Schnellerer Datenaustausch mit der Raumstation
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
18. Januar 2022
Die Internationale Raumstation ISS verfügt nun über eine
neue und deutlich schnellere Datenanbindung: Mit der Inbetriebnahme des
Columbus Ka-Band Terminal wurde die Raumstation an den sogenannten
SpaceDataHighway angeschlossen. Es wird vom Columbus-Kontrollzentrum am
DLR-Standort in Oberpfaffenhofen aus betrieben.
Das Colka-Terminal am europäischen
Columbus-Modul der Internationalen Raumstation
ISS.
Foto: ESA / NASA [Großansicht] |
Das Columbus Ka-Band Terminal, kurz Colka hat seinen Dienst
aufgenommen. "Das wissenschaftliche Datenaufkommen bei den Experimenten auf der
ISS wächst stetig. Mit ColKa erhält das Columbus-Labor der Internationalen
Raumstation ISS einen eigenen direkten Anschluss an die Datenautobahn im All -
den sogenannten SpaceDataHighway. Die
Hochgeschwindigkeitssatellitenverbindung beschleunigt den 'Datenverkehr' nach
Europa erheblich. Davon werden viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
mit ihren Experimenten profitieren – und zwar schon während der Cosmic-Kiss-Mission
von Matthias Maurer und vor allem direkt danach unter der italienischen
Astronautin Samantha Cristoforetti", erklärt Volker Schmid, Cosmic-Kiss-Missionsleiter
in der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR.
Denn diese etwa kühlschrankgroße Antenne macht nun einen Datentransfer in
Echtzeit zwischen der ISS und dem Columbus-Kontrollzentrum am Standort des DLR
in Oberpfaffenhofen möglich, wo das ColKa-Terminal betrieben wird. Die Antenne
und auch der SpaceDataHighway ist ein Projekt von Airbus in
Zusammenarbeit mit der europäischen Weltraumagentur ESA. Am 27. Januar 2021
installierten die beiden NASA-Astronauten Mike Hopkins und Victor Glover während
eines Außenbordeinsatzes die Antenne an der Außenseite des europäischen
Columbus-Labors der ISS. Bei diesem Einsatz wurden die beiden sowohl vom
Columbus-Kontrollzentrum sowie vom dänischen ESA-Astronauten Andreas Mogensen
vom Boden aus unterstützt.
"Nach der erfolgreichen Installation haben wir zahlreiche Tests vom
Columbus-Kontrollzentrum aus durchgeführt. Wir haben zum Beispiel überprüft, ob
die Antenne sich nach unseren Kommandos korrekt ausrichtet, ob die Kommunikation
mit dem Datennetzwerk richtig funktioniert und ob Daten erfolgreich übertragen
werden", erklärt Daria Margiotta, Flugdirektorin im Columbus-Kontrollzentrum am
DLR-Standort in Oberpfaffenhofen. Außerdem wurden noch Temperaturtests
durchgeführt. Denn die Antenne muss zum Beispiel auch unter den harschen
Bedingungen des Weltraums funktionieren.
Ist die ISS zum Beispiel zur Sonne gedreht, herrschen bis zu 121 Grad Celsius
an der Außenhülle, verschwindet sie im Erdschatten sind es auf einmal nur noch
minus 157 Grad Celsius. Um unter diesen Bedingungen optimal zu funktionieren,
wird die Antenne automatisch je nach Bedarf runtergekühlt und wieder aufgeheizt.
Außerdem wurden in Oberpfaffenhofen sämtliche System- und Softwaretests
durchgeführt. Nach dem Abschluss dieser Tests ist ColKa nun für den Dauerbetrieb
einsatzbereit.
Doch wie funktioniert der Datentransfer eigentlich genau? In 36.000
Kilometern über der Erde stehen sogenannte geostationäre
Kommunikationssatelliten immer über einem Punkt, weil sie sich in der gleichen
Geschwindigkeit mit der Erde mitdrehen. Diese Relaissatelliten sind lange im
"Sichtfeld" von anderen tieffliegenden Satelliten, wie zum Beispiel der
Umweltsatellitenflotte im europäischen Copernicus-Programm, können deshalb auch
große Datenpakete dieser Satelliten empfangen und sie besonderes schnell und vor
allem ununterbrochen an Bodenstationen weitergeben.
"ColKa sendet seine Daten zum EDRS-A-Kommunikationssatelliten, der wiederum
sendet sie zur Bodenstation nach Harwell in Großbritannien. Von dort aus gehen
die Daten dann über das Interconnection Ground Subnetwork zu uns zum
Columbus-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen und umgekehrt. Wir erreichen so
Datenübertragungsraten von 50 Megabit pro Sekunde", erklärt Margiotta. Für das
Columbus-Kontrollzentrum ergeben sich so ganz neue Möglichkeiten für Tests sowie
im Bereich Flugdynamik, Bodensoftware und im generellen Betrieb der Raumstation.
Von dem Anschluss an die Datenautobahn werden viele Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler profitieren, denn sie haben einen direkteren Zugriff auf ihr
jeweiliges Experiment. "Wir werden durch ColKa sehr viel schneller als jemals
zuvor die Daten von sämtlichen europäischen Racks und den Nutzlasten bekommen.
Im Columbus-Kontrollzentrum wachen wir daher sehr genau über den reibungsfreien
Datenverkehr, den wir mit den anderen Nutzern in Europa koordinieren. Wir sind
aber auch in dauerhaftem Kontakt zur NASA, weil die Antenne zum Beispiel nicht
während Außenbordeinsätzen der Astronauten betrieben werden kann", erklärt
Margiotta.
Außerdem soll ColKa auch in besonderen Fällen für die sogenannte Space-To-Ground-Kommunikation
eingesetzt werden. So sollen zum Beispiel Audio- und Videokonferenzen für
öffentliche Veranstaltungen über die AstroPi-Hardware der ESA möglich werden. "ColKa
erweitert das Kommunikationsspektrum mit der Raumstation immens. Aber nicht nur
das. Beim Entwurf, Bau und Betrieb von der Antenne wurde viel Know-how gewonnen,
das nun auch wichtige Dienste für die Entwicklung des Telekommunikations- und
Betankungsmodul am europäischen Esprit-Modul des 'Lunar Gateway' – dem geplanten
Außenposten in der Mondumlaufbahn – leisten wird. Hier muss Kommunikation über
eine 1000-mal größere Distanz zur Erde als bei der ISS funktionieren", erklärt
Schmid.
|