Test für Gravitationswellendetektor im All
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
7. November 2014
In 20 Jahren soll mit eLISA ein aus drei Raumsonden
bestehender Detektor für Gravitationswellen seine Arbeit aufnehmen. Im Rahmen
der Mission LISA Pathfinder wird die dafür benötigte Technik auf Herz
und Nieren geprüft. Die wissenschaftliche Nutzlast für die Sonde, die im
kommenden Herbst starten soll, ist jetzt praktisch fertiggestellt.
Die Mission LISA
Pathfinder soll Technologie für eLISA vorab
testen.
Bild: ESA
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Gravitationswellen - vom deutschen Physiker Albert Einstein bereits 1916 auf
der Grundlage seiner allgemeinen Relativitätstheorie vorausgesagt - erzählen uns
die Geschichte unseres Universums. Wegen ihrer äußerst geringen Wirkung
zweifelte Einstein allerdings daran, dass sie jemals nachweisbar wären. Bisher
ist es auch nicht gelungen, Gravitationswellen direkt zu messen. Doch hoffen
Wissenschaftler, dass dies nun bald gelingen könnte.
Eine besondere Rolle spielt dabei das europäische Weltraumobservatorium eLISA,
das aus dem All nach Gravitationswellen fahnden wird. Die Technik dafür
allerdings ist äußerst anspruchsvoll und soll zuvor im Rahmen der ESA-Mission
LISA Pathfinder getestet werden, deren Start im Herbst des kommenden
Jahres geplant ist.
Der erste von zwei Sensorköpfen für das Messsystem Inertial Sensor Head
(ISH) ist nun fertiggestellt und der zweite wird Mitte November folgen. Damit
ist die wissenschaftliche Nutzlast von LISA Pathfinder vollständig und
eine mehr als zehnjährige Entwicklungsarbeit erfolgreich abgeschlossen.
Fällt ein Stein ins Wasser, dann breiten sich von seinem Aufschlagspunkt
Schwingungen in Form von Wellen über die Wasseroberfläche aus. Ähnlich wie der
Stein auf der Wasseroberfläche erzeugen auch große Massen, die sich sehr schnell
und ungleichförmig beschleunigt im Weltall bewegen, Wellen. Sie breiten sich im
Raum aus und sollten sich als winzige Längenänderungen der Raum-Zeit bemerkbar
machen.
Mögliche Quellen dieser Gravitationswellen sind so exotische Objekte wie
Supernovae, enge Doppelsternsysteme bestehend aus Weißen Zwergen, Kollisionen
von Neutronensternen und Pulsaren, der Zusammenstoß von Schwarzen Löchern mit
einigen Sonnenmassen bis hin zu den zentralen Objekten in Galaxienkernen mit
milliardenfacher Masse der Sonne. Schließlich gehören sogar
Gravitationswellensignale aus der Zeit unmittelbar nach dem Urknall zu den
erwarteten Quellen.
Allerdings sind die messbaren Auswirkungen von Gravitationswellen extrem
gering: Eine Strecke von vier Kilometern dehnt oder staucht sich nur um die
unvorstellbar kleine Länge von einigen milliardstel eines millionstel
Millimeters - entsprechend etwa einem Tausendstel des Durchmessers eines
Kohlenstoffatomkerns. Auch die Bewegung der Planeten um unsere Sonne erzeugt
Gravitationswellen. Sie sind jedoch noch um ein Vielfaches schwächer. Als
Quellen messbarer Gravitationswellen kommen deshalb nur die energiereichsten und
heftigsten astrophysikalischen Ereignisse in Frage.
LISA Pathfinder soll nun nach seinem Start im Herbst 2015 durch die
Erprobung kritischer Technologien dazu beitragen, dass eLISA ab dem
Jahr 2034 diese Wellen aufspüren kann. Ebenfalls bereits ab 2015 werden
Gravitationswellenantennen auf der Erde, wie Advanced LIGO in den
USA und Virgo in Italien, in anderen Frequenzbereichen nach den Wellen
suchen.
Das Weltraumobservatorium eLISA wird aus drei Raumsonden bestehen,
die in Form eines gleichseitigen Dreiecks mit ungefähr zwei Millionen Kilometern
Seitenlänge angeordnet sind. Das gesamte Dreieck rotiert und wird der Erde auf
ihrer Bahn in zehn bis 25 Millionen Kilometern Abstand in einem sogenannten
Driftorbit folgen. Die einzelnen Sonden werden durch Laserstrahlen miteinander
verbunden - Präzisionsarbeit auf höchstem Niveau.
Durchläuft eine Gravitationswelle die Anordnung der Sonden, kann das
Weltraumteleskop ihre Schwingung im Frequenzbereich zwischen 0,1 MilliHertz bis
0,1 Hertz "hören". Da die Mission sehr komplex ist, muss die Technologie zuerst
im Weltraum getestet werden. Diese Aufgabe wird LISA Pathfinder
übernehmen. Die Bestandteile der wissenschaftlichen Nutzlast – des sogenannten
LISA Technology Package (LTP) – wurden als Beistellungen von mehreren
europäischen Ländern entwickelt und werden derzeit in Friedrichshafen zur
Gesamtnutzlast integriert.
Die beiden Sensorköpfe sind dabei neben einem optischen Interferometer die
zentralen Subsysteme, die nun in Mailand aus verschiedenen Komponenten
zusammengebaut und für den Einsatz mit LISA Pathfinder qualifiziert
wurden. Der zweite Sensorkopf wird Mitte November zum Einbau in die Kerneinheit
des LTP bereitstehen.
Ab April nächsten Jahres wird dann die endgültige Integration der Kerneinheit
in die LISA-Pathfinder-Sonde, das Science Modul, erfolgen. Der Start
der Mission ist schließlich für den Herbst 2015 vorgesehen, dem sich ein
einjähriger Betrieb auf einer Halobahn um den Lagrangepunkt L2 anschließen wird.
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