Testmission nimmt wichtige Hürde
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (AEI) astronews.com
11. Juni 2013
Mit der Mission LISA Pathfinder sollten
ursprünglich Technologien für LISA, einen geplanten Gravitationswellendetektor
im All, getestet werden. Die LISA-Mission wurde inzwischen gestrichen, LISA
Pathfinder aber nähert sich seiner Fertigstellung. Die Wissenschaftler
setzen nun auf eine erfolgreiche Mission ab 2015 und auf eine Realisierung des
Gravitationswellendetektors im All im nächsten Jahrzehnt.

Mit LISA
Pathfinder sollen ab 2015 Technologien für einen
Detektor für Gravitationswellen im All getestet
werden. Rechts unten das Antriebsmodul des
Satelliten.
Bild: ESA, C. Carreau |
Jede Weltraummission durchläuft vor ihrem Start ausführliche Tests, um sicherzustellen,
dass alle Elemente die immensen, beim Start wirkenden Kräfte überstehen und anschließend
ihre Aufgaben im Weltraum erfüllen können. Die Mission LISA Pathfinder
(LPF) hat auf
diesem Wege jetzt ein wichtiges Ziel erreicht: Das Herzstück der Mission, ein in Hannover
und Glasgow entwickeltes hochsensibles Präzisionsmesssystem, wird die beim
Raketenstart auftretenden Kräfte von bis zu einem 35-fachen der Erdanziehungskraft
ohne Schaden aushalten und im Weltraum präzise arbeiten können. Das haben jetzt Tests
am Institute for Gravitational Research (IGR) der Universität Glasgow ergeben.
"Unser hochentwickeltes Laserinterferometer funktioniert sehr gut und ist für seinen Einsatz im All
bereit. Wir freuen uns, dass die LPF-Mission nun auf festem Kurs für einen Start in 2015 ist," sagt
Dr. Christian Killow von der Universität Glasgow, Schottland. "LISA Pathfinder ist eine einzigartige
Mission, der Satellit ist ein Meisterstück. Einmal gestartet, können wir ihn nicht zurückholen, um
etwas zu reparieren oder zu verbessern. Wir müssen daher sicher sein, dass alle Komponenten
den Belastungen während des Starts und des Fluges standhalten und so zusammen funktionieren,
wie wir es geplant haben", erklärt Prof. Dr. Karsten Danzmann, Direktor am Max-Planck-Institut für
Gravitationsphysik und Leiter des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover.
LISA Pathfinder
ist eine Testmission der ESA, mit der im All Schlüsseltechnologien für künftige weltraumbasierte
Gravitationswellen-Observatorien geprüft werden. Für diesen Zweck wird ein Millionen Kilometer
langer Laserarm einer geplanten großen Gravitationswellen-Mission auf 40
Zentimeter verkleinert, damit er
in einen Test-Satelliten passt. Mit Hilfe des Laserarms können hochpräzise Messungen
durchgeführt werden. Er wird dazu auf einer optischen Bank erzeugt und stabilisiert.
Sie bildet das
Herzstück des Satelliten LISA Pathfinder und wurde nun erfolgreich in Glasgow getestet.
Inzwischen ist sie auf dem Weg zu Astrium Deutschland, um dort in das LISA Pathfinder-Technologiepaket integriert zu werden. Darüber hinaus wird die optische Bank bei Astrium einem
"Gesundheitscheck" unterzogen: Die Funktion der Photodioden, die den Laserstrahl in elektrische
Signale umwandeln, wird geprüft und die Laserstrahlpositionen auf den Photodioden werden
mikrometergenau nachgemessen, um sicherzustellen, dass die optische Bank beim Transport
keinen Schaden genommen hat.
Gravitationswellen sind von Albert Einstein vorhergesagte, winzige Verzerrungen der Raumzeit,
deren Existenz bislang nur indirekt nachgewiesen werden konnte. Ihre Messung erfordert eine
sehr empfindliche und hochpräzise Messtechnologie. Trotz riesiger Detektoren auf
der Erde ist es bislang nicht gelungen, Gravitationswellen nachzuweisen. Werden
sie jedoch einmal gemessen, versprechen sie einen völlig neuen "Blick" auf das
Universum.
Im Zusammenspiel mit anderen
astronomischen Methoden und den Gravitationswellenobservatorien auf der Erde
wollen die Forscher so
bisher noch unbekannte Bereiche, gewissermaßen die "dunkle Seite des Universums",
beobachten. Beispielsweise wird man verfolgen können, wie massereiche Schwarze
Löcher entstehen, wachsen und miteinander verschmelzen. Außerdem wird es möglich sein,
Aussagen der Allgemeinen Relativitätstheorie zu überprüfen und nach unbekannter Physik zu
suchen.
LISA Pathfinder ist eine Mission der ESA. Daran beteiligt sind europäische
Raumfahrtunternehmen und Forschungseinrichtungen aus Frankreich, Deutschland, Italien, den
Niederlanden, Spanien, der Schweiz und Großbritannien sowie die amerikanische
Raumfahrtbehörde NASA. Das Präzisionsmesssystem für LPF wurde unter der
Federführung und mit maßgeblicher Beteiligung des Max-Planck-Instituts für
Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, AEI) in Hannover entwickelt und
gebaut.
LISA Pathfinder hat seinen Namen von der Laser Interferometer Space
Antenna (LISA), einem von NASA und ESA gemeinsam geplanten
Gravitationswellendetektor im All. Das LISA-Projekt wurde jedoch im Frühjahr
2011 eingestellt, da die NASA nicht über ausreichend Mittel verfügte, um sich im
ursprünglich geplanten Umfang an der Mission zu beteiligen.
Das LISA-Team gab jedoch nicht auf und entwickelte die evolved Laser
Interferometer Space Antenna, kurz eLISA, die auch als rein europäische
Mission zu realisieren gewesen wäre. Dieses auch als New Gravitational Wave
Observatory (NGO) bekannte Projekt schaffte es dann auch in die letzte
Auswahlrunde für die nächste große ESA-Wissenschaftsmission, musste sich aber im
vergangenen Jahr der Mission JUICE geschlagen geben, die die Jupitermonde
untersuchen soll (astronews.com berichtete).
Inzwischen hofft das Team auf die darauffolgende große ESA-Mission, die im Jahr
2028 starten soll. Auf einer eigens dafür eingerichteten Webseite werben die
Forscher für ihr Projekt und konnten schon zahlreiche renommierte
Wissenschaftler als Unterstützer gewinnen, darunter Stephen Hawking oder
Nobelpreisträger George Smoot. Eine erfolgreiche Mission von LISA Pathfinder
ist daher für die "Wiedergeburt" von LISA von entscheidender Bedeutung.
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