Eine der jüngsten Galaxien im Universum
von Stefan Deiters astronews.com
10. Februar 2014
Im Rahmen des neuen umfangreichen Beobachtungsprogramms
Frontier Fields, bei dem mehrere Weltraumteleskope gewaltige
Galaxienhaufen unter die Lupe nehmen, ist Astronomen jetzt ein erster
spektakulärer Fund gelungen: Sie spürten mit Abell2744_Y1 eine der am weitesten
entfernten Galaxien auf. Es gab sie schon, als das Universum gerade 650
Millionen Jahre alt war.
Der
Galaxienhaufen Abell 2744 und die Galaxie
Abell2744_Y1.
Bild: NASA /ESA / STScI / IAC [Großansicht] |
Insgesamt sechs gewaltige Galaxienhaufen wollen Astronomen im Rahmen des
kürzlich gestarteten Beobachtungsprogramms "The Frontier Fields" mit den
Weltraumteleskopen Hubble, Spitzer und Chandra in
verschiedenen Wellenlängenbereichen genauer unter die Lupe nehmen. Einer dieser
Galaxienhaufen ist Abell 2744, von dem im vergangenen Monat bereits ein neues
Bild des Weltraumteleskops Hubble veröffentlicht wurde (astronews.com
berichtete).
Jetzt hat ein internationales Astronomenteam unter Leitung von
Wissenschaftlern des Instituto de Astrofísica de Canarias (IAC) und der
Universität von La Laguna auf Teneriffa in Abell 2744 eine erste Entdeckung
gemacht: Der Fund einer der entferntesten bislang aufgespürten Galaxien würde,
so die Forscher, beweisen, welches Potential diese Himmelsdurchmusterung für die
Erforschung der Anfangsjahre des Universums habe.
Die jetzt aufgespürte Galaxie hat die Bezeichnung Abell2744_Y1 erhalten und
dürfte rund 30-mal kleiner sein als unsere Milchstraße. Verglichen mit unserer
Heimatgalaxie entsteht in dem System jedoch mindestens die 10-fache Menge an
Sternen. Aufgrund ihrer Entfernung beobachten wir Abell2744_Y1 in einem Zustand,
den die Galaxie rund 650 Millionen Jahre nach dem Urknall hatte. Das Licht der
Galaxie benötigte rund 13 Milliarden Jahre, um die Erde zu erreichen.
Beobachtungen von so kleinen Galaxien in sehr großer Entfernung sind
auch für leistungsstarke Teleskope wie Hubble ohne Hilfe kaum möglich.
Deshalb konzentrieren sich die Astronomen auch auf die Untersuchung von
Galaxienhaufen. Sie wollen sich so ein als
Gravitationslinseneffekt bekanntes Phänomen zunutze machen: Durch massereiche
Objekte wird das Licht entfernterer, direkt dahinter liegender Systeme
so abgelenkt, dass es nicht nur auf typische Weise verzerrt, sondern auch verstärkt wird. Auf
diese Weise lassen sich Galaxien untersuchen, die ohne diesen Effekt nicht zu beobachten wären.
"Wir erwarten, dass wir weit entfernte Galaxien vor allem in der Nähe der
Haufenzentren finden, wo die Lichtverstärkung am größten ist", erläutert Nicolas
Laporte vom IAC. "Diese Galaxie liegt allerdings fast am Rand der Hubble-Aufnahme,
wo das Licht nicht so deutlich verstärkt wird. Wir hatten daher sehr viel Glück,
dass wir sie in diesem Bereich entdeckt haben. In einer anderen Untersuchung
wurden zudem weitere Galaxienfunde analysiert, doch keiner davon ist so weit
entfernt wie Abell2744_Y1"
Schon bei diesem Fund zeigte sich, wie wichtig die Zusammenarbeit mehrerer
Teleskope ist, um ein Objekt in verschiedenen Wellenlängenbereichen zu
untersuchen. So haben Daten des Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer den
Forschern einiges über die Eigenschaften des fernen Systems verraten und auch
die Entfernung von Abell2744_Y1 ließ sich zusammen mit den Hubble-Daten
gut abschätzen. "Die Daten deuten auch darauf hin, dass Abell2744_Y1 nicht nur
Sterne enthält, sondern auch eine große Menge an Gas", so Alina Streblyanska vom
IAC.
Über ihre Entdeckung berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics Letters erscheinen wird.
|