Würzburger Minisatellit fliegt und fliegt
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Würzburg astronews.com
11. Januar 2017
Vor gut drei Jahren ist UWE-3, der Experimentalsatellit der
Uni Würzburg, ins Weltall gestartet. Seitdem erfüllt der winzige Satellit
zuverlässig seine Aufgaben und liefert wichtige Informationen, die für den
Einsatz der nächsten Generation von Kleinst-Satelliten von Bedeutung sind. Auch
an einem Nachfolger für UWE-3 wird bereits gearbeitet.
Seit drei Jahren ist UWE-3 harter
Weltraumstrahlung ausgesetzt. Dank seiner
ausgeklügelten Software funktioniert er trotzdem
noch.
Bild: Universität Würzburg / Lehrstuhl für
Informatik VII [Großansicht] |
Damit hatten seine Macher nicht gerechnet: Seit mehr als drei Jahren zieht
der Universität Würzburg-Experimentalsatellit UWE-3 in gut 600 Kilometern Höhe
seine Runden um die Erde, und noch immer funktioniert der kleine Würfel
einwandfrei - und das, obwohl er dort permanent der intensiven Störstrahlung des
Weltraums ausgesetzt ist. Tatsächlich ist er sogar "dank einer komplett
erneuerten Software heute leistungsfähiger denn je", wie einer seiner "Väter",
der Informatikprofessor Klaus Schilling, sagt.
Dass UWE-3 über eine so lange Zeit funktionieren würde, sei nicht unbedingt
zu erwarten gewesen, erzählt Schilling. Schließlich sei der ein Kilogramm
schwere Würfel mit einer Kantenlänge von gerade einmal zehn Zentimetern, der zur
Klasse Pico-Satelliten gehört, ausschließlich mit kommerziellen Bauteilen
produziert worden.
Dabei ist es nicht so, dass das raue Klima im Weltall keine Spuren
hinterließe: "Jeder der beiden Mikro-Prozessoren, aus denen der Bordcomputer
besteht, fällt durch die harte Weltraumstrahlung etwa einmal pro Woche aus",
erklärt Schilling. Weil dann aber sofort der andere Prozessor die anstehenden
Aufgaben übernimmt und parallel Reparaturaktionen für seinen Partner startet,
sei der Bordcomputer noch keine Sekunde während der drei Jahre ausgefallen. "Von
außen wird das Problem gar nicht wahrgenommen, weil UWE-3 seine Aktivitäten
nicht unterbricht", so Schilling.
Der ausgeklügelten Fehleranalyse- und Fehlerkorrektur-Software sei es also in
erster Linie zu verdanken, dass UWE weiterhin zuverlässig seinen Dienst
verrichtet, so Schilling. UWE-3 diene somit als lebender Beweis, dass die
"anspruchsvolle Arbeitsumgebung im All", die besonders intensiv auf
miniaturisierte Bauteile einwirkt, durch fortgeschrittene Software gebändigt
werden könne.
UWE-3 ist am 21. November 2013 vom russischen Yasni aus mit einer Dnepr-Rakete
ins All gestartet. Eine seiner Aufgaben ist es zu zeigen, dass auch Pico-Satelliten
in der Lage sind ihre Ausrichtung effektiv zu kontrollieren. UWE-3 beherrscht
dafür die Technik, einfache Lageregelungen durchzuführen: Er kann sich
beispielsweise für Beobachtungszwecke in eine vorgegebene Richtung drehen.
Möglich macht dies eine Wechselwirkung von Magnetfeldspulen an Bord mit dem
Erdmagnetfeld, kombiniert mit einem Schwungrad.
Auch das hat in den vergangenen drei Jahren sehr gut geklappt: "Wir haben von
der Würzburger Bodenstation aus immer wieder ausgefeilte Kontroll-Software in
den Bordcomputer von UWE-3 hochgeladen und damit das System an unvorhersehbare
Störungen angepasst", erklärt Schilling. Auf diese Weise haben die
Raumfahrt-Informatiker die Lageregelung kontinuierlich weiter verbessert, so
dass sich UWE-3 nun mit für Pico-Satelliten bisher noch nicht erreichter
Genauigkeit ausrichten kann.
Derartig robuste und gut ausrichtbare Systeme bei Pico-Satelliten eröffnen
nach Schillings Worten spannende Perspektiven für Satelliten-Formationen.
"Allgemein wird erwartet, dass die aktuell üblichen multifunktionalen
Großsatelliten zunehmend durch Systeme von vielen, miteinander kooperierenden
Kleinsatelliten ergänzt werden", beschreibt Schilling diese Entwicklung. Das
Satellitenprogramm der Universität Würzburg liefere dafür Schritt für Schritt
die kritischen Schlüsseltechnologien, um eine derartige Zusammenarbeit von
Kleinst-Satelliten im Orbit realisieren zu können, so Schilling.
Dafür arbeitet die Universität eng mit dem Würzburger Zentrum für Telematik (ZfT)
zusammen, einem unabhängigen Würzburger Forschungsinstitut. Am ZfT wird aktuell
beispielsweise die "Telematics Earth Observation Mission TOM" geleitet – Partner
sind unter anderem die Universität Würzburg, die TU München und das Deutsche
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Diese Mission hat zum Ziel, dass mehrere
Kleinst-Satelliten durch Zusammenarbeit in einer Formation neuartige
dreidimensionale Erdbeobachtung durch dieses Satellitensensornetz ermöglichen.
Damit bieten sich nach Schillings Worten auch in Zukunft "hervorragende
Perspektiven, spannende Raumfahrttechniken aus Würzburg weltweit an vorderster
Front mit voran zu bringen".
UWE-1 war der erste deutsche Pico-Satellit und steht nun schon im Deutschen
Museum in München ausgestellt. Die Arbeiten an dem Satelliten-Winzling begannen
im Jahr 2004 unter der Leitung von Professor Klaus Schilling. Das Projekt zog
Studierende aus Japan, Rumänien, Kanada, Indonesien, Italien und Indien an den
Main zu den Würzburger Informatikern vom Lehrstuhl für Robotik und Telematik.
Nach etwa einem Jahr Bauzeit wurde UWE-1 am 27. Oktober 2005 mit einer
russischen Kosmos-3-Trägerrakete zusammen mit fünf weiteren Satelliten
in eine Umlaufbahn in 690 Kilometern Höhe über der Erdoberfläche geschossen.
Wissenschaftliches Ziel war die Durchführung von
Telekommunikations-Experimenten. Dabei war das Internet auf den Weltraum
auszudehnen: Es galt, die gängigen Internet-Protokolle an die erschwerten
Bedingungen im All anzupassen.
UWE-2 trat seine Reise in das Weltall am 23. September 2009 vom
Weltraumbahnhof Sri Harikota in Indien an. Aufgabe von UWE-2 war es, mit einer
fortgeschrittenen Software auf der Basis verschiedener Sensordaten möglichst
genau seine Position und Ausrichtung zu bestimmen. Die Daten dafür stammten aus
einem GPS-Empfänger sowie aus Messungen mit Sonnen-, Magnetfeld- und so
genannten Inertial-Sensoren – letztere erfassen Beschleunigungs- und
Rotationskräfte. Beide Satelliten kreisen noch immer um die Erde – sind
mittlerweile aber verstummt. Erst in ein paar Jahren werden sie in die
Atmosphäre eintreten und dann unspektakulär verglühen. Aktuell arbeiten die
Forscher bereits an UWE-4, der mit Hilfe eines elektrischen Antriebs auch
Positionsveränderungen gezielt durchführen kann.
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