Sonde erreicht Asteroiden Ryugu
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
27. Juni 2018
Ziel erreicht: Die japanische Sonde Hayabusa2 ist
beim Asteroiden (162173) Ryugu angekommen und wird diesen in den kommenden
Wochen aus einem Abstand von rund 20 Kilometern genauer erkunden. Auf den ersten
Bildern fiel sofort die eigentümliche Form von Ryugu auf: der Asteroid wirkt
etwas eckig. Im Herbst soll der deutsch-französische Lander MASCOT auf Ryugu
landen.
Der Asteroid Ryugu fotografiert gestern aus
einer Entfernung von 22 Kilometern.
Bild: JAXA, University of Tokyo, Kochi
University, Rikkyo University, Nagoya University,
Chiba Institute of Technology, Meiji University,
Aizu University, AIST [Großansicht] |
Eine 3200 Millionen Kilometer weite Reise liegt hinter der japanischen
Raumsonde Hayabusa2 mit dem deutsch-französischen Lander MASCOT (Mobile
Asteroid Surface Scout) an Bord. Seit Dezember 2014 reiste die Sonde durchs
Weltall, um zuletzt in einem mehrere Wochen währenden Annährungsmanöver am 27.
Juni 2018 den erdnahen Asteroiden Ryugu zu erreichen, wie die japanische
Raumfahrtagentur JAXA heute bestätigte. Hayabusa2 hält nun im
Formationsflug zunächst eine Distanz von 20 Kilometer Entfernung zum Asteroiden
und sammelt Bilder und Daten, während sich der Himmelskörper neben der Sonde um
seine Achse dreht.
Für Anfang Oktober ist die Landung von MASCOT auf der Oberfläche geplant.
Dort wird sich der Lander hüpfend über die Oberfläche bewegen, um Messungen an
mehreren Orten zu ermöglichen. Die Forscher wollen genauere Einblicke in die
Beschaffenheit und den Aufbau erdnaher Asteroiden gewinnen, um diese sehr alten
Fragmente des Sonnensystems zu verstehen, Einblick in die Entstehungsgeschichte
der Planeten zu gewinnen und nicht zuletzt auch, um mögliche
Asteroidenabwehrmissionen effektiver zu planen. Mit der Muttersonde
Hayabusa2 ist 2020 sogar die Rückführung von Asteroidenmaterial zur Erde
geplant.
"Der Asteroid Ryugu ist für uns ein ideales Forschungsobjekt mit
seinen gerade einmal 900 Metern Durchmesser und vielen Artgenossen in der Nähe
der Erdbahn", sagt Prof. Ralf Jaumann vom DLR-Institut für Planetenforschung in
Berlin. "Ungewöhnlich ist die eckige Form, die wir auf den ersten Bildern
erkennen." Zudem sind Krater und große Brocken auf der Oberfläche sichtbar. "Die
wissenschaftlich überraschende Form von Ryugu und seine vielen Krater werden die
Auswahl eines geeigneten Landeplatzes für MASCOT spannend, aber auch
herausfordernd gestalten", sagt die Leiterin des MASCOT-Landers, Dr. Tra-Mi Ho
vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen. MASCOT wird ganz neue Einblicke
in das Material des solaren Urnebels ermöglichen, das seit rund 4,5 Milliarden
Jahren auf der Asteroidenoberfläche ruht.
Nach aktueller Planung wird MASCOT Anfang Oktober von der Muttersonde
ausgeklinkt und bewegt sich dann für mindestens 16 Stunden messend und hüpfend
auf dem Asteroiden Ryugu. Dabei kann MASCOT bis zu 70 Meter weit hüpfen und so
erstmals an verschiedenen Orten auf einem Asteroiden Messungen vornehmen - eine
Premiere für die internationale unbemannte Raumfahrt.
Im Inneren der 30 mal 30 mal 20 Zentimeter großen Landesonde mit nur 10
Kilogramm Masse sind insgesamt vier Instrumente eingebaut: Mit einem Radiometer
und einer Kamera des DLR, einem Spektrometer des Institut d'Astrophysique
Spatiale und einem Magnetometer der TU Braunschweig sollen die
mineralogische und geologische Zusammensetzung der Asteroidenoberfläche
untersucht und Oberflächentemperatur sowie Magnetfeld des Asteroiden ermittelt
werden. Dabei erhält MASCOT durch einen eingebauten Schwungarm die nötige
Bewegungsenergie für die Hüpfmanöver auf der Oberfläche.
Asteroid Ryugu und die aumsonde Hayabusa2 (japanisch für Falke)
bewegen sich derzeit rund 280 Millionen Kilometer entfernt von der Erde, wobei
ein Signal von der Raumsonde zur Erde gut 15 Minuten benötigt. Die ersten Bilder
der japanischen Kamera ONC-T (Optical Navigation Camera - Telescopic) an Bord
von Hayabusa2 zeigen eine sehr ungewöhnliche Form von Ryugu. Die
Wissenschaftler erwarten dadurch nicht immer ganz zum Zentrum gerichtete
Gravitationskräfte, wobei die Anziehungskraft des Asteroiden bisherigen
Schätzungen zu Folge nur etwa ein 60.000stel der Erdanziehungskraft entspricht.
Dazu rotiert Ryugu, der nach einem unter Wasser liegenden Schloss aus der
japanischen Mythologie benannt ist, mit einer Achse senkrecht zu seiner
Bahnbewegung.
Heute sind mehr als 750.000 Asteroiden bekannt. Nur ein Bruchteil davon, etwa
17.000 Asteroiden, bewegen sich auf elliptischen Bahnen weit ins innere
Sonnensystem hinein und kreuzen die Bahnen von Mars, Erde oder sogar Merkur.
Rund 1000 von diesen sind erdnahe Asteroiden mit einem Durchmesser von mehr als
einem Kilometer. Am 3. Dezember 2014 startete die Mission Hayabusa2 vom
japanischen Weltraumzentrum Tanegashima mit dem deutsch-französischen Landemodul
MASCOT an Bord, um neue Erkenntnisse zum Aufbau und zur Zusammensetzung des
primitiven, kohlenstoffreichen und erdbahnkreuzenden Asteroiden (162173) Ryugu
zu liefern.
Wissenschaftlich steht dabei die Frage im Mittelpunkt, welche Rolle
Asteroiden bei der Entstehung und der frühen Entwicklung der Erde und der
terrestrischen Planeten gespielt haben. Erforscht werden soll zum einen, ob das
Wasser der Erde in Teilen auch von Asteroiden stammen könnte, und zum anderen,
wie ein potenziell für die Erde gefährlicher, erdbahnkreuzender Asteroid
beschaffen ist, um Abwehrmöglichkeiten zu entwickeln. Gegenwärtig ist allerdings
von keinem Asteroiden bekannt, dass er sich auf Kollisionskurs mit der Erde
befindet. Asteroiden werden als erdnahe Objekte (NEOs, Near Earth Objects)
bezeichnet, wenn Sie sich mindestens bis auf 45 Millionen Kilometer der Erde
nähern.
Hayabusa2 wird Ryugu anderthalb Jahre lang aus unmittelbarer Nähe
beobachten. Höhepunkte der Mission werden das Absetzen des Landemoduls MASCOT
und weiterer Mikrolander sowie beim Kontakt der Hauptsonde mit dem Asteroiden
zwei bis drei Entnahmen von Asteroidenmaterial sein. Die Asteroiden-Proben
werden 2020 von Hayabusa2 zur Erde zurückgebracht.
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