Sorge auch bei der deutschen Astronomie
von
Stefan Deiters astronews.com
18. Januar 2021
Mithilfe eines Netzwerks aus mehreren tausend Satelliten
wollen SpaceX-Chef Elon Musk und andere Betreiber jeden Winkel der Erde mit
Internet versorgen. Die dafür nötigen Satelliten können jedoch die astronomische
Forschung stören und ärgern auch Vertreter der Amateurastronomie. Dies führte
nun zu einer gemeinsamen Stellungnahme von drei deutschsprachigen Verbänden.
Satelliten reflektieren Sonnenlicht und können dadurch so hell
wie Sterne leuchten, was bei länger belichteten Aufnahmen
Strichspuren am Sternenhimmel verursacht.
Foto: Andreas Hänel [Großansicht] |
Allein schon das Starlink-Projekt von SpaceX-Chef Elon Musk hat
beachtliche Dimensionen: Innerhalb der nächsten Jahre sollen insgesamt fast
12.000 Satelliten in eine Erdorbit gebracht werden und so einen weltweiten satellitenbasierten
Internetzugang ermöglichen. Zu diesen Satelliten könnten sich zudem noch
zahlreiche weitere gesellen, da auch Unternehmen wie OneWeb, Amazon und andere
ähnliche Projekte planen und teilweise schon umsetzen.
Als 2019 die ersten serienmäßigen Starlink-Satelliten in eine
Umlaufbahn gebracht wurden, sorgte dies kurz nach dem Start für erhebliche
Aufregung, zogen die Satelliten doch für einige Zeit - oft schon mit bloßem Auge sichtbar -
am Himmel entlang. Die unnatürliche Kette von Lichtern ließ manche an einen
Besuch von Außerirdischen denken, Astronomen - Amateure und Profis - fürchteten
um ihre Beobachtungsmöglichkeiten.
Dies führte zu ersten besorgten Stellungnahmen astronomischer Fachverbände
und auch zu Diskussionen mit dem Betreiber, wie man die Auswirkungen dieser
Megakonstellationen auf die Astronomie auf ein Mindestmaß reduzieren könnte. So
gab es inzwischen einige Veränderungen an den Starlink-Satelliten, die ihre
Helligkeit nach dem Start reduzieren halfen. Gelöst war das Problem damit
allerdings noch nicht, wobei manche Observatorien von den Satellitenspuren am
Himmel weniger stark betroffen sind als andere.
In den letzten Monaten war es nun vergleichsweise ruhig um die Starlink-Satelliten
und die Megakonstellationen geworden. Nun haben sich die Astronomische
Gesellschaft, die Vereinigung der Sternfreunde und die Gesellschaft
Deutschsprachiger Planetarien mit einer Stellungnahme zu den Megakonstellationen
positioniert. Die Verbände befürchten erhebliche Auswirkungen auf die
Wahrnehmung des Sternhimmels und die Erforschung des Universums.
"Die Astronomie ist sich der Bedeutung der Internetanbindung entlegener
Regionen der Erde sowie weiterer technologischer Entwicklungen bewusst.
Gleichwohl birgt die Umsetzung über den gewaltigen Zuwachs an künstlichen
Satelliten am Himmel auch erhebliche Einschränkungen und Risiken, deren Folgen
verantwortungsvoll abgewogen und möglichst reduziert werden müssen", so die
Stellungnahme. "Für Astronominnen und Astronomen ist der Schutz des
Sternenhimmels als einzigartigem Kulturerbe der Menschheit ein zentrales
Anliegen. Das Erleben dieses Naturwunders ist bereits jetzt in großen Teilen der
Erde in höchstem Maße durch ineffiziente und übermäßige künstliche Beleuchtung
stark beeinträchtigt."
Hingewiesen wird auf die Auswirkungen der Satellitenkonstellationen für
Beobachtungen mit neuen optischen Teleskopen, die mithilfe von
Weitwinkelaufnahmen wichtige Daten über die Entwicklung des Universums liefern
sollen, wie etwa das Vera C. Rubin Observatory. Sorge macht den
Verfassern zudem die Radioastronomie, die "ohnehin immer stärker von
menschengemachten Signalen gestört wird, beispielsweise durch das stetig
wachsende Mobilfunkaufkommen." Aus diesem Grund sei man mit den Radioteleskopen
oft schon in sehr entlegene Regionen ausgewichen, doch den Satelliten am Himmel
können man auch hier nicht entkommen.
Letztlich wird auch auf Gefahren für die bemannte und unbemannte Raumfahrt
hingewiesen, da durch die Vielzahl von Satelliten zwangsläufig die
Wahrscheinlichkeit von Kollisionen steigen würden. Problematisch sei zudem, dass
"die Genehmigung der Starts von Satelliten ausschließlich durch nationale
Behörden, wie der US-amerikanischen Federal Communications Commission"
erfolgt. "Wir bringen hiermit unsere Besorgnis darüber zum Ausdruck und rufen
dazu auf, durch internationale Vereinbarungen beim zukünftigen Ausbau von
Satellitenkonstellationen den Schutz des Nachthimmels über das gesamte
elektromagnetische Spektrum als menschliches Kulturgut und Forschungsobjekt zu
gewährleisten."
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