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BETELGEUSE
Riesenstern im Orion erholt sich langsam
Redaktion / Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam
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12. August 2022

2019 faszinierte die plötzliche Lichtschwäche des Riesensterns Betelgeuse Fachwelt und Amateurastronomie. Manche befürchteten gar, dass eine Explosion des Sterns unmittelbar bevorsteht. Dies ist aber offenbar nicht der Fall, wie neue Beobachtungen jetzt bestätigten. Das Ereignis, das zur Verdunkelung des Sterns führte, hat Betelgeuse aber nachhaltig beeinflusst.

Betelgeuse

Die Veränderungen in der Helligkeit von Betelgeuse nach dem gigantischen Massenauswurf eines großen Teils seiner sichtbaren Oberfläche (rot). Das entweichende Material kühlte ab und bildete eine Staubwolke, die den Stern von der Erde aus gesehen vorübergehend dunkler erscheinen ließ. Dieser beispiellose stellare Auswurf unterbrach die 400 Tage dauernde Schwingungsperiode des Riesensterns, die seit mehr als 200 Jahren gemessen wurde. In blau der sich daraus ergebende theoretische Helligkeitsverlauf. Bild: NASA, ESA, Elizabeth Wheatley (STScI)  [Großansicht]

Der Stern Betelgeuse erscheint als leuchtender, rubinroter, funkelnder Lichtpunkt in der oberen rechten Schulter des Sternbilds Orion. Der alternde Stern wird als Überriese eingestuft, weil er auf einen erstaunlichen Durchmesser von mehr als eine Milliarde Kilometer angeschwollen ist. Würde er sich im Zentrum unseres Sonnensystems befinden, würde er bis zur Umlaufbahn des Jupiters reichen.

Nach Auswertung der Daten des Weltraumteleskops Hubble, der robotischen STELLA-Teleskope des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) auf Teneriffa und von mehreren anderen Observatorien sind Forschende zu dem Schluss gekommen, dass Betelgeuse 2019 im wahrsten Sinne des Wortes aus allen Nähten platzte, einen großen Teil seiner sichtbaren Oberfläche verlor und einen gigantischen Oberflächenmassenauswurf (SME) verursachte. Unsere Sonne stößt routinemäßig Teile ihrer dünnen äußeren Atmosphäre, der Korona, aus, was als koronaler Massenauswurf (CME) bekannt ist. Der Betelgeuse-Massenauswurf hat jedoch 400 Milliarden Mal so viel Masse ausgestoßen wie ein typischer CME.

Der erste Hinweis darauf war, dass sich der Stern Ende 2019 auf mysteriöse Weise verdunkelte (astronews.com berichtete wiederholt). Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwarfen ein Szenario für die Umwälzung: Der gigantische Ausbruch wurde möglicherweise durch eine konvektive Wolke mit einem Durchmesser von mehr als einer Million Kilometern verursacht, die aus dem Inneren des Sterns aufstieg. Sie erzeugte Stoßwellen und Pulsationen, die ein Stück der Photosphäre absprengten und den Stern mit einer großen kühlen Oberfläche unter der Staubwolke zurückließen, die durch das abkühlende Stück der Photosphäre entstanden war.

Das zerbrochene Stück der Photosphäre, so schwer wie mehrere Erdmonde, flog ins All und kühlte ab, so dass sich eine Staubwolke bildete, die das Licht des Sterns aus Sicht der Erde blockierte. Die Verdunkelung, die Ende 2019 begann und einige Monate andauerte, war selbst für Hobby-Beobachterinnen und -Beobachter leicht zu erkennen, da Betelgeuse einer der hellsten Sterne am Himmel ist. Und der Stern erholt sich langsam; die Photosphäre baut sich wieder auf. Das Innere hallt wie eine Glocke, die mit einem Vorschlaghammer geschlagen wurde, und stört den normalen Zyklus des Sterns: Die 400-tägige Pulsationsrate des Überriesen ist nun verschwunden, womöglich zumindest vorübergehend.

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Fast 200 Jahre lang haben Astronominnen und Astronomen diesen Rhythmus gemessen, der sich in den Helligkeitsschwankungen und Oberflächenbewegungen von Betelgeuse zeigte. Das AIP-Team beobachtet Betelgeuse mit dem STELLA-Teleskop nun schon seit mehr als einem Jahrzehnt jede Nacht. "Eine solche Beobachtung ist nur möglich, weil das STELLA-Teleskop robotisch gesteuert ist und nach wie vor eine einzigartige Anlage darstellt", betont der Leiter des AIP-Teams und Direktor des Forschungsbereichs Kosmische Magnetfelder, Prof. Dr. Klaus Strassmeier.

"Durch die Messung der Radialgeschwindigkeit von Betelgeuse, also der Geschwindigkeit, mit der sich die Photosphäre auf uns zu oder von uns weg bewegt, konnte das AIP-Team zeigen, dass das Pulsieren des Sterns langsam an Amplitude gewinnt, bis sich genügend kinetische Energie aufgebaut hat und die äußere Schicht von Betelgeuse ausgestoßen werden konnte", ergänzt Dr. Thomas Granzer, Leiter der Abteilung Teleskopsteuerung und Robotik. "Dies geschah kurz vor der großen Verdunkelung und stützt damit das Bild eines riesigen CME, der zu einer Staubwolke führte, die für die Lichtabnahme verantwortlich war. Gegenwärtig sehen wir ein winziges Wiederaufleben der Oszillationen, allerdings mit der doppelten Frequenz der Hauptpulsation. Wie bei einem Streichinstrument erwarten wir, dass diese vorübergehende Reaktion schließlich den gewohnten Pulsationen mit einer Periode von etwa 400 Tagen weichen wird." Die Unterbrechung zeugt von der Heftigkeit des Ausbruchs. Das endgültige Schicksal des Sterns besteht darin, als Supernova zu explodieren. Wenn dies geschieht, wird sie von der Erde aus für eine gewisse Zeit am Taghimmel zu sehen sein.

Obwohl es auf unserer Sonne koronale Massenauswürfe gibt, bei denen kleine Teile der äußeren Atmosphäre weggeblasen werden, wurde noch nie beobachtet, dass ein so großer Teil der sichtbaren Oberfläche eines Sterns ins All geschleudert wird. Daher kann es sich bei Oberflächenmassenauswürfen und koronalen Massenauswürfen um unterschiedliche Ereignisse handeln. Zu den Beobachtungen, die zu diesen Ergebnissen geführt haben, gehören neue spektroskopische und bildgebende Daten des robotischen STELLA-Observatoriums, des Tillinghast-Reflektor-Echelle-Spektrographen des Fred L. Whipple-Observatoriums, der NASA-Raumsonde Solar Terrestrial Relations Observatory, des Hubble-Weltraumteleskops der NASA und der American Association of Variable Star Observers.

Ein Fachartikel über die Beobachtungen ist jetzt in The Astrophysical Journal erschienen.

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siehe auch
VLT: Staub ließ Betelgeuse kurzzeitig dunkler werden - 17. Juni 2021
Betelgeuse: Neue Hinweise auf Verdunklung durch Staub - 14. August 2020
Betelgeuse: Sternflecken als Grund für Verdunkelung? - 29. Juni 2020
Riesensterne: Neuer Blick auf Betelgeuse - 17. Februar 2020
Betelgeuse: Doppelte Explosion am Ende? - 18. August 2014
Links im WWW
Dupree, A. K. et al. (2022): The Great Dimming of Betelgeuse: a Surface Mass Ejection (SME) and its Consequences, ApJ (arXiv.org-Preprint)
Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam
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