Krater verrät wechselhafte Klimageschichte
von Stefan Deiters astronews.com
8. Juni 2012
Neue von der ESA veröffentlichte Aufnahmen der Marssonde
Mars Express zeigen die Krater Danielson und Kalocsa in der Region Arabia
Terra des roten Planeten. In einem der beiden Krater finden sich Indizien für
eine sehr wechselhafte Klimageschichte des Mars. Grund dafür könnten periodische
Verschiebungen der Rotationsachse des Planeten sein.
Der Blick auf die Region Arabia Terra und die
Krater Danielson und Kalocsa.
Bild: ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum)
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Die gestern von der europäischen Weltraumagentur ESA veröffentlichten Bilder der
Marssonde Mars Express basieren auf Daten, die vor rund einem Jahr, am
19. Juni 2011, aus dem Marsorbit mit der vom Deutschen Zentrum für Luft- und
Raumfahrt (DLR) entwickelten High Resolution Stereo Camera (HRSC)
gewonnen wurden. Sie zeigen die Region Arabia Terra, die zwischen dem südlichen
Marshochland und der Tiefebene auf der nördlichen Hemisphäre des Planeten liegt.
Das Bild wird dominiert von zwei Einschlagkratern - dem Danielson- und dem
Kalocsa-Krater.
Der Danielson-Krater ist mit einem Durchmesser von rund 60 Kilometern am rechten
und damit nördlichen Rand des Bildes zu sehen. Er wurde nach George E. Danielson
benannt, der für die Entwicklung zahlreicher Kamerasysteme verantwortlich
zeichnete, mit deren Hilfe der Mars untersucht wurde. Der kleinere
Kalocsa-Krater hat einen Durchmesser von nur rund 33 Kilometern, ist deutlich
flacher und wurde nach der süd-ungarischen Kleinstadt gleichen Namens (im
Deutschen Kollotschau) benannt, in der es ein bekanntes Observatorium gibt.
Wie in vielen Kratern der Region finden sich auch auf dem Boden des
Danielson-Kraters geschichtete Sedimentablagerungen, die hier allerdings durch
Erosion teilweise wieder abgetragen wurden. Auf diese Weise sind im Krater
eigentümliche, fast stromlinienförmige Erhebungen entstanden, die als Yardangs
bezeichnet werden. Sie wurden durch Wind- und Sanderosion praktisch aus den
Ablagerungen gefräst. Yardangs kennt man auch aus zahlreichen Wüstenregionen der
Erde.
Die Wissenschaftler vermuten, dass die Sedimente im Danielson-Krater zunächst
durch Wind in den Krater geblasen wurden, dort aber mit Wasser - möglicherweise
aus einem urzeitlichen Grundwasserreservoir im Untergrund - in Berührung kamen
und sich so verfestigten. Später wurden sie dann wieder vom Wind abgetragen,
wobei besonders robuste Bereiche als Yardangs überlebten.
Aus der Ausrichtung dieser Erhebungen lässt sich auch etwas über die damals
vorherrschende Windrichtung ableiten. Es dürfte sich um einen starken nord- bis
nordöstlichen Wind gehandelt haben, er kam also aus Richtung des unteren rechten
Bildbereichs. Die Yardangs durchschneidet ein rund 30 Kilometer langes dunkles
Dünenfeld, das vermutlich in einer späteren Epoche entstanden ist.
Die verschiedenen Sedimentschichten auf dem Boden des Danielson-Kraters, die
alle ungefähr die gleiche Dicke habe, könnten nach Ansicht der Forscher ein
Hinweis auf häufigere Klimaschwankungen in der Marsgeschichte sein. Ausgelöst
wurden diese eventuell durch periodische Verschiebungen der Rotationsachse des
Planeten. Die einzelnen Sedimentschichten könnten sich dann zu unterschiedlichen
Epochen abgelagert haben.
Im Gegensatz zum Danielson-Krater sieht der Kalocsa-Krater fast langweilig aus:
Hier finden sich keine geschichteten Sedimentablagerungen. Ein Grund dafür
könnte sein, dass der Krater nicht tief genug war, um das vermutete urzeitliche
Grundwasserreservoir zu erreichen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass der Krater
deutlich jünger ist und so in einer Epoche entstand, in der es schon kein Wasser
mehr auf der Marsoberfläche gab.
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