Viel gefrorenes Wasser und Eisvulkane
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
2. September 2016
Das Innere des Zwergplaneten Ceres enthält große Mengen
gefrorenes Wasser. Das ergab eine jetzt vorgestellte Auswertung von Bildern der
Oberfläche des Zwergplaneten, die die NASA-Sonde Dawn zur Erde gefunkt
hatte. Ceres
verfügt zudem im Zentrum über einen Gesteinskern und war offenbar noch vor
relativ kurzer Zeit geologisch aktiv.

Der Vulkan Ahuna Mons auf Ceres in einer
zweifach überhöhten perspektivischen Ansicht. Die
hierfür verwendeten Farbaufnahmen wurden im Juni
2016 mit der Dawn Framing Camera aus einer Höhe
von 385 Kilometern aufgenommen. Bei Ahuna Mons
handelt es sich um den Kegel eines Eisvulkans.
Bild:
NASA / Dawn [Großansicht] |
Hinweise auf das Vorhandensein von gefrorenem Wasser und wasserhaltigen
Mineralen in den Gesteinen nahe der Oberfläche von Ceres gibt es seit Längerem.
Bereits vor einigen Jahren zeigten mit dem Weltraumteleskop Herschel
der ESA gewonnene Spektren zeitweise Wassermoleküle oberhalb der Oberfläche von
Ceres und Bilder der Kamera der NASA-Sonde Dawn zeigten Dunst im Krater
Occator.
Die neuen mit Dawn gewonnenen Ergebnisse zeigen in dem etwa zehn
Kilometer großen Krater Oxo helle Flecken. Er ist nach dem Krater Occator die
zweithellste Region auf der gesamten Oberfläche von Ceres. "Wir sehen hier
wahrscheinlich an der Oberfläche frei liegendes Eis", erklärt Dr. Andreas
Nathues vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS), der
wissenschaftliche Leiter des Kamera-Teams von Dawn. "Es lässt sich
jedoch nicht ausschließen, dass es sich zumindest teilweise um Wasser handelt,
das in den Mineralen gebunden ist, die die Gesteine auf Ceres’ Oberfläche
bilden. Schon bei früheren Untersuchungen haben wir vermutet, dass dort Wasser
in großen Mengen vorhanden sein muss."
Weiterhin untersuchten die Wissenschaftler die Morphologie der Einschlagkrater
auf der Oberfläche von Ceres. Demnach unterscheiden sich kleine und große Krater
stark in ihrer Morphologie. Während kleine Krater in der Regel eine einfache
runde Form mit einem schüsselförmigen Kraterboden aufweisen, zeigen die größeren
Krater komplexe Strukturen. Dies ist nichts Ungewöhnliches und wird auch auf
anderen Himmelskörpern beobachtet.
Interessant ist allerdings, dass sich aus der Kratergröße, bei der der Übergang
von der einen zur anderen Kraterform erfolgt, auf die physikalischen
Eigenschaften des Bodenmaterials schließen lässt. "Der Übergang von einfachen zu
komplexen Kratern erfolgt bei Ceres bei etwa zehn Kilometern Größe", so Nathues
"Dies zeigt, dass die äußeren Schichten von Ceres weder aus reinem Eis noch aus
reinem Gestein bestehen können, stattdessen muss es sich um eine Mischung aus
Eis und Gestein handeln."
Außerdem hat Ceres eine vergleichsweise geringe Dichte, die sich ebenfalls nicht
mit reinem Gesteinsmaterial erklären lässt. Diese Ergebnisse gemeinsam mit
Modellen für den inneren Aufbau von Ceres zeigen, dass der Zwergplanet einen
festen Gesteinskern in seinem Zentrum besitzt, der von einem Mantel und einer
Kruste überlagert wird, die aus Gesteinsmaterial und gefrorenem Wasser bestehen.
Eine weitere Überraschung ist die Entdeckung eines etwa fünf Kilometer hohen
isolierten Bergkegels, bei dem es sich höchstwahrscheinlich um einen Vulkan
handelt. Seine Form ähnelt irdischen Vulkanen. Auf Ceres handelt es sich jedoch
nicht um silikatischen Vulkanismus bestehend aus einer heißen Gesteinsschmelze,
so wie wir es auf der Erde kennen, sondern um Kryovulkanismus, bei dem Wasser
die Schmelze bildet.
"Die von Ahuna Mons ausgeworfene Lava besteht aus flüssigen Wasser, Eis,
silikatischen Partikeln sowie im Wasser gelösten Salzen", berichtet Dr. Thomas
Platz, wissenschaftlicher Mitarbeiter im MPS-Kamerateam. In der Umgebung des
Bergkegels befinden sich vergleichsweise wenige Einschlagkrater, woraus sich ein
Alter von nur etwa 70 bis 200 Millionen Jahren ableiten lässt. Der Vulkan ist
somit wesentlich jünger als Ceres selbst. Der Zwergplanet ist nach unserem
gegenwärtigen Kenntnisstand vor rund 4,6 Milliarden Jahren gemeinsam mit den
übrigen Himmelskörpern unseres Planetensystems entstanden. Ceres muss daher noch
bis vor relativ kurzer Zeit geologisch aktiv gewesen sein.
Die Raumsonde Dawn startete im September 2007 auf ihre Reise in den
Asteroidengürtel, der sich zwischen den Umlaufbahnen der Planeten Mars und
Jupiter befindet. Im Jahr 2011 erreichte sie den Asteroiden Vesta und
untersuchte diesen mehr als ein Jahr lang. Seit März 2015 befindet sich Dawn
in einer Umlaufbahn um den Zwergplaneten Ceres und umkreist diesen seit Dezember
2015 in nur 385 Kilometern Höhe über der Oberfläche. Aus dieser Umlaufbahn
liefert die Sonde Bilder des Zwergplaneten mit einer Abbildungsgenauigkeit von
35 Metern pro Bildpunkt. Ab dem 2. September 2016 wird der Abstand zur längeren
Erforschung des Zwergplaneten wieder vergrößert.
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in insgesamt sechs Fachartikeln,
die gestern in der Zeitschrift Science veröffentlicht wurden.
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