Mysteriöse Staubstürme auf dem Mars
von Stefan Deiters astronews.com
12. Dezember 2007
Im Sommer beschäftigte das Wetter auf dem Mars auch
zahlreiche Menschen auf der Erde: Ein gewaltiger Staubsturm hatte nämlich den
gesamten Roten Planeten eingehüllt und behinderte die Energieversorgung der
beiden Marsrover der NASA. Messungen der europäischen Sonde Mars Express
könnten nun helfen, mehr über dieses Phänomen zu erfahren, was auch für
potentielle Marsbesucher nicht unwichtig sein dürfte.

So stellt sich
ein Künstler einen Staubsturm auf dem Mars vor.
Bild:
ESA / C. Carreau |
Viele Fans der beiden NASA-Marsrover Spirit und
Opportunity werden sich sicher noch erinnern: Im Sommer wütete ein
gewaltiger Staubsturm auf dem Roten Planeten, der den gesamten Mars einhüllte
und die Mission der beiden Marsrover erheblich behinderte und sogar gefährdete
(astronews.com berichtete wiederholt). Der Marsrover Opportunity
verschob wegen des Sturms den eigentlich für Anfang Juli geplanten Abstieg in
den
Victoria-Krater um mehrere Monate und wurde zeitweise sogar in einen extremen
Energiesparmodus versetzt. Zum einen erreichte kaum noch Sonnenlicht die
Marsoberfläche, zum anderen hatte sich auf den Solarzellen des Rovers eine
dichte Staubschicht niedergeschlagen.
Aus dem sicheren Orbit verfolgte die europäische Marssonde Mars Express
die Ereignisse auf dem Roten Planeten: Der Staubsturm sorgte dafür, dass
sich die Temperatur in der Atmosphäre des Mars zeitweilig um 20 bis 30 Grad
Celsius erhöhte, die Oberflächentemperatur aber gleichzeitig zurückging. Der
Staubsturm begann Ende Juni dieses Jahres und hatte einen halben Monat später
den gesamten Planeten eingehüllt. Zu solchen globalen Stürmen kommt es immer
wieder auf dem Mars. Die Messungen der Instrumente an Bord von Mars Express könnten nun dazu beitragen, mehr über dieses Phänomen zu erfahren.
"Wenn die Atmosphäre voller Staub ist, erreicht nur noch etwa 20 Prozent der
Strahlung der Sonne die Oberfläche des Planeten", erläutert Vittorio Formisano
vom Instituto Fisica Spazio Interplanetario in Rom, der für das
Planetary Fourier Spectrometer an Bord von Mars Express
verantwortlich ist. Der Staub absorbiert die Strahlung der Sonne, was direkt die
Atmosphäre aufheizt, die sich dadurch ausdehnt. Formisano schätzt die
diesjährige Ausdehnung auf etwa 20 Kilometer, hofft aber durch weitere
Auswertung der Spektrometer-Daten noch einen genaueren Wert bestimmen zu können.
Die Staubstürme auf dem Mars stellen Wissenschaftler immer noch vor Rätsel:
Sie beginnen offenbar im Sommer auf der Südhalbkugel des Planeten. Dieser ist
heißer als der Sommer auf der Nordhalbkugel, weil der Mars während des südlichen
Sommers der Sonne deutlich näher ist als während des nördlichen Sommers. Im
Vergleich zur Erdbahn weicht die Bahn des Mars deutlicher von der Kreisform ab.
Das Hellas-Becken spielt bei der Entstehung der Stürme offenbar eine wichtige
Rolle: In dessen Nähe scheinen die Staubstürme jeweils zu beginnen. Das
Hellas-Becken ist ein neun Kilometer tiefer und 2.300 Kilometer durchmessender
Einschlagkrater. Es ist so groß, dass es die Zirkulation in der Atmosphäre
stört. "Wie aber der Staub in die gesamte Atmosphäre gelangt, ist immer noch ein
komplettes Rätsel", gibt Formisano zu.
Um die Sache noch komplizierter zu machen, scheinen die Staubstürme auch die
Polarregionen des Roten Planeten zu erreichen, die eigentlich atmosphärisch
relativ abgeschlossene Regionen sein sollten, in die warme Luft aus der
Äquatorregion nicht so ohne weiteres eindringen kann. Der Staub kommt aber
überall hin und bleibt viele Monate, kleinste Teilchen sogar jahrelang, in der
Atmosphäre. Auch eine andere Frage beschäftigt die Wissenschaftler: Warum kommt
es nicht in jedem Marsjahr zu einem solchen Staubsturm, sondern nur in manchen
Jahren?
Für künftige Missionen zum Mars, seien sie bemannt oder unbemannt, ist die
weitere Erforschung der Staubstürme nicht unwichtig: Alle Missionen dürften, wie
die Marsrover, auf Energie aus Solarzellen angewiesen sein und damit auf
eine möglichst klare Atmosphäre. Während man Rover und Lander eventuell noch in
eine Art Winterschlaf schicken kann, um den Sturm abzuwettern, dürfte dies
spätestens bei einer bemannten Marsmission nicht mehr möglich sein.
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