Blick ins Zentrum unserer Galaxie
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
25. Mai 2018
Mit der Zusammenschaltung von Radioteleskopen auf der ganzen
Welt wollen Astronomen den Schatten des Schwarzen Lochs der Milchstraße
aufspüren. Inzwischen gehört auch das Radioteleskop APEX in Chile zu dem Verbund
und ermöglicht eine deutlich höhere Auflösung. Die Beobachtungen zeigen Details
in unmittelbarer Nähe zum Ereignishorizont.
Schematisches Diagramm der im Jahr 2013
durchgeführten 1,3-mm-VLBI-Beobachtungen von
Sagittarius A*. Die Inlays zeigen zwei mögliche
Modelle für dessen Erscheinungsbild, die mit den
Messergebnissen vereinbar sind. Der weiße Ring
mit einem Durchmesser von 50 millionstel
Bogensekunden veranschaulicht die
Größenverhältnisse.
Bild: Eduardo Ros, Thomas Krichbaum (MPIfR) [Großansicht] |
Das 12-Meter-Radioteleskop APEX in Chile wurde mit speziellen Zusatzgeräten
technisch aufgerüstet, um gemeinsam mit anderen Radioteleskopen
interferometrische Beobachtungen bei einer Wellenlänge von nur 1,3 Millimeter
durchzuführen. Dies beinhaltet die Ausrüstung für die Signalaufzeichnung mit
noch größerer Bandbreite und eine hochpräzise Wasserstoffmaseruhr. Damit machen
die Forscher einen weiteren Schritt in Richtung der direkten Kartierung des
Schattens um das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße.
Die Teilnahme von APEX am sogenannten Event-Horizon-Teleskop (EHT),
das sich bis vor Kurzem nur aus Teleskopen auf der Nordhalbkugel der Erde
zusammensetzte, enthüllt nun neue und bisher nicht sichtbare Details in der
Struktur der Radioquelle SgrA*, die mit dem Schwarzen Loches im Zentrum der
Milchstraße identifiziert wird. Die Einbeziehung des APEX-Teleskops im
EHT-Verbund verdoppelt die Winkelauflösung. Damit zeigt die Struktur der Quelle
eine asymmetrische und nicht punktförmige Helligkeitsverteilung mit Details von
nur noch 36 Millionen Kilometern Größe. Das entspricht dem Dreifachen der
hypothetischen Größe des Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße, also drei
Schwarzschildradien.
Astronomen sind auf der Jagd nach harten Beweisen für die Gültigkeit der
Einsteinschen Allgemeine Relativitätstheorie. Dazu gehört die direkte Abbildung
(Kartierung) des Schattens eines Schwarzen Lochs. Die Zusammenschaltung von
Radioteleskopen, die über den ganzen Erdball verteilt sind, macht dies möglich.
Die einzelnen Teleskope befinden sich auf Bergen und in großer Höhe, um so den
Einfluss der Erdatmosphäre auf die hochfrequente Radiostrahlung zu minimieren,
und auch um menschengemachten Radiostörsignalen zu entgehen. Die kompakte
Radioquelle Sagittarius A* (Sgr A*), die sich im Zentrum der Milchstraße
befindet, wurde nun von derart zusammengeschalteten Teleskopen bei kurzen
Millimeterwellenlängen und mit Mikrobogensekunden Auflösung beobachtet.
Das Forscherteam hat Sgr A* im Jahr 2013 mit Teleskopen des VLBI-Netzwerks
(VLBI steht dabei für "Very Long Baseline Interferometry", also
"Radiointerferometrie mit langen Basislinien) an vier verschiedenen Standorten
beobachtet. Bei den Teleskopen handelt es sich um APEX in Chile, das CARMA-Array
in Kalifornien, das James-Clerk-Maxwell-Teleskop (JCMT) und das
Submillimeter-Array (SMA), beide in Hawaii, sowie das Submillimeter-Teleskop
(SMT, das frühere Heinrich-Hertz-Teleskop) in Arizona.
Die Detektionen der Quelle Sgr A* auf Teleskop-Basislinien von bis zu 10.000
Kilometern Länge zeigen eine ultrakompakte, asymmetrische und nicht punktförmige
Helligkeitsverteilung. "Die Einbeziehung des APEX-Teleskops hat die längste
Basislinie im Vergleich zu früheren Beobachtungen fast verdoppelt und führt nun
zu einer spektakulären Auflösung von nur noch drei Schwarzschildradien", sagt Ru-Sen
Lu vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR). "Die Daten zeigen
Details, die kleiner sind als die erwartete Ausdehnung des Materiestrudels rund
um das zentrale Schwarze Loch", fügt MPIfR-Kollege Thomas Krichbaum hinzu, der
Initiator der Millimeter-VLBI-Beobachtungen mit APEX.
Der Standort von APEX auf der Südhalbkugel der Erde ermöglicht eine deutliche
Verbesserung der Bildqualität für eine Quelle, die so weit südlich am Himmel
steht wie Sagittarius A*. APEX ist auch der Wegbereiter für die Teilnahme des
großen und extrem empfindlichen ALMA-Teleskopes an den nun jährlich
stattfindenden EHT-Beobachtungen. "Wir haben in einer Höhe von über 5000 Metern
hart daran gearbeitet, die Ausrüstung zu installieren, die eine Beteiligung des
APEX-Teleskops an den 1,3mm-VLBI-Beobachtungen erst ermöglicht hat", sagt Alan
Roy, ebenfalls MPIfR, der technische Leiter des VLBI-Teams am APEX-Teleskop.
"Wir sind wirklich stolz darauf, wie gut APEX bei diesem Experiment funktioniert
hat."
Das Team hat ein Modell-Anpassungsverfahren auf die Beobachtungsresultate
angewandt, um die Struktur von Sgr A* auf Skalen bis zu 25 millionstel
Bogensekunden zu analysieren. Das Ergebnis: Es könnte sich um eine ringförmige
Struktur handeln, obwohl auch andere Modelle, wie z.B. eine Doppelstruktur
möglich sind. Zukünftige Beobachtungen mit dem sich weiter im Aufbau
befindlichen EHT werden diese Mehrdeutigkeiten beseitigen. Im galaktischen
Zentrum sind das Schwarze Loch und seine Umgebung von dichter interstellarer
Materie umgeben, welche die Wellenausbreitung der elektromagnetischen Strahlung
entlang der Sichtlinie beeinflusst. Dies führt zur sogenannten interstellaren
Szintillation, die die Schärfe der Kartierung beeinträchtigen kann.
"Wir konnten jedoch zeigen, dass dieser Effekt bei den kurzen
Millimeterwellenlängen keine wesentliche Rolle spielt," sagt Dimitrios Psaltis
von der Universität von Arizona, wissenschaftlicher Leiter beim EHT. "Die
Ergebnisse stellen einen wichtigen Schritt im weiteren Aufbau des Event-Horizon-Teleskops
dar", schließt Sheperd Doeleman vom Harvard-Smithsonian Center for
Astrophysics, dem Direktor des EHT-Projektes. "Die Analyse neuer
Beobachtungen, die seit 2017 sowohl APEX als auch ALMA einschließen, werden uns
unserem Ziel näher bringen, das Schwarze Loch im Zentrums unserer Milchstraße
direkt abzubilden."
Über die Beobachtungen berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in
The Astrophysical Journal erschienen ist.
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