Neuer Marslander vor dem Start
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
4. Mai 2018
Der Marslander InSight soll an diesem Wochenende zum Mars
starten, um dort vor allem das Innere des Roten Planeten zu erforschen. Dazu
befindet sich an Bord der Sonde nicht nur ein Seismometer, sondern auch eine
kleine Rammsonde, die in den Marsboden eindringen und dort Messungen vornehmen
wird. Die Landung auf dem Mars ist Ende November geplant.

InSight soll am 26. November 2018 etwas
nördlich des Marsäquators landen und seine
Solarpaneele entfalten. Links auf dem Boden neben
der Sonde ist das Seismometer SEIS, rechts das
Experiment HP3 zu sehen.
Bild: NASA/JPL-Caltech [Großansicht] |
Gebirgsbildung, Vulkanismus und Erdbeben werden durch die thermischen und
mechanischen Kräfte im Inneren eines Planeten bestimmt. Auf der Erde bildeten
sich Kontinente und das Leben, wie wir es heute kennen. Auf dem Mars
verlangsamte sich die Dynamik der inneren Entwicklung rasch. Um das Innere des
Mars und seine Vergangenheit genauer zu entschlüsseln und herauszufinden, was
die Erde im Vergleich so einzigartig macht, soll an diesem Wochenende eine neue
Marsmission zum Roten Planeten starten. Nach den gegenwärtigen Planungen wird
InSight am 5. Mai um 13.05 Uhr MESZ an Bord einer Atlas-Trägerrakete vom
kalifornischen Luftwaffenstützpunkt Vandenberg aus abheben. Den Mars wird die
Raumsonde dann am 26. November erreichen und dort etwas nördlich des Äquators in
der Ebene Elysium Planitia landen und seine Funktion als geophysikalisches
Observatorium aufnehmen.
Erstmals wird damit eine Mars-Mission als Forschungsschwerpunkt die Erkundung
des Planeteninneren und seiner viereinhalb Milliarden Jahre währenden
Entwicklung haben. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) steuert
zur InSight-Mission der NASA mit HP3 eines der drei Hauptexperimente bei: eine
kleine Rammsonde, die sich fünf Meter tief in den Marsboden hämmern wird, um
dabei in unterschiedlichen Tiefen die Temperatur und die Wärmeleitfähigkeit zu
messen. Zur Anwendung kam die ressourcensparende Schlüsseltechnologie aus dem
DLR bereits ganz irdisch im Straßenbau in China, in der Agrarwirtschaft in Polen
und in der Lawinenüberwachung in der Schweiz.
"Die InSight Mission-erfüllt einen lang gehegten Wunsch der Planetenforscher:
ein geophysikalisches Observatorium auf einem erdähnlichen Planeten", erklärt
Professor Tilman Spohn, der Leiter des Experiments HP3 vom DLR-Institut für
Planetenforschung in Berlin. "Der Mars ist als Ziel ideal: er ist gut zu
erreichen und ein ideales Vergleichsobjekt zur Erde", so Spohn weiter. Dort
verlangsamten sich die Prozesse, die sich nach der Bildung eines Metallkerns im
Planeteninneren und des darüber liegenden Gesteinsmantels und der Kruste
abspielten, wesentlich rascher als auf der Erde. Im Mars sind deshalb
möglicherweise bis heute die "Fingerabdrücke" jener Vorgänge, die in den
erdähnlichen Planeten Kern, Mantel und Kruste bildeten, erhalten geblieben.
"Verstehen wir diese Entwicklung auf dem Mars, dann verstehen wir auch viel
besser, wie sie sich auf der Erde bis hin zur Bildung und Bewahrung des Lebens
abspielte und dazu wie sich Mond, Venus und Merkur entwickelten. Vielleicht
lernen wir von dieser Untersuchung des Mars sogar eine ganze Menge über die
Entstehung von Gesteinsplaneten an anderen Sternen, den extrasolaren Planeten",
ergänzt Spohn. Gespannt sind die Forscher, ob - wie im Inneren der Erde - noch
immer ein heißer, geschmolzener Kern das Zentrum des Mars bildet.
Die Mission InSight (die Abkürzung steht für Interior Exploration using
Seismic Investigations, Geodesy and Heat Transport) wurde im August 2012 als
zwölfte Discovery-Mission ausgewählt. Wie alle bisherigen Missionen dieses
Programms der NASA untersucht auch InSight mit einer vergleichsweise kleinen
Mission ein eher spezielles Thema der Planetenforschung. Zusammen mit der
Transfer-Oberstufe hat die Mission nur eine Masse von 727 Kilogramm, die
eigentliche Landesonde bringt sogar nur 360 Kilogramm auf die Waage. Aus diesem
Grund ist es auch möglich, die Mission vom US-Luftwaffenstützpunkt Vandenberg an
der amerikanischen Westküste mit einer Atlas V-401 Trägerrakete zu starten. Es
ist der erste Raketenstart einer Planetenmission von diesem NASA-Startplatz. Der
Kontakt mit der Raumsonde während ihres Flugs zum Mars und während des
Missionsbetriebs erfolgt über die 70-Meter-Antennen des Deep Space Networks der
NASA in Kalifornien, Australien und Spanien.
