Eine Galaxie mit turbulenter Vergangenheit
von Stefan Deiters astronews.com
2. April 2014
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute eine neue
Aufnahme von zwei Galaxien veröffentlicht, die trotz ihrer relativen Nähe eine
sehr unterschiedliche Vergangenheit gehabt haben dürften: Während die
Spiralgalaxie NGC 1317 vermutlich ein relativ ereignisarmes Leben hatte, war ihr
größerer Nachbar NGC 1316 wohl in zahlreiche Kollisionen verwickelt.

Die Galaxie NGC
1316 und ihr kleinerer Nachbar NGC 1317.
Bild: ESO [Großansicht] |
Manche Galaxien haben, obwohl sie sich in relativer Nähe zueinander befinden,
eine sehr unterschiedliche Geschichte. Das gilt auch für die beiden Systeme NGC
1316 und NGC 1317, die auf einer heute von der europäischen Südsternwarte ESO
veröffentlichten Aufnahme zu sehen sind. Während die kleinere Spiralgalaxie
vermutlich ein recht ereignisarmes Leben geführt hat, dürfte ihr deutlich
größerer Nachbar bereits in zahlreiche Kollisionen verwickelt gewesen sein.
Auf die turbulente Vergangenheit von NGC 1316 deuten verschiedene
Indizien hin, beispielsweise die ungewöhnlichen dunklen Staubschwaden, die sich
im Zentralbereich der riesigen Ansammlung von Sternen deutlich abzeichnen oder
aber eine Gruppe von überraschend kleinen Kugelsternhaufen. Dies lässt vermuten,
dass NGC 1316 vor rund drei Milliarden Jahren bereits eine staubreiche
Spiralgalaxie verschluckt hat.
Ein weiterer Hinweis auf Wechselwirkungen zwischen NGC 1316 und anderen
Galaxien sind die vergleichsweise leuchtschwachen Gezeitenarme, die von dem
System ins All ausgehen. Es handelt sich dabei um Sterne, die aus ihrem
ursprüngliche Orbit gerissen wurden, als eine andere Galaxie ihrer Heimatgalaxie
zu nahe gekommen ist. Sie sind ein typisches Phänomen bei wechselwirkenden
Galaxien.
Die Astronomen vermuten daher, dass NGC 1316 in der Vergangenheit bereits in
zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Galaxien verwickelt war und dabei
vermutlich auch einige dieser Galaxien vollständig verschlungen hat. Die Galaxie
liegt rund 60 Millionen Lichtjahre entfernt im Sternbild Chemischer Ofen
(lateinischer Name: Fornax). Da es sich um die hellste Radioquelle in diesem
Sternbild handelt, wird die Galaxie auch als Fornax A bezeichnet.
Die intensive Radioemission der Galaxie stammt aus dem Zentrum von NGC 1316.
Sie entsteht durch Material, das gerade dabei ist, in ein supermassereiches
Schwarzes Loch zu stürzen. Dabei dürften auch die Wechselwirkungen mit anderen
Galaxien in der Vergangenheit zusätzliches "Futter" für das zentrale Schwarze
Loch geliefert haben.
Auf der Aufnahme sind zudem noch zahlreiche weiter entfernte Galaxien zu
sehen: Bei den meisten leicht verschwommenen Punkten auf dem Bild handelt es
sich um Galaxien. Eine besonders eindrucksvolle Ansammlung davon befindet sich
beispielsweise links von NGC 1316.
Das Bild wurde aus mehreren Archivaufnahmen zusammengestellt. Die Daten
stammen vom Wide Field Imager, der an das 2,2-Meter-MPG/ESO-Teleskop
der europäischen Südsternwarte ESO in La Silla montiert ist.
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