Die Umlaufzeit von TRAPPIST-1h
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
23. Mai 2017
Innerhalb kürzester Zeit konnte ein internationales
Astronomenteam aus Daten des Weltraumteleskops Kepler die Umlaufperiode des
äußersten Planeten des Systems um den Stern TRAPIST-1 ableiten. Die
Wissenschaftler nutzten für die Auswertung theoretische Überlegungen zum System
und analysierten die Beobachtungen in Rekordzeit.
So könnte der äußerste Planet TRAPPIST-1h des
Planetensystems um den Stern TRAPPIST-1 aussehen.
Bild: NASA/JPL-Caltech [Großansicht] |
Frühere Beobachtungen von der Erde und aus dem All hatten gezeigt, dass der
kühle Zwergstern TRAPPIST-1 von sieben erdähnlichen Planeten umkreist wird –
eine größere Anzahl als in allen anderen vergleichbaren bisher bekannten
Planetensystemen. Während Astrophysikerinnen und Astrophysiker die Umlaufzeiten
der inneren sechs Planeten bestimmen konnten, blieb diejenige des äußersten
Planeten unbekannt.
Nun hatte die NASA mit ihrem Kepler-Weltraumteleskop den Stern
TRAPPIST-1 von Mitte Dezember bis Anfang März angepeilt. Mit ihrer Ankündigung,
diese Daten zwei Monate eher als geplant öffentlich zugänglich zu machen,
startete die NASA ein internationales "Rennen" unter Astronomen – weltweit
wollten diese die ersten sein, welche die letzte, noch unbekannte Umlaufbahn der
Planeten von TRAPPIST-1 bestimmen. Dies ist nun Wissenschaftlern des Center
for Space and Habitability (CSH) der Universität Bern mit einem
internationalen Team gelungen.
Nur vier Tage nach dem Ende der Kepler-Beobachtungskampagne
veröffentlichte die NASA die Daten. Die Astronomen in Bern hatten sich bereits
mit Kollegen der Universität Washington und anderen Wissenschaftlern in den USA,
Belgien, Frankreich, Großbritannien, Saudi-Arabien und Marokko zu einem Team
zusammengeschlossen, um unmittelbar mit der Arbeit beginnen zu können.
Simon Grimm, Wissenschaftler am CSH, hatte ein Verfahren vorbereitet, mit dem
er die Daten automatisch herunterladen und verarbeiten konnte, sobald sie
verfügbar waren, während Marko Sestovic, Doktorand am CSH, eine Pipeline für die
Datenanalyse bereitstellte. Mit einem unabhängig davon entwickelten Computercode
machte sich Rodrigo Luger, Doktorand in Seattle, an die gleiche Arbeit.
"Wir haben diese wissenschaftliche Herausforderung angenommen und wussten,
dass wir schnell sein mussten", so Sestovic. "Wenn man nicht der erste ist, wird
man nicht wahrgenommen," ergänzt Grimm. Sie hatten dabei ein besonderes Problem
zu lösen: Normalerweise kalibriert die NASA die Daten des Kepler-Weltraumteleskops
vor der Veröffentlichung in einer aufwändigen Prozedur, doch diesmal erhielten
die Forschenden nur die Rohdaten. "Der Kepler-Satellit schwankt wegen
eines technischen Problems von einer zur anderen Seite", erklärt Sestovic: "Dies
verursacht starke Störsignale des Instruments und viel 'Rauschen', das entfernt
werden muss. Die Störungen können fünfmal grösser sein als das eigentliche
Signal."
Mit ihren Computercodes, die sich auf maschinelles Lernen stützen, konnten
die Forscher in Bern und Seattle die Kepler-Daten in Rekordzeit
kalibrieren, da sie Tag und Nacht arbeiteten. "Jede Stunde zählt, wenn man nicht
überholt werden will", sagt CSH-Professor Brice-Olivier Demory.
Um die Umlaufzeit des äußersten Planeten, genannt TRAPPIST-1h, zu bestimmen,
setzten die Astronomen auf die Theorie. Sie hatten bereits entdeckt, dass die
Perioden der inneren Planeten aufgrund der Wechselwirkungen der Schwerkraft eine
Verbindung aufweisen: Wenn beispielsweise Planet b den Stern achtmal umkreist,
so macht Planet c fünf Umläufe und Planet d drei – ein so genanntes
Resonanz-Phänomen. Ist Planet h ebenfalls in Resonanz mit seinen nächstgelegenen
Planeten f und g, dann muss seine Umlaufzeit einen von mehreren, bestimmten
Werten aufweisen, so die theoretische Überlegung.
Aufgrund der Analyse der früheren Daten konnten Demory sowie zwei seiner
Kollegen in Seattle und Chicago alle möglichen Perioden ausschließen, bis nur
eine übrig blieb: 18,764 Erdtage. Tatsächlich ergab sich genau dieses Resultat
aus den Kepler-Daten. Umkreist also Planet h den Stern TRAPPIST-1
zweimal, so vollführt sein innerer Nachbar g drei Umläufe und Planet f deren
vier.
"Die Tatsache, dass die Umlaufzeit von TRAPPIST-1h von der Theorie
vorausgesagt wurde, bevor man sie in den Daten nachwies, erinnert daran, wie
Neptun in unserem Sonnensystem vor mehr als 100 Jahren aufgespürt wurde", sagt
CSH-Direktor Kevin Heng. Weil der Planet Uranus von seiner Bahn abwich,
schlossen Astronomen, dass es weiter außen einen zusätzlichen Planeten geben
musste, dessen Schwerkraft sich auf ihn auswirkte. Aufgrund der Bahnstörungen
von Uranus berechneten sie die Position des bis dahin unbekannten Planeten – von
Neptun.
Zusätzlich zur Umlaufzeit von TRAPPIST-1h fanden die Wissenschaftler heraus,
dass die Temperatur des Planeten 173 Kelvin oder minus 100 Grad Celsius beträgt
und sein Radius etwas kleiner ist als der der Erde. Sie konnten zudem messen,
dass sich der Zwergstern selbst in 3,3 Tagen einmal um seine Achse dreht, und
schließen aufgrund der beobachteten Sternflecken und Eruptionen auf eine relativ
niedrige Aktivität von TRAPPIST-1, was bedeutet, dass dieser älter ist als
bisher angenommen.
Sobald die NASA die Daten freigegeben hatte, arbeiteten die Wissenschaftler
über 60 Stunden lang fast ununterbrochen an deren Analyse und am Aufschreiben
der Resultate. Das so in Rekordzeit eingereichte, 37-seitige Paper wird nun vom
Wissenschaftsmagazin Nature Astronomy veröffentlicht. "Unsere
Kollaboration von 30 Leuten tauschte in wenigen Tagen mehr als 450 Emails aus",
fasst Demory zusammen: "Zu einem bestimmten Zeitpunkt überarbeiteten 15
Forschende gleichzeitig das Online-Manuskript – insgesamt eine schöne
Erfahrung!"
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