Raketentriebwerk aus dem 3D-Drucker
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
21. Februar 2019
Wie lässt sich der Transport von Satelliten ins All deutlich
günstiger gestalten? Einen Beitrag dazu dürften auch Trägerraketen leisten, die mithilfe neuer
Verfahren erheblich preiswerter hergestellt werden können. In dieser Woche
erreichte man beim DLR in Lampoldshausen einen wichtigen Meilenstein: Ein im
3D-Druckverfahren gefertigtes Triebwerk wurde erfolgreich getestet.

Der Triebwerkdemonstrator bei der
Instrumentierung. Die Testergebnisse werden auch
in weitere Entwicklungsvorhaben der ESA
einfließen. So sollen 3D-Druckverfahren für
Weiterentwicklungen der Ariane-6-Triebwerke Vinci
und Vulcain eingesetzt werden.
Bild: ArianeGroup Holding / Alpensektor [Großansicht] |
Am 18. Februar 2018 erreichte die europäische Weltraumagentur ESA einen
wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu neuen wirtschaftlicheren Raketen: Am
Prüfstand P8 in Lampoldshausen absolvierte das BERTA-Triebwerk erfolgreich seine
ersten Testlauf. BERTA (Biergoler Raumtransportantrieb) weist eine Besonderheit
auf: Das Triebwerk wurde Ende 2018 vollständig im 3D-Druckverfahren gefertigt.
Der P8 ist ein Forschungs- und Entwicklungsprüfstand beim DLR in Lampoldshausen,
der gemeinschaftlich vom DLR, der französischen Raumfahrtagentur CNES und dem
industriellen Partner ArianeGroup genutzt wird. Die Verantwortung für den
Betrieb und die Durchführung der Tests liegt bei dem Prüfstandteam des DLR.
Für einen Referenzschub von 2,45 Kilonewton ausgelegt, konnte BERTA für 560
Sekunden am Prüfstand P8 in Lampoldshausen getestet werden. Entwickelt wurde das
Triebwerk im Rahmen der Forschungen für zukünftige europäische Trägersysteme
(Future Launcher Preparatory Programme/FLPP) der ESA. Deutschland ist seit
Jahren größter Beitragszahler im FLPP-Kernprogramm. Das DLR Raumfahrtmanagement
steuert die Verwendung der Mittel innerhalb von FLPP und berät die ESA bei der
Durchführung einzelner Projekte.
BERTA ist für den Betrieb mit lagerfähigen Treibstoffen ausgelegt. Das
bedeutet, dass die Treibstoffe bei Raumtemperatur gelagert werden können.
Triebwerke dieser Art können sehr zuverlässig und mehrfach gezündet werden und
eignen sich somit für längere Missionen. Damit kann dieses Triebwerk nicht nur
für den erdnahen Bereich auf kleinen bis mittleren Raketen eingesetzt werden,
sondern auch für Missionen über den Erdorbit hinaus. Übliche lagerfähige
Treibstoffe sind jedoch hochgiftig. Für die Testläufe im Prüfstand werden daher
kryogene Treibstoffe verwendet.
"Der Prüfstand P8 bietet umfangreiche Möglichkeiten, Demonstratoren von
Komponenten über Baugruppen bis hin zu kleinen Triebwerken zu testen. Ziele der
aktuellen Tests sind, das Strömungsverhalten und den Wärmeübergang bei
gedruckten Oberflächen zu untersuchen. Diese neue Technologie kann derzeit
europaweit nur am Prüfstand 8 in Lampoldshausen getestet werden", erläutert Gerd
Brümmer, DLR-Ingenieur und Leiter des Prüfstands P8.
Der 3D-Druck - auch additive Fertigung genannt - liefert für den
Triebwerksbau verschiedene Vorteile. So lassen sich die Produktionszeiten
signifikant verringern. Derzeit werden zum Beispiel Brennkammern in Europa
zuerst gegossen und geschmiedet. Dann werden Kühlkanäle ausgefräst, die dann
mittels galvanischer Prozesse abgedeckt werden. Übliche Lieferzeiten betragen
bis zu eineinhalb Jahre. Mittels additiver Fertigung dagegen können vollständige
Triebwerke innerhalb weniger Wochen geliefert werden.
Im Fall BERTAs wurden im 3D-Druck-Verfahren sowohl der Einspritzkopf, er
besteht aus einer korrosionsbeständige Nickelbasislegierung, wie auch die
Brennkammer aus Edelstahl durch selektives Laserschmelzen hergestellt. Durch den
Einsatz eines Lasers wurde das finale Bauteil schichtweise durch Aufschmelzen
des Werkstoffes in Pulverform auf einer Grundplatte aufgebracht. Im
3D-Druck-Verfahren sind zudem komplexere Strukturen möglich, die sich in
konventionellen Verfahren nicht herstellen lassen. So enthält BERTA ein
komplexes Design für die Kühlkanäle, welches ein verbessertes Kühlverhalten der
Brennkammer sicherstellen soll.
Durch die verbesserte Kühlung können Brennkammern zukünftig kompakter gebaut
werden, was Material einspart. "Die additive Fertigung eröffnet Europa neue
Wege, Triebwerke zu fertigen", sagt Lysan Pfützenreuter, Projektleiterin beim
DLR Raumfahrtmanagement. "Mit dem erfolgreichen Nachweis der Technologie wird
ein wichtiger Schritt in Richtung einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit
europäischer Trägersysteme gegangen."
Die Testkampagne wird noch vier Wochen andauern und die Ergebnisse werden
auch in weitere Entwicklungsvorhaben der ESA einfließen. So sollen
3D-Druckverfahren für Weiterentwicklungen der Ariane-6-Triebwerke Vinci
und Vulcain eingesetzt werden.
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