Neuer Kunststoff-Booster besteht Tests
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
26. Juli 2017
Mit der Trägerrakete Ariane 6
will Europa einen wettbewerbsfähigen Zugang zum All schaffen, der auf bewährter
Technologie des Vorgängers, aber auch auf neue Elemente setzt. Dazu gehört etwa
ein Boostergehäuse, das nahezu vollständig aus kohlenstofffaserverstärktem
Kunststoff besteht und daher besonders leicht ist. Es bestand nun entscheidende
Tests.
Das Boostergehäuse der Ariane 6 besteht
nahezu vollständig aus
kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff.
Bild: DLR (CC-BY 3.0) [Großansicht] |
In erfolgreichen Tests hat der erste Prototyp eines Boostergehäuses für das
künftige Trägersystem Ariane 6 seine Belastbarkeit unter Beweis
gestellt. Das beim DLR Stuttgart und Augsburg in Kooperation mit der MT
Aerospace AG entwickelte und gefertigte Raketenmotorgehäuse besteht nahezu
vollständig aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK). Im Zusammenspiel
mit neu entwickelten Fertigungs- und Produktionstechnologien trägt dies
wesentlich zur Senkung des Gewichts und der Kosten und damit zur Steigerung der
Wettbewerbsfähigkeit der neuen europäischen Rakete bei.
In einer Drucktestkampagne ertrug das Boostergehäuse die geforderten 125 bar.
Die Gehäuseentwicklung und der Test wurden mit rund 10 Millionen Euro aus dem
Programm für die Entwicklung künftiger Trägerraketen der
Europäischen Weltraumagentur ESA finanziert, an dem Deutschland sich seit 2012
als Programmführer mit etwa 125 Millionen Euro beteiligt.
"Mit der Entwicklung der Produktionstechnologie für den CFK-Booster hat das
DLR einen wesentlichen Anteil geleistet, den deutschen Bauanteil an der
Ariane-6-Trägerrakete zu sichern und damit substanziell zum Ausbau der
Wertschöpfungskette für den Wirtschaftsstandort Deutschland beigetragen", so
Prof. Dr. Pascale Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für
Luft- und Raumfahrt (DLR). Die Entwicklung und Fertigung des integrierten CFK-Boostergehäuses
erfolgte am DLR-Zentrum für Leichtbauproduktionstechnologie in Augsburg und bei
MT Aerospace Augsburg in Zusammenarbeit mit weiteren Industriepartnern. Die
mehrtägige Erprobung wurde in der Materialprüfungsanstalt (MPA) der Universität
Stuttgart durchgeführt.
Bauteile aus faserverstärkten Kunststoffen sind leicht im Gewicht und
extrem belastbar und daher für Hochleistungsbereiche wie Raumfahrt und
Luftfahrt prädestiniert. Dies erfordert die Entwicklung neuer wirtschaftlicher
Produktionsweisen - Automatisierung ist hier eine Schlüsseltechnologie. Das
DLR-Zentrum für Leichtbauproduktionstechnologie in Augsburg bietet dafür eine
einzigartige Plattform: In der "Multifunktionalen Roboterzelle" kann die gesamte
Prozesskette zur Fertigung eines Bauteils umgesetzt und auf ihre
Automatisierbarkeit untersucht werden. Die rund 30 Meter lange Anlage mit bis zu
sechs kooperierenden Robotern erlaubt die Handhabung großer Bauteile im
Industriemaßstab und schafft damit reale Produktionsbedingungen.
"Der großartige Erfolg der mechanischen Tests bestätigt unsere Kompetenzen in
der zukunftsweisenden CFK-Technologie", so Prof. Dr. Heinz Voggenreiter,
Direktor des Instituts für Bauweisen und Strukturtechnologie in Augsburg und
Stuttgart. "Aber erst die Kooperation mit den Experten von MT Aerospace hat
diesen großen Schritt nach vorne möglich gemacht."
Auf der Basis der Roboterplattform und des Know-Hows der Partner in der CFK-
und Produktionstechnologie entstand Schritt für Schritt beim DLR Augsburg das
mit einem Durchmesser von 3,6 Metern und einer Länge von sechs Metern größte
Bauteil der Institutsgeschichte: vom Wickeln und Legen der
Faserverbundschichten, über die Vakuuminfiltration, bis hin zur Aushärtung. Den
Leichtbauproduktionsexperten des DLR gelang es, die komplexen Einzelprozesse und
unterschiedlichen Robotertypen miteinander in Einklang zu bringen und zu
automatisieren.
Eine besondere Herausforderung meisterten sie auch mit der Synchronisierung
unterschiedlicher Anlagensteuerungen und dem damit verbundenen Synchronlauf
zwischen Robotern und Werkzeugen. Mit der erfolgreichen Realisierung und dem mit
Bravour bestandenen Drucktests wurde von DLR und MT Aerospace die entscheidende
Basis für die Industrialisierung des Ariane-6-Boosters geschaffen. Der
Jungfernflug für die neue Trägerrakete ist für das Jahr 2020 geplant.
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