Schwarze Wochen für Russlands Raumfahrt
von Stefan Deiters astronews.com
18. Mai 2015
Die letzten Wochen hätten für die russische Raumfahrt kaum
schlechter laufen können: Nach dem Scheitern einer Versorgungsmission eines russischen Progress-Raumfrachters
Ende April, missglückte am Wochenende der Start einer Trägerrakete vom Typ
Proton. Auch das Anheben der Internationalen Raumstation ISS mit einem Progress-Raumfrachter
gelang zunächst nicht.
Die Internationale Raumstation ISS in einer
Aufnahme vom Mai 2011.
Foto: NASA [Großansicht] |
Russische Trägerraketen und Raumschiffe haben sich über Jahre hinweg vor allem
einen Ruf erarbeitet: Sie sind vielleicht nicht unbedingt modern und
basieren teils noch auf jahrzehntealter Technologie, doch dafür sind sie
äußerst zuverlässig und robust. So stellen die russischen Progress-Raumfrachter und die
Sojus-Raumschiffe seit Jahren das Rückgrat der Versorgung der
Internationalen Raumstation ISS dar.
Doch dieser Ruf hat in letzter Zeit mehr und mehr gelitten - und dies nicht
erst, seit ein Progress-Raumfrachter Ende April direkt nach dem Start ins
Trudeln geriet und eineinhalb Wochen später über dem Südpazifik abstürzte und
verglühte. Am Wochenende kamen nun zwei weitere Pannen hinzu: Beim Start einer
Proton-Rakete sorgte ein Problem mit der dritten Raketenstufe für das Scheitern
der Mission. Der mexikanische Kommunikationssatellit Mexsat 1 erreichte die
Umlaufbahn nicht.
Außerdem gelang es am Wochenende auch zunächst nicht, mithilfe eines an die ISS
angedockten Progress-Raumfrachters die Umlaufbahn der Raumstation anzuheben. In
der Höhe, in der die ISS um die Erde kreist, ist die Luft zwar bereits
außerordentlich dünn, die Reibung sorgt aber noch immer dafür, dass sich die
Höhe der Raumstation kontinuierlich reduziert. Der Orbit der ISS muss daher
regelmäßig angehoben werden, was in der Regel mithilfe von angedockten
Raumschiffen geschieht. Am Sonnabend hatten die Triebwerke der Progress auf
entsprechende Befehle von der Erde aber nicht reagiert. Inzwischen wurde das Manöver
jedoch erfolgreich abgeschlossen.
Bereits vor einem Jahr war eine Mission mit einer Proton-Trägerrakete
wegen eines Problems mit der dritten Raketenstufe gescheitert. Das für den
Betrieb der Raketen verantwortliche Unternehmen International Launch Services hatte aber
betont, dass die für das Scheitern der Mission im Mai 2014 verantwortlichen
Ursachen inzwischen behoben wurden. Nach Mai 2014 gab es bereits
wieder sechs erfolgreiche Proton-Missionen.
Für das Scheitern des Progress-Versorgungsflugs wurde bislang noch keine Ursache
gefunden. Die russische Raumfahrtagentur hat daher entschieden, die eigentlich
für die letzte Woche geplante Rückkehr von drei Besatzungsmitgliedern von der
ISS und den Start von drei neuen Crewmitgliedern Ende Mai um rund einen Monat zu
verschieben, um mehr Zeit für die Untersuchung zur Verfügung zu haben. Zwar wird
für bemannte Missionen nicht die gleiche Konfiguration verwendet, wie zum Start
der Progress-Raumfrachter, doch sollen vor dem nächsten Start zur ISS die entsprechenden
Untersuchungen abgeschlossen sein.
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