Kommunikationsnetz im Erdorbit
Redaktion
/ Pressemitteilung der TU Berlin astronews.com
18. Oktober 2012
Wissenschaftler der TU Berlin wollen mithilfe mehrerer
Kleinsatelliten ein Kommunikationsnetzwerk im Erdorbit aufbauen. Das Projekt
gilt als Test dafür, ob beispielsweise Erdbeobachtungssatelliten in Zukunft
bestimmte Daten schon im Orbit verarbeiten und diese dann in kürzester Zeit von
Satellit zu Satellit zu einer geeigneten Bodenstation übermitteln könnten.

Die TU Berlin verfügt durch ihren Picosatelliten BEESAT
schon über Erfahrung mit Kleinsatelliten.
Bild: TU Berlin |
In der bisher üblichen Satellitenkommunikation in niedrigeren Erdorbits
werden anfallende Rohdaten bei einem Überflug über Bodenstationen mit einer
Verzögerung von mehreren Stunden zur Erde gesendet, dort verarbeitet, archiviert
und verteilt. Die Auslieferung von Datenprodukten dauert meist ein bis mehrere
Tage. Für bestimmte Fragen der Frühwarnung und der Katastrophenüberwachung wäre
jedoch eine schnellere Bereitstellung des Datenmaterials wünschenswert. Dies
würde sich beispielsweise mit der Sofortverarbeitung der Daten im Orbit und der
Kommunikation von Satellit zu Satellit bis zur nächsten Bodenstation erreichen
lassen.
Der für ein solches Vorhaben wichtige Aspekt der Kommunikation in einem
Satellitennetzwerk soll nun in einem neuen Forschungsvorhaben der
Technischen Universität Berlin (TU Berlin) ergründet und im
Weltraum getestet werden. Im Rahmen des Projektes S-Net (S-Band Netzwerk für
kooperierende Satelliten) wollen Wissenschaftler ein bisher weltweit einmaliges
Netzwerk aus mehreren Nanosatelliten aufbauen und deren technische
Leistungsfähigkeit demonstrieren.
Ein solches Weltraumnetzwerk aus Nanosatelliten kann durch den gezielten
Austausch von Informationen untereinander eine höhere örtliche und zeitliche
Abdeckung der Erdoberfläche erzielen als größere Einzelsatelliten. Zusätzlich
kann der eventuelle Ausfall eines einzelnen Satelliten innerhalb eines autonomen
Netzwerks besser verkraftet werden.
Im Detail sollen insgesamt vier Nanosatelliten (also Satelliten mit einer
Startmasse von weniger als 15 Kilogramm) mit je einem an der TU Berlin neu
entwickelten netzwerkfähigen Funkgerät (Projektname: Slink)
ausgestattet werden. Dieses Funkgerät kommuniziert im S-Band Frequenzbereich
(von 2000 bis 2300 MHz) und erlaubt dem Satelliten nicht nur die Kommunikation
der einzelnen Teilnehmer mit der Bodenstation, sondern auch den Datenaustausch
zwischen den einzelnen Nanosatelliten.
Dabei ist geplant, moderne Übertragungsverfahren wie DQPSK und Turbo Code
einzusetzen, um eine hohe Datenrate bei möglichst geringem
Energieverbrauch zu erzielen. So sollte eine Datenrate von bis zu 100 Kilobit
pro Sekunde zwischen zwei Satelliten möglich sein. Darüber hinaus erlaubt das
Funkgerät auch eine beidseitige Kommunikation mit einer Bodenstation mit einer
Datenrate von 1 Megabit pro Sekunde. Das ist für Kleinsatellitenkommunikation
Weltspitze.
Durch die Erprobung und Demonstration eines Intersatelliten-Netzwerkes anhand
entsprechender Funktechnologien und Kommunikationsprotokolle soll der
wissenschaftliche und technische Grundstein für zukünftige autonome
Multisatelliten-Missionen gelegt werden. In Zukunft könnte ein flächendeckendes
Netzwerk aus Nanosatelliten die Erde umkreisen und zur Erdbeobachtung (zum
Beispiel von maritimen Systemen), für die Katastrophenüberwachung oder als
Frühwarnsystem eingesetzt werden. Die gesammelten Daten könnten über das
kosteneffiziente, aber dennoch flexible autonome Netz zeitoptimal zum Nutzer
gesendet werden.
Das Forschungsvorhaben wird über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren vom
Deutschen Institut für Luft- und Raumfahrt mit einer Beteiligungssumme von 3,3
Millionen Euro gefördert. Das Projekt wird die Richtlinie zur Vermeidung von
Weltraummüll berücksichtigen. Die Entsorgung der Satelliten aus dem Erdorbit
nach Missionsbetrieb erfolgt durch die passive Absenkung der Orbithöhe. Beim
Eintritt in die Erdatmosphäre verglühen die Satelliten aufgrund der hohen
Reibungstemperatur, so dass kein Weltraummüll im Orbit hinterlassen wird.
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