Hauptbestandteil des Landers
ist eine Plattform von zwei Metern Durchmesser, auf der die meisten
Systemkomponenten, die Experimente in ihrem "Reisemodus", die Antennen, der
Bordcomputer, die Bremstriebwerke, die Treibstofftanks und drei Teleskopbeine
angebracht sind. Nach der Ankunft am Mars wird ein Roboterarm zunächst das
französische Marsbeben-Observatorium SEIS (Seismic Experiment for Interior
Structure) auf die Oberfläche setzen, an dem auch das DLR beteiligt ist. Das
Seismometer zeichnet die von Marsbeben und Meteoriteneinschlägen ausgehenden
Wellen auf, die durch den Planeten laufen.
Anschließend wird um die Jahreswende 2018/19 das am DLR entwickelte
Experiment HP3 von der Plattform auf den Marsboden gesetzt. HP3 ist eine
Abkürzung, die für Heat Flow and Physical Properties Package steht. Das
Experiment besteht aus dem auf dem Marsboden stationierten Gehäuse, der
sogenannten Support-Struktur, an dessen Vorderseite eine vertikale Vorrichtung
angebracht ist. Darin befindet sich eine 40 Zentimeter lange Rammsonde von 27
Millimetern Durchmesser – von den Wissenschaftlern "Maulwurf" genannt –, die
sich mit einem elektrisch angetriebenen Hammerschlagmechanismus über mehrere
Wochen Zentimeter für Zentimeter in den Marsboden treiben wird. Die
Support-Struktur und die Rammsonde wurden vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme
in Bremen gebaut und zusammen mit externen Partnern entwickelt. Die maximal
erreichbare Tiefe des "Maulwurfs" beträgt fünf Meter.
Im Gegensatz zu einem Bohrer, der die Verwendung eines Bohrgestänges
erforderlich macht, sorgt bei HP3 der spezielle Schlagmechanismus für den
Vortrieb in den Grund. Bei diesem wird eine Feder in der Sonde immer wieder
gespannt, die beim Lösen den Hammerschlag bewirkt. Diese Stöße verursachen
heftige Beschleunigungen bis zum Vierzehntausendfachen der Erdbeschleunigung,
weshalb die empfindliche Messtechnik im Inneren der Sonde durch eine spezielle
Stoßdämpfung vor den auftretenden Belastungen geschützt werden muss.
Bei der Konstruktion verwendete das DLR-Nutzerzentrum für Weltraumexperimente
deshalb auch Systeme zur Stoß- und Schwingungsminimierung aus dem DLR-Institut
für Faserverbundleichtbau und Adaptronik in Braunschweig. Das Isolationssystem
entkoppelt die Sensoren von den Stößen und minimiert die Belastungen der
Sensorik. Hierfür kommen speziell patentierte Doppelspiralfedern – auch "Galaxiefedern"
genannt – zum Einsatz. Neben den Schwingungsdämpfungsfedern im "Maulwurf" sind
Verfahren zur Bestückung der Temperatursensoren und Zuleitungen auf dem
Messkabel technische Highlights, die eine Anwendung der Rammsonde auch auf der
Erde für physikalische Messungen in Böden und Schüttungen in abgelegenen
Gebieten mit geringen Ressourcen interessant machen.
Das Herzstück des Experiments besteht aus einem mit Temperatursensoren
bestückten Flachbandkabel, das vom Hammermechanismus in den Marsboden
eingebracht wird und im DLR-Institut für Planetenforschung entwickelt wurde.
Einmal im Boden werden vor Ort bis zu zwei Jahre lang Bodentemperaturmessungen
durchgeführt, um das Temperaturgefälle im Untergrund zu bestimmen. Dabei können
die Sensoren Temperaturdifferenzen von nur wenigen Tausendstel Grad Kelvin
aufzeichnen, um so den sehr kleinen geothermischen Temperaturgradienten zu
bestimmen.
Zum Experiment gehört ferner das Radiometer RAD auf der Landesonde, mit dem
die Temperatur der Marsoberfläche bestimmt werden kann. Die Kenntnis der
Oberflächentemperatur ist von Bedeutung, um Störungen der Temperaturverteilung
im Untergrund berechnen zu können. RAD wurde durch das DLR-Institut für Optische
Sensorsysteme entwickelt und gebaut.
Update (7. Mai 2018): Der Marslander InSight ist am
Sonnabend wie geplant zum Roten Planeten gestartet.
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