Erste Bilder der Lungen der Erde überzeugen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. astronews.com
27. Juni 2025
Nach einem reibungslosen Start in die Commissioning-Phase
des ESA-Erdbeobachtungssatelliten BIOMASS erzeugte das BIOMASS-Team des DLR nun
das erste Radarbild – ein Meilenstein, ist es doch das erste fokussierte
SAR-Bild im P-Band, das jemals aus dem Weltraum aufgenommen wurde. Die
vorläufige Datenanalyse zeigt eine herausragende Qualität.

BIOMASS-Radaraufnahme von Tarakan an der
Nordostküste von Borneo in Nordkalimantan,
Indonesien. Im polarimetrischen Bild erscheinen
Wasser und unbewachsene Felder in Blautönen,
während der Wald in Rottönen erscheint, was auf
eine starke Wechselwirkung zwischen Boden und
Baumstamm deutet. Die überfluteten Wälder haben
aufgrund der verstärkten
Wasser-Baumstamm-Interaktion einen besonders
intensiven Rotton. Bild: ESA [Großansicht] |
Die Start- und Frühbetriebsphase (Launch and Early Orbit Phase, kurz LEOP
genannt), in der der Satellit in seine Umlaufbahn gebracht und seine Systeme
aktiviert und getestet wurden, endete mit dem spektakulären Entfalten der zwölf
Meter großen Reflektor-Antenne. Direkt im Anschluss begann – nahezu zwei Wochen
früher als geplant – die Inbetriebnahmephase, In-Orbit Commissioning (IOC). Das
SAR-Instrument (SAR steht für Synthetic Aperture Radar) wurde am 21.
Mai 2025 erstmals eingeschaltet. Die erste Radaraufnahme erfolgte bereits am
nächsten Morgen. Noch am selben Tag wurden die ersten Datensätze zur Erde
übertragen und erschienen wenige Stunden später auf den Servern des
ESA-Bodenstationssegments am European Space Research Institute (ESRIN)
bei Rom. Um 16:20 Uhr wurde schließlich von den DLR-Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern des DLR-Instituts für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme in
Oberpfaffenhofen das erste fokussierte Radarbild erzeugt.
Ziel der Inbetriebnahmephase ist es, sowohl das Instrument als auch die
gesamte Prozesskette der Datenerfassung und -verarbeitung zu kalibrieren, zu
charakterisieren und zu verifizieren. Aufgrund der hochinnovativen Auslegung der
BIOMASS-Mission ist die Planung und Durchführung dieser Phase komplexer als bei
konventionellen SAR-Systemen. Sie ist auf eine Dauer von etwa sechs Monaten
angesetzt. Gestartet war der Satellit der insgesamt siebten
Earth-Explorer-Mission der ESA am 29. April 2025 vom Weltraumbahnhof in
Französisch-Guayana. BIOMASS ist nicht nur die erste weltraumgestützte Mission
im P-Band, sondern auch die erste vollständig polarimetrische ESA-Mission sowie
die erste mit einem systematischen Multi-Winkel-Aufnahmekonzept. Entsprechend
mussten im Verlauf der Entwicklung – von der ersten Missionsidee bis zur
Startbereitschaft – zahlreiche wissenschaftliche und technologische
Herausforderungen gemeistert werden.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt war von Anfang an maßgeblich an
der Mission BIOMASS beteiligt. Über sämtliche Missionsphasen hinweg unterstützte
das DLR die ESA unter anderem mit der Entwicklung zentraler Algorithmen zur
Kalibrierung, zur Korrektur ionosphärischer Effekte sowie zur Erfassung von
Wald-Biomasse mittels polarimetrischer SAR-Interferometrie und Tomographie.
Damit leistet das DLR von Beginn an wichtige Beiträge zur Überwindung der
komplexen Herausforderungen der Mission. Während der Inbetriebnahmephase des
Satelliten übernimmt das DLR eine Schlüsselrolle, insbesondere im Bereich der
Systemcharakterisierung, der polarimetrischen und ionosphärischen Kalibrierung
sowie der Leistungsüberprüfung.
Neben den Kalibrierungs- und Validierungsaufgaben werden bereits jetzt
verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt. Dazu gehört unter
anderem die Charakterisierung der Erdatmosphäre – insbesondere der Ionosphäre –
während der aufsteigenden (6:00 Uhr Ortszeit) und absteigenden (18:00 Uhr
Ortszeit) BIOMASS-Orbits. Hierfür werden besonders lange SAR-Aufnahmen gemacht,
die sich über eine Entfernung von bis zu 12.000 Kilometern erstrecken und sehr
unterschiedliche Bereiche der Ionosphäre abdecken. Eine weitere zentrale Aufgabe
ist die Analyse der zeitlichen Stabilität der Radar-Wechselwirkung im Wald im
P-Band – ein entscheidender Aspekt für die spätere Kombination mehrerer
Beobachtungswinkel zur Erstellung erster tomographischer 3D-Waldabbildungen.
Im Verlauf der Inbetriebnahme werden der Satellit, das SAR-Instrument sowie
die komplette Datenverarbeitungs- und -übertragungskette schrittweise auf volle
Einsatzfähigkeit gebracht. Bis zum Ende der IOC-Phase im November 2025 wird
BIOMASS in seine operationelle Umlaufbahn übergehen und mit der regulären
Datenerfassung beginnen. Die Mission wird dann der internationalen
Erdbeobachtungsgemeinschaft umfassende Daten bereitstellen, die zur Erfassung
räumlicher Muster von Biomasse und Waldhöhen, zur Überwachung von Veränderungen
über die Zeit und zur erstmaligen dreidimensionalen Rekonstruktion von
Waldstrukturen beitragen – und somit die Missionsziele verwirklichen.
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