Staubige Plasmen im Sturzflug
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Giessen astronews.com
5. Juni 2019
Bereits zum dritten Mal hat sich ein Team der Universität
Gießen auf einen Parabelflug begeben, um Experimente mit staubigen Plasmen
in Schwerelosigkeit durchzuführen. Sie nutzten dazu das
Plasmakristallexperiment-4, von dem eine Kopie auch auf der Internationalen
Raumstation ISS betrieben wird. So wurden auf den Flügen auch ISS-Experimente
vorbereitet.
Andreas Schmitz, Masterstudent der Physik
(vorne), und Prof. Dr. Markus Thoma (hinten) beim
Experimentieren in der Schwerelosigkeit.
Bild: Novespace[Großansicht] |
Wie verhalten sich staubige Plasmen in der Schwerelosigkeit? Bereits zum
dritten Mal haben Wissenschaftler und Ingenieure des I. Physikalischen Instituts
der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) mit Unterstützung durch das Deutsche
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Parabelflugexperimente geleitet. Im Rahmen
der 71. ESA-Parabelflugkampagne in Bordeaux kam erneut die Experimenteinheit
PK-4 (Plasmakristallexperiment-4) zum Einsatz, von der seit dem Jahr 2014 unter
Beteiligung der JLU eine Kopie auf der Internationalen Raumstation ISS betrieben
wird.
Für die Parabelflüge im Zeitraum zwischen dem 13. und 24. Mai 2019 wurde das
Flugzeug A310 ZERO-G der Firma Novespace – die umgebaute ehemalige "Konrad
Adenauer" der Bundesrepublik Deutschland – benutzt. Dabei wird an drei Flugtagen
in jeweils 31 Parabeln mit einer Dauer von 22 Sekunden eine annähernde
Schwerelosigkeit realisiert.
Bei einem staubigen Plasma (komplexes Plasma) wird ähnlich wie in einer
Neonröhre ein Plasma, also ein ionisiertes Gas, in einer elektrischen Entladung
erzeugt; anschließend werden Mikropartikel (Staubkörner) in die Plasmakammer
injiziert. Diese laden sich durch Elektronenanlagerung im Plasma stark negativ
auf und zeigen aufgrund der elektrischen Wechselwirkung untereinander
interessante Phänomene, wie Phasenübergänge und Strukturbildung. Da die
Mikropartikel sich durch Laserbeleuchtung direkt abbilden lassen, können somit
grundlegende Fragen der Vielteilchenphysik auf dem Niveau der einzelnen Teilchen
studiert werden, die in atomaren Systemen nicht direkt zugänglich sind.
Experimente zur Grundlagenforschung mit komplexen Plasmen im Labor und in der
Schwerelosigkeit werden an der JLU seit 2013 in der Arbeitsgruppe Plasma- und
Raumfahrtphysik unter der Leitung von Prof. Dr. Markus Thoma unternommen.
Bestimmte Untersuchungen lassen sich dabei nur in der Schwerelosigkeit
vornehmen, da die Schwerkraft oft einen unerwünschten Einfluss auf die
Mikropartikel ausübt.
Bei den jetzigen Parabelflugexperimenten lag der Schwerpunkt zum einen auf
Experimenten, die sich auf der ISS nicht durchführen lassen, da dort die
Apparatur nicht angepasst werden kann. Zum anderen wurden zur Vorbereitung neuer
Experimente für die ISS verschiedene Experimentvorschläge getestet. Zurzeit
werden die in den sehr erfolgreich verlaufenen Parabelflugexperimenten mit PK-4
gesammelten Daten von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der JLU und
der University of Iowa ausgewertet.
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