Detailliertes Höhenmodell der Erde
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
19. Oktober 2018
Seit mehr als zehn Jahren umkreist der deutsche
Radarsatellit TerraSAR-X die Erde, seit 2010 hat er Gesellschaft von
TanDEM-X. Gemeinsam haben beide Satelliten in den vergangenen Jahren
die Erdoberfläche abgetastet und so Daten für ein detailliertes Höhenmodell der
Erde gesammelt. Dieses steht nun kostenfrei für wissenschaftliche Zwecke zur
Verfügung.
Die deutschen Radarsatelliten TerraSAR-X und
TanDEM-X tasten seit 2010 gemeinsam die Erde ab.
Bild: DLR [Großansicht] |
Das TanDEM-X-Höhenmodell mit 90 Meter Abtastung wurde für die
wissenschaftliche Nutzung freigegeben und steht nun als globaler Datensatz zur
Verfügung. Damit orientiert sich das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt
(DLR) an der europäischen Datenpolitik im Rahmen des Erdbeobachtungsprogramms
Copernicus mit einem offenen und kostenfreien Zugang zu
Satellitendaten.
Als der Radarsatellit TanDEM-X am 21. Juni 2010 ins All startete,
flog sein "Zwilling" TerraSAR-X dort bereits seit dem 15. Juni 2007 um
die Erde. Gemeinsam, im engen Formationsflug, zeichnen die beiden deutschen
Radarsatelliten seitdem die Erde auf – beide Satelliten "sehen" während des
Überfluges denselben Geländeabschnitt, allerdings aus leicht unterschiedlicher
Perspektive. Das am Boden reflektierte Signal trifft wegen der geringfügig
unterschiedlichen Entfernung mit leichtem Zeitversatz bei den Satelliten ein.
Dieser Entfernungsunterschied wird interferometrisch auf Millimeter genau
erfasst.
Um genaue Höhen zu berechnen, waren zwischen 2011 und Ende 2015 mehrfache
Aufnahmen der gesamten Landoberfläche der Erde notwendig. Dabei variierte der
Abstand zwischen den beiden Zwillingssatelliten zwischen 500 Metern und
teilweise nur noch 120 Metern. Daraus entstand an den Rechnern des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen ein digitales
Höhenmodell der Erdoberfläche (DEM, digital elevation model). Aus den
vollaufgelösten Daten mit einem Messpunktabstand von zwölf Metern wurden auch
Varianten mit reduzierten Auflösungen von 30 Metern und 90 Metern erstellt.
Während der Zugang zu den zwölf Meter und 30 Meter Höhenmodellen wegen der
kommerziellen Verwertung gewissen Beschränkungen unterliegt und ein
wissenschaftliches Antragsverfahren erfordert, wird nun das 90 Meter-DEM auf
einem Server des DLR kostenfrei für die wissenschaftliche Datennutzung zur
Verfügung gestellt. Das TanDEM-X-DEM deckt sämtliche Landoberflächen
der Erde mit insgesamt mehr als 148 Millionen Quadratkilometer ab. Die absolute
Höhengenauigkeit beträgt dabei einen Meter. Dieses Abbild der Erde in 3D wurde
im September 2016 fertiggestellt und ist ca. 30 Mal genauer als andere globale
Datensätze.
Die mit TanDEM-X und TerraSAR-X erstellten Höhenmodelle
haben zusätzlich den Vorteil, dass sie die Erde erstmals mit einheitlicher
Genauigkeit und ohne Lücken erfassen. "Mit dem freien und unkomplizierten Zugang
zu den Höhenmodellen von TanDEM-X mit 90-Meter-Raster erwarten wir
weltweit mehrere 100.000 Downloads in den nächsten Monaten für Anwendungen im
Bereich der Geo-, Hydro- und Umweltwissenschaften sowie Infrastrukturplanung und
Fernerkundung", erläutert Prof. Alberto Moreira, Direktor des DLR-Instituts für
Hochfrequenztechnik und Radarsysteme. Kommerzielle Nutzer müssen sich weiterhin
an Airbus Defence & Space wenden.
Insgesamt arbeiten schon über 2400 Wissenschaftler aus 70 verschiedenen
Ländern mit den Radardaten von TanDEM-X und TerraSAR-X. Die
digitalen Höhenmodelle können für topografische Karten verwendet werden, aber
auch für die Erfassung von Landschaftsnutzungen und Vegetation, für
hydrologische Informationen wie beispielsweise Entwässerungswege oder
Nässegehalts des Bodens oder auch für die Beobachtung von polaren Eiskappen oder
Gletschern.
Derzeit nehmen die beiden Satelliten im Formationsflug die Erde weiterhin
auf, um Änderungen der Topografie zu erfassen, die sich zwischenzeitlich
beispielsweise durch Erdbeben, bei Gletschern, in Permafrostgebieten oder bei
landwirtschaftlich genutzten Gebieten und in urbanen Räumen ergeben haben. Die
Satelliten funktionieren nach elf und acht Jahren im Orbit weiterhin einwandfrei
und haben ihre nominelle Lebensdauer von 5,5 Jahren weit übertroffen.
"Die Qualität der Daten von TerraSAR-X und TanDEM-X ist
nach wie vor hervorragend, beide Radarinstrumente arbeiten wie am Anfang der
Mission. Auf Grund der noch verfügbaren Treibstoffressourcen und des guten
Zustands der Batterien erscheint ein Betrieb über 2020 hinaus möglich“, hofft
DLR-Missionsmanager Dr. Stefan Buckreuß.
Eine mögliche Nachfolgemission hat das DLR auch bereits entworfen: Das
Tandem-L-Missionskonzept sieht zwei Radarsatelliten im L-Band (23,6
Zentimeter Wellenlänge) vor und soll die dynamischen Prozesse auf der
Erdoberfläche erfassen. Ziel von Tandem-L ist es, die Landmasse der
Erde im Wochenrhythmus abzubilden. "Die Mission würde neue Maßstäbe in der
Erdbeobachtung setzen, den globalen Wandel mit einer neuen Qualität beobachten
und wichtige Handlungsempfehlungen ermöglichen", betont Moreira. Mit der neuen
Technologie könnten die dreidimensionalen Struktur von Vegetations- und
Eisgebieten sowie die großflächige Vermessung von Deformationen mit
Millimetergenauigkeit erfolgen.
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