Neues über mysteriöse Radioblitze
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
11. Januar 2018
Seit einigen Jahren schon beobachten Astronomen kurze
Strahlungsausbrüche im Radiobereich, bei denen es sich in der Regel um einmalige
Ereignisse handelt. Nur von einem dieser Fast Radio Bursts konnte man
bislang wiederholte Signale empfangen. Diese deuten nun auf einen Ursprung in
einer Umgebung mit einem äußerst starken Magnetfeld hin.
Das 305-Meter-Radioteleskop bei Arecibo in
Puerto Rico mit der in 140 Metern Höhe darüber
hängenden Instrumentenplattform in einer
sternklaren Nacht. Links neben dem Band der
Milchstraße ist ein Strahlungsausbruch von der
Quelle FRB 121102 dargestellt, der von weit
jenseits der Grenzen der Milchstraße das Teleskop
erreicht.
Bild: Danielle Futselaar (www.artsource.nl,
Design), Brian P. Irwin / Dennis van de Water /
Shutterstock.com (Fotos) [Großansicht] |
Das Phänomen der Fast Radio Bursts (FRB) fasziniert Astronomen schon
seit einiger Zeit: Es handelt sich dabei um sehr kurze Radiostrahlungsausbrüche,
deren Ursache bislang nicht geklärt werden konnte. Das liegt auch daran, dass es
sich meist um einmalige Ereignisse handelt - mit bislang nur einer Ausnahme: Die
Radioblitze der Quelle FRB121102 sind die bislang einzigen, die man wiederholt
beobachten konnte und ihre Strahlung ist stark polarisiert.
Das hat jetzt ein internationales Team von Astronomen durch neue
Radiobeobachtungen mit den Teleskopen des Arecibo-Observatoriums auf
Puerto Rico und des Green-Bank-Observatoriums in West Virginia herausgefunden.
Das Verhalten dieser polarisierten Strahlung bei unterschiedlichen Frequenzen
erlaubt es den Forschern, die direkte Umgebung der Strahlungsquelle auf
neuartige Weise zu erforschen.
Wenn polarisierte Radiostrahlung ein kosmisches Magnetfeld durchläuft, wird
die Ausrichtung der Polarisation durch einen Effekt verdreht, den man als
Faraday-Rotation bezeichnet: je stärker das Magnetfeld, desto größer das Ausmaß
der Verdrehung. Bei den Radiostrahlungsausbrüchen von FRB121102 gehört dieser
Effekt zu den stärksten, die jemals in kosmischen Radioquellen gemessen wurden.
Die Forscher schließen daraus, dass die erzeugte Strahlung ein außergewöhnlich
starkes Magnetfeld in dichtem kosmischem Plasma durchläuft.
"Die einzigen Quellen in unserer Milchstraße, deren polarisierte Strahlung so
stark verdreht wird wie bei FRB121102, liegen im galaktischen Zentrum und damit
in einer dynamischen Region in unmittelbarer Nähe zu einem massereichen
Schwarzen Loch", sagt Daniele Michilli, ein Doktorand an der Universität von
Amsterdam und ASTRON, dem Niederländischen Institut für Radioastronomie. "Die
Verdrehung der Polarisation in den Strahlungsausbrüchen könnte aber auch dadurch
erklärt werden, dass sich die Quelle in einem leuchtkräftigen Nebel oder
Supernovaüberrest befindet", fügt er hinzu.
Der Schlüssel zu dem neuen Resultat war der Nachweis der Strahlungsausbrüche
bei höheren Radiofrequenzen als jemals zuvor. "Wir haben am Arecibo-Observatorium
einen neuen Beobachtungsaufbau entwickelt, um dies zu ermöglichen, und unsere
Kollegen vom Breakthrough-Listen-Projekt am Green-Bank-Teleskop konnten das
Ergebnis durch Beobachtungen bei sogar noch höheren Radiofrequenzen bestätigen",
sagt Andrew Seymour vom Arecibo-Observatorium. "Dazu kommt, dass
Eigenschaften und Verlauf der Polarisation der von jungen energiereichen
Neutronensternen in unserer Milchstraße ähneln. Das unterstützt Modelle zum
Ursprung der Radioblitze in Neutronensternen."
Erst vor einem Jahr hat das Forscherteam die genaue Position von FRB121102
ermittelt und herausgefunden, dass die Strahlungsausbrüche aus einem
Sternentstehungsgebiet in einer Zwerggalaxie in rund drei Milliarden Lichtjahren
Entfernung kommen. Der riesige Abstand zu der Quelle zeigt, dass in jedem
Strahlungsausbruch eine gewaltige Menge an Energie freigesetzt wird – in einem
nur eine Millisekunde lang andauernden Radioblitz ist es die gleiche Energie,
wie sie unsere Sonne an einem ganzen Tag abstrahlt.
Zusätzlich zu der stärksten Drehung der Polarisationsrichtung, die in den
bisher bekannten Radiostrahlungsausbrüchen beobachtet werden konnte, zeigen die
beobachteten Ausbrüche von FRB121102 eine komplexe Struktur in Zeit und
Radiofrequenz. "Die Profile der anderen bisher gefundenen Strahlungsausbrüche
sind einfach mit gerade einem oder maximal zwei Spitzen im zeitlichen Verhalten.
Bei FRB121102 haben wir aber schon Ausbrüche mit gleich sieben dieser Spitzen
beobachtet, und die finden wir sowohl in der zeitlichen als auch in der
Frequenzabhängigkeit der Radiostrahlung", erläutert Laura Spitler vom Bonner
Max-Planck-Institut für Radioastronomie. "Wir versuchen zu verstehen, ob diese
Strukturen in den Strahlungsausbrüchen direkt von dem Prozess kommen, der die
Strahlung erzeugt, oder ob sie auf die Ausbreitung der Strahlung in dichtem
Plasma in der direkten Umgebung zurückgehen."
"Wir werden weiterhin systematisch überprüfen, wie sich die Eigenschaften der
Strahlungsausbrüche mit der Zeit ändern”, sagt Jason Hessel, Universität
Amsterdam und ASTRON-Institut. "Mit diesen Beobachtungen sollte es uns möglich
sein, zu entscheiden, welche der beiden Ursprungsmodelle für die Bursts
zutrifft: ein Neutronenstern entweder in direkter Umgebung eines Schwarzen Lochs
oder inmitten eines energiereichen kosmischen Nebels."
Mit einer ganzen Anzahl von neuen Radioteleskopen zur gleichzeitigen Erfassung
größerer Areale am Himmel, die demnächst ihren Betrieb aufnehmen, ist zu
erwarten, dass in den kommenden Jahren eine ganze Anzahl weiterer Radioblitze
nachgewiesen wird. Die Forscher sind gespannt auf die Ergebnisse, um weitere
fundamentale Fragen über die Natur der schnellen Radiostrahlungsausbrüche zu
beantworten.
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
in Nature erschienen ist.
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