Sichere Kommunikation durch Satelliten
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Fraunhofer-Gesellschaft astronews.com
8. November 2018
Immer leistungsfähiger werdende Computer erlauben es
inzwischen, einst als sicher eingestufte Verschlüsselungen zu knacken. Für eine
abhörsichere Kommunikation in sicherheitsrelevanten Bereichen bedarf es also
praktikabler Alternativen. Diese könnten einen Quantensatelliten umfassen, der
im niedrigen Erdorbit kreist und eine Verschlüsslung durch verschränkten
Photonen ermöglicht.

Die Quantenquelle erzeugt verschränkte
Lichtquanten und sendet sie von einem Satelliten
auf die Erde.
Bild: Fraunhofer IOF [Großansicht] |
Bisherige mathematische Verschlüsselungsverfahren sind von leistungsfähigen
Quantencomputern bald leicht zu knacken. Für abhörsichere Kommunikation in
besonders sicherheitsrelevanten Bereichen könnten verschränkte Photonen sorgen,
erzeugt von einer Quantenquelle im All. Ein Fraunhofer-Forschungsteam hat eine
solche weltraumtaugliche, robuste und performante Quantenquelle entwickelt. Ihr
Ziel: In etwa vier Jahren den ersten europäischen Quantensatelliten ins Weltall
zu schicken.
Das goldene, futuristisch anmutende Gerät – klein wie eine Brotbox – musste
einiges über sich ergehen lassen: abrupte Temperaturschwankungen von minus 40
bis plus 60 Grad Celsius, Kälte und Hitze unter Vakuumbedingungen, zudem
kräftige Schüttelpartien auf einer dreiachsigen Vibrationsplatte. Bei all dem
sollte es noch Höchstleistung bringen und stabil funktionieren.
Am Ende des Stresstests nach den harten Kriterien der europäischen
Weltraumagentur ESA war klar: Diese Quantenquelle wird auch einen Raketenstart
überstehen und ist robust genug für die Bedingungen im All. Erstmals ist es
Forschenden vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in
Jena gelungen, eine enorm stabile und gleichzeitig leistungsfähige Quantenquelle
zu entwickeln. Sie kann mit Hilfe eines nichtlinearen Kristalls, auf den ein
Laserstrahl trifft, 300.000 verschränkte Photonenpaare pro Sekunde erzeugen.
Mit diesen Zwillings-Lichtteilchen lässt sich künftig sensible Kommunikation
sicher verschlüsseln. Das Prinzip dahinter: Die zwei Photonen besitzen eine
miteinander verschränkte Polarisation, unabhängig davon, wie weit sie
voneinander entfernt sind. Darauf basierend lassen sich Schlüssel zwischen zwei
Kommunikationspartnern etablieren, die beiden sofort verraten, wenn jemand
versucht, ihre Kommunikation abzuhören. Denn greift jemand Unbefugtes ein,
zerfällt die Verschränkung und der Zugriff ist nachweisbar.
Doch was hat die Quantenquelle im Weltraum zu suchen? Nun könnten die
verschränkten Photonen auch durch Glasfaserkabel, etwa die Telefonleitung, an
ihre Bestimmungsorte gelangen. Doch das würde die Reichweite sehr beschränken
und die wichtige Verschränkung stören. Die bessere Lösung ist, die Quantenquelle
mit einem Satelliten in den niedrigen Erdorbit zu schicken, wo sie von 400
Kilometern Höhe die doppelten Lichtteilchen möglichst störungsfrei zur Erde
senden kann.
"Die größten Herausforderungen dabei waren die Stabilität sowie die
Leistungsfähigkeit der Quantenquelle", erklärt Dr. Oliver de Vries,
Projektverantwortlicher beim Fraunhofer IOF. "Denn durch die Passage durch die
Erdatmosphäre ist die Verlustrate hoch. Darum gilt es, so viele verschränkte
Zwillingsphotonen wie möglich zu erzeugen, damit maximal viele davon auch bei
den Kommunikationspartnern auf der Erde ankommen."
Für einen Schlüssel werden dabei immer mehrere Photonenpaare benötigt. "Durch
einen ausgeklügelten Aufbau, wirksame anorganische Verbindungsverfahren und
robuste Materialien, die sich bei Temperaturänderungen möglichst wenig
ausdehnen, optimierten wir die Stabilität der Quantenquelle", verrät de Vries
weiter.
Die Technologie stößt bereits jetzt auf großes Interesse vor allem bei Banken
und Regierungsorganisationen, für die eine sichere Kommunikation essentiell ist.
Bis die Quantenverschlüsselung jedoch in drei bis fünf Jahren ihren Weg in die
Anwendung findet, muss noch die nötige Infrastruktur zum Austausch der Schlüssel
geschaffen werden. So müssten die Kommunikationspartner die Lichtteilchen zum
Beispiel mit einem Teleskop empfangen, das wiederum in die IT-Struktur
eingebunden werden muss.
Auch dafür hat de Vries schon Pläne im Kopf: "Denkbar wäre ein
Geschäftsmodell, in dem Fraunhofer den Satelliten mit einer Quantenquelle
ausstattet, während externe Partner die Empfangsinfrastruktur anbieten sowie die
Schlüssel verkaufen." Erklärtes Ziel des Forscherteams ist es, in etwa vier
Jahren den ersten europäischen Quantensatelliten ins Weltall zu schicken.
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