Explosion stammt, doch
hoffen die Forscher, dass sie dem Verständnis des astrophysikalischen Ursprungs
der schweren Elemente damit ein wichtiges Stück näher gekommen sind.
Über ihre Arbeit berichten die Forscher jetzt in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Physical Review Letters erschienen ist.
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