Ein neuer detaillierter Blick auf die Erde
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
5. Oktober 2016
Das Team der Satellitenmission TanDEM-X hat eine neue dreidimensionale Karte der Erde
vorgestellt. Für das metergenaue globale Höhenmodell,
das im Vergleich zu anderen globalen Datensätzen unübertroffen genau ist und auf
einer einheitlichen Datenbasis beruht, wurden rund 150 Millionen Quadratkilometer
Landoberfläche aus dem All von Radarsensoren abgetastet.
Ein Beispiel aus dem jetzt vorgestellten
TanDEM-X-Datensatz: eine Richat-Struktur in
Mauretanien.
Bild: DLR [Großansicht] |
"TanDEM-X hat ein neues Kapitel in der Fernerkundung aufgeschlagen.
Die Technologie zum Radarbetrieb von zwei Satelliten im engen Formationsflug ist
nach wie vor einzigartig - und war der Schlüssel für die hochgenaue
Neuvermessung der Erde. Damit hat das DLR seine Vorreiterrolle unter Beweis
gestellt und die Voraussetzungen für den nächsten großen Entwicklungsschritt in
der satellitengestützten Erdbeobachtung geschaffen - für die angestrebte
Radarmission Tandem-L", sagt Vorstandsvorsitzende des Deutschen
Zentrums für Luft-und Raumfahrt (DLR) Prof. Pascale Ehrenfreund.
Mehr als 1.000 Wissenschaftler weltweit nutzen bereits die Daten der Mission.
"Mit der Fertigstellung des globalen TanDEM-X Höhenmodells erwarten wir
nochmal eine deutliche Steigerung des wissenschaftlichen Interesses. Genaue
topographische Daten sind essentiell für sämtliche geowissenschaftliche
Anwendungen", so Prof. Alberto Moreira, leitender Wissenschaftler der TanDEM-X-Mission
und Direktor des DLR-Instituts für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme. Die
Anwendungsmöglichkeiten des einzigartigen Datensatzes reichen von der Klima-und
Umweltforschung über das Vermessungswesen bis hin zur Infrastrukturplanung beim
Stadt- und Straßenbau.
Die Qualität des globalen Höhenmodells übertrifft alle Erwartungen: ein Meter
beträgt die Höhengenauigkeit der Geländekarte - eine Größenordnung besser als
die geforderten zehn Meter. Dies ist ein Ergebnis der hervorragenden
Kalibrierung des Systems. So wurde etwa der Abstand der beiden Satelliten im
Formationsflug millimetergenau bestimmt.
Unerreicht ist auch die globale Abdeckung durch TanDEM-X – sämtliche
Landflächen wurden mehrfach aufgenommen und zu Höhenmodellen verarbeitet. Die
Fernerkundungsspezialisten des DLR haben dabei eine digitale Weltkarte erstellt,
die sich aus über 450.000 Einzelmodellen Pixel um Pixel höhengenau zusammensetzt
- ein 3D-Mosaik der besonderen Art.
Mit dieser Mission wurde in vielen Bereichen Neuland betreten. Der enge
Formationsflug der beiden Satelliten bei Minimalabständen von 120 Meter ist
ebenso zur Routine geworden wie die vielfältigen Manöver, um die Formation
laufend zu verändern und den Anforderungen an die Aufnahmegeometrie anzupassen.
Ähnliches gilt für den bistatischen Radarbetrieb: Die simultane Datenaufnahme
mit zwei Radarsatelliten war anfangs eine große Herausforderung aber
Notwendigkeit, um die hohe Genauigkeit der Höhenmodelle sicherzustellen. Das DLR
ist nun weltweit Vorreiter für diese zukunftsweisende Technik.
Zwischen Januar 2010 und Dezember 2015 haben die Radarsatelliten über das
weltweite Empfangsnetz mehr als 500 Terabyte Daten zur Erde übertragen. Parallel
dazu begann 2014 die systematische Erstellung der Höhenmodelle. Ausgeklügelte
Prozessierungsketten verarbeiten die Daten mittels hochgenauer und effizienter
Algorithmen zu den finalen Höhenmodellen. Dabei ist das Datenvolumen inzwischen
auf insgesamt über 2,6 Petabyte gestiegen - die Rechnersysteme erbringen stetig
Höchstleistungen.
"Die Verarbeitung dieser Daten war eine spannende Herausforderung für uns",
erklärt Prof. Richard Bamler, Direktor des DLR-Instituts für Methodik der
Fernerkundung, "Umso mehr faszinieren uns jedoch nun unsere ersten
wissenschaftlichen Analyseergebnisse. Anhand des aktuellen Höhenmodells konnten
wir zeigen, dass in einigen Regionen der Erde, Gletscher bis zu 30 Meter pro
Jahr an Dicke im Bereich der Gletscherzungen verlieren."
Die Satelliten TerraSAR-X und TanDEM-X haben ihre
spezifizierte Lebensdauer längst überschritten und funktionieren bis heute
einwandfrei und so effizient, dass sie noch Treibstoff für mehrere Jahre haben.
So ist mit der Fertigstellung der 3D-Weltkarte noch nicht das Ende der Mission
erreicht. Aufgrund der Besonderheit des Formationsflugs sind weitere
wissenschaftliche Experimente geplant.
"Das System Erde ist hochdynamisch, das zeigt sich auch in der Topographie",
so Moreira. "Mit regelmäßigen Updates könnten wir solche dynamischen Prozesse
künftig systematisch erfassen. Das ist das primäre Ziel der von uns
vorgeschlagenen Tandem-L Mission." Neue Radarverfahren mit
synthetischer Apertur (SAR) erlauben es künftig, innerhalb kurzer Zeitspannen
zeitgleich vielfältige Daten zur Erforschung des globalen Ökosystems zu liefern.
Die Nachfolgemission Tandem-L könnte alle acht Tage ein aktuelles
Höhenbild der gesamten Landmasse der Erde zur Verfügung stellen und dynamische
Prozesse somit zeitgerecht erfassen. Dadurch wäre es auch möglich, Beiträge zur
Überprüfung internationaler Klima- und Umweltabkommen zu leisten. Neue
Radarverfahren und innovative Missionen wie Tandem-L sollen künftig
dazu beitragen ein besseres Verständnis der dynamischen Prozesse zu gewinnen –
zum Schutz und Erhalt der Erde. Mit der Fertigstellung des globalen Höhenmodells
TanDEM-X ist nun der Weg bereitet für die nächste Dimension der
Radarfernerkundung.
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