Dunkle Energie im jungen Universum
von Stefan
Deiters
astronews.com
17. November 2006
Dunkle Energie, jener geheimnisvolle Bestandteil des
Universums, durch den die Ausdehnung des Weltalls beschleunigt wird, gab es auch
schon im jungen Universum. Darauf deuten jedenfalls neue Beobachtungen des Weltraumteleskops Hubble
hin. Die Dunkle Energie scheint damit mehr der von Einstein postulierten
kosmologischen Konstante zu ähneln, als viele Wissenschaftler bislang glaubten.
Entfernte Galaxien, in denen Hubble eine
Supernova-Explosion entdeckte. Die Supernova ist
jeweils als kleiner Punkt auf den oberen Bildern
zu sehen. Bild:
NASA, ESA und A. Riess (STScI) [Großansicht
und weitere Supernova-Bilder]
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Das Weltraumteleskop Hubble konnte jetzt nachweisen, dass schon vor neun
Milliarden Jahren die Dunkle Energie in etwa dieselbe Stärke besaß wie heute.
Diese Daten stimmen gut mit der von Albert Einstein postulierten Kosmologischen
Konstante überein. Seine Annahme hatte Einstein allerdings unter gänzlich
anderen Voraussetzungen gemacht: Zu seiner Zeit hielt man das Universum für
statisch, die Expansion war noch nicht entdeckt. So benötigte Einstein diese
Konstante, um den anziehenden Gravitationskräften etwas entgegenzusetzen und
sein Universum vor einem Kollaps zu bewahren. Später, nach Entdeckung der
Expansion des Weltalls, nannte er diese Kosmologische Konstante seine größte
Eselei. Mit der Entdeckung der beschleunigten Ausdehnung des Weltalls 1998
erinnerte man sich aber erneut an Einsteins Konstante und diskutiert nun die
Frage, ob diese für die beschleunigte Expansion verantwortliche "Dunkle Energie" tatsächlich in der Geschichte des Universums
konstant gewesen ist oder ob sich ihre Stärke verändert hat. Nach den neuen
Hubble-Daten scheint sie zumindest in den vergangenen neun Milliarden Jahren die
gleiche Stärke gehabt zu haben. Es könnte somit möglich sein, zumindest einige
Theorien über die Natur der Dunklen Energie, nämlich die, die eine sich zeitlich verändernde
Stärke voraussagen, auszuschließen.
Messungen über die Expansion des Universums basieren auf der Beobachtung
einer bestimmten Art von Supernova-Explosionen, von denen man annimmt, dass sie
alle eine bestimmte maximale Helligkeit haben. Dabei muss man natürlich
voraussetzen, dass die Explosionen in früheren Zeiten den heutigen recht ähnlich
sind. Zum Glück konnte Hubble auch hier beruhigen. Die Wissenschaftler
stellten fest, dass Supernova-Explosionen in neun Milliarden Lichtjahren
Entfernung den uns näher gelegenen Supernovae tatsächlich verblüffend ähnlich
sind.
"Dunkle Energie macht über 70 Prozent der Energie des Universums aus und
trotzdem wissen wir so gut wie gar nichts über sie", erläutert Adam Riess vom
Space Telescope Science Institute die neuen Beobachtungen. "Jeder Hinweis
ist deswegen wichtig. Unser letztes Puzzlestück in dem Rätsel besagt, dass die
Dunkle Energie schon vor neun Milliarden Jahren vorhanden war, zwar schwach,
aber deutlich zu spüren."
Um die Daten zu gewinnen, musste Hubble in einer Entfernung von neun
Milliarden Lichtjahren nach Supernova-Explosionen suchen. Diese sind so
leuchtschwach, dass diese Aufgabe selbst mit den größten erdgebundenen
Teleskopen nicht zu schaffen gewesen wäre. Die neuen Daten, die auf der
Beobachtung von insgesamt 24 entfernten Supernovae beruhen, zeigen nun, dass die
Dunkle Energie schon im jungen Universum eine Rolle spielte.
Frühere Hubble-Daten hatten gezeigt, dass das frühe Universum von
Materie dominiert war, deren Anziehungskraft die Expansion des Universums
verlangsamte. Vor fünf bis sechs Milliarden Jahren änderte sich das Bild aber:
Die Rate, mit der sich das Universum ausdehnte, wurde größer. Zu diesem Zeitpunkt,
so die Wissenschaftler, wurde die abstoßende Wirkung der Dunklen Energie größer,
als die anziehende Wirkung der Materie.
Riess, der schon an der Entdeckung 1998 beteiligt war, ist gerade zusammen
mit Kollegen dabei, weitere Hubble-Beobachtungen durchzuführen. Von diesen Daten
erhoffen sich die Wissenschaftler weitere Hinweise auf die Natur der Dunklen
Energie.
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