Diamantregen im Inneren von Eisriesen?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf astronews.com
22. August 2017
Der innere Aufbau der äußeren Planeten unseres Sonnensystems
stellt Astronomen noch immer vor Rätsel. Im Falle des Jupiter versucht die
NASA-Sonde Juno gerade, hier neue Daten zu gewinnen. Im irdischen Labor
fanden Forschern nun Hinweise auf die Verhältnisse tief im Inneren der Eisriesen
Neptun und Uranus: Hier könnte es Diamanten regnen.

Ein internationales Forscherteam konnte
zeigen, dass sich im Inneren riesiger
Eisplaneten, wie Neptun, Verbindungen aus
Kohlenwasserstoff auftrennen. Der Kohlenstoff
verwandelt sich dabei in einen "Diamantregen".
Bild: Greg Stewart / SLAC National
Accelerator Laboratory [Großansicht] |
Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) konnten mit
Kollegen aus Deutschland und den USA zeigen, dass sich in den Eisriesen unseres
Sonnensystems "Diamantregen" bildet. Mit dem ultrastarken Röntgenlaser und
weiteren Anlagen des Stanford Linear Accelerator Centers (SLAC) in
Kalifornien simulierten sie Bedingungen wie im Inneren der kosmischen Giganten.
Dadurch konnten die Forscher erstmals in Echtzeit die Aufspaltung von
Kohlenwasserstoff und die Umwandlung des Kohlenstoffes in Diamant beobachten.
Ein fester Kern, den dichte Schichten "Eis" umhüllen – so sieht das
Innenleben von Planeten, wie Neptun oder Uranus, aus. Dieses kosmische "Eis"
setzt sich vor allem aus Kohlenwasserstoffen, Wasser und Ammoniak zusammen. Seit
langem spekulieren Astrophysiker, dass die extrem hohen Drücke, die etwa 10.000
Kilometer unter der Oberfläche solcher Planeten vorherrschen, den
Kohlenwasserstoff auftrennen. Dabei bilden sich Diamanten, die weiter ins Innere
sinken.
"Bislang konnte dieser glitzernde Niederschlag aber nicht direkt
experimentell beobachtet werden", erzählt Dr. Dominik Kraus vom HZDR. Genau das
konnte der Leiter einer Helmholtz-Nachwuchsgruppe mit einem internationalen Team
nun jedoch ändern. "In unseren Untersuchungen haben wir eine spezielle Form von
Plastik – Polystyrol, das auch aus einem Mix von Kohlen- und Wasserstoff
aufgebaut ist – Bedingungen ausgesetzt, die dem Innenleben von Neptun und Uranus
ähneln."
Um das zu erreichen, schickten sie durch die Proben zwei Stoßwellen, die sie
mit einem extrem starken optischen Laser in Kombination mit der
SLAC-Röntgenlaserquelle Linac Coherent Light Source (LCLS) angeregt
hatten. Dadurch pressten sie das Plastik mit einem Druck von rund 150 Gigapascal
bei einer Temperatur von rund 5.000 Grad Celsius zusammen. "Die erste, kleinere
und langsamere Welle wird dabei von der stärkeren, zweiten überholt", erläutert
Kraus. "In dem Moment, in dem sich beide Wellen überschneiden, bilden sich die
meisten Diamanten."
Da dies nur Bruchteile von Sekunden dauert, nutzten die Forscher die
ultraschnelle Röntgenbeugung, die ihnen Momentaufnahmen von der Entstehung der
Diamanten und der chemischen Prozesse lieferte. "Die Experimente zeigen, dass
sich fast alle Kohlenstoff-Atome in nanometergroße Diamantstrukturen
zusammenschließen", fasst der Dresdner Forscher zusammen. Ausgehend von den
Ergebnissen vermuten die Autoren der Studie, dass die Diamanten auf Neptun und
Uranus viel größere Strukