Drei rote Welten um nahen kühlen Stern
von Stefan Deiters astronews.com
3. Mai 2016
Mithilfe des TRAPPIST-Teleskops haben Astronomen drei
Planeten um einen nur 40 Lichtjahre entfernten extrem kühlen Zwergstern
entdeckt. Damit ist es erstmals gelungen, Planeten um eine Sonne dieses Typs
nachzuweisen. Alle ähneln in ihrer Größe der Erde, dürften sich ansonsten
allerdings deutlich von unserer Heimatwelt unterscheiden.
Blick von einem der entdeckten Planeten auf
TRAPPIST-1 und die beiden anderen Welten um den
Zwergstern (künstlerische Darstellung).
Bild: ESO / M. Kornmesser [Großansicht] |
Die Entdeckung eines x-beliebigen extrasolaren Planeten sorgt schon längst
nicht mehr für eine Meldung in der Presse. Das wissen natürlich auch die
PR-Abteilungen der Institute. Entdeckte Planeten werden so schnell zum
"erdähnlichsten bislang entdeckten" Planeten oder zu "potentiell bewohnbaren
Welten". Wenn diese Wörter fallen, lohnt es sich daher immer, genauer
hinzuschauen, was eigentlich tatsächlich beobachtet wurde - und dies ist oft
spannend genug.
Das gilt auch für die gestern von der europäischen Südsternwarte ESO
publizierten Meldung, dass mit dem belgischen TRAPPIST-Teleskop des
Observatoriums in La Silla drei potentiell lebensfreundliche Planeten um einen
nahen, sehr kalten Zwergstern entdeckt wurden. Die Entdeckung von gleich drei
Welten um den Stern 2MASS J23062928-0502285, jetzt auch als TRAPPIST-1 bekannt,
stellt den ersten Fund von Planeten um einen solchen Sternentyp dar.
TRAPPIST-1 ist deutlich lichtschwächer und röter als unsere Sonne und kaum
größer als der Gasriese Jupiter. Solche Zwergsterne sind in der Milchstraße
ausgesprochen häufig und haben eine extrem lange Lebensdauer - je massereicher
ein Stern nämlich ist, desto verschwenderischer geht er mit seinem "Brennstoff"
um. Die masseärmsten Sterne "leben" daher am längsten. Bislang war es allerdings
nicht gelungen, Planeten um einen Stern dieses Typs aufzuspüren. TRAPPIST-1
liegt im Sternbild Wassermann und ist so lichtschwach, dass er - trotz einer
Entfernung von nur 40 Lichtjahren - weder mit bloßem Auge, noch mit einem
Amateurteleskop beobachtet werden kann.
"Das ist wirklich ein Paradigmenwechsel in Bezug auf die
Planetenpopulation und den Weg zum Aufspüren von Leben im Universum",
unterstreicht Emmanuël Jehin vom Institut d’Astrophysique et Géophysique der
Universität im belgischen Lüttich. "Bislang war die Existenz solcher 'roten
Welten' um sehr kalte Zwergstern nur Theorie, doch jetzt haben wir um einen
solchen lichtschwachen roten Stern nicht nur einen einzelnen Planeten, sondern
gleich ein ganzes System entdeckt."
Dass die Forscher gerade um solche winzigen Sterne in relativer Sonnennähe
nach Planeten suchen, hat einen einfachen Grund: "Systeme um diese kleinen
Sterne sind die einzigen Orte, wo wir mit der aktuell verfügbaren Technologie
Leben auf erdgroßen extrasolaren Planeten nachweisen könnten", unterstreicht
Michaël Gillon, der auch an der Universität in Lüttich forscht. "Wenn wir also
Leben an anderen Orten im Universum finden wollen, sollten wir dort anfangen zu
suchen."
Entdeckt wurden die Planeten um TRAPPIST-1 mithilfe der Transitmethode. Dabei
beobachten Astronomen, wie ein Planet - von der Erde aus gesehen - vor seiner
Sonne vorüberzieht und diese dadurch geringfügig verdunkelt. Das Besondere an diesem
Verfahren ist, dass sich mit Transitbeobachtungen von Exoplaneten auch etwas
über die Atmosphären der fernen Welten in Erfahrung bringen lässt, da nämlich
während eines Transits ein kleiner Teil des Lichts auf dem Weg zur Erde auch die
Atmosphäre der fernen Welt durchläuft.
Dieser winzige Effekt geht allerdings für erdgroße Planeten in der Regel im
grellen Licht des Sterns vollkommen unter. Bei sehr kalten Zwergsternen
allerdings könnten entsprechende Beobachtungen möglich sein. Mit Teleskopen der
nächsten Generation, wie etwa dem James Webb Space Telescope oder dem European Extremely Large Telescope, könnte man dann sogar die genaue Zusammensetzung der
Atmosphären bestimmen, nach Spuren von Wasser und Hinweisen auf Leben suchen.
Durch eine Reihe von Folgebeobachtungen ist es inzwischen gelungen, die drei
Planeten um TRAPPIST-1 genauer zu charakterisieren. Sie dürften ähnlich groß
sein wie die Erde und umrunden ihren Stern in 1,5 und 2,4 Tagen. Die
Umlaufperiode des dritten Planeten liegt zwischen 4,5 und 73 Tagen. Zwar ist
TRAPPIST-1 deutlich lichtschwächer als die Erde, doch erhalten die beiden
innersten Planeten immer noch das Vierfache bzw. Doppelte der Strahlungsmenge,
die unsere Erde von der Sonne erhält. Der dritte Planet dürfte hingegen deutlich
weniger Strahlung erhalten.
Damit liegt keiner der drei Planeten wirklich in der habitablen Zone um
seinen Stern, also in dem Bereich, in dem Wasser theoretisch in seiner flüssigen
Form vorkommen könnte. Trotzdem sei es jedoch nicht auszuschließen, so eine
Pressemitteilung der ESO, dass es irgendwo auf ihrer Oberfläche
lebensfreundliche Regionen gibt - ein Hinweis, der vermutlich eher aus der
PR-Abteilung der ESO stammt. Er dürfte dann aber für die Überschrift
verantwortlich gewesen sein, dass man drei
potentiell lebensfreundliche Planeten um einen nahegelegenen Stern entdeckt hat.
Über ihre Entdeckung berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Nature erscheint.
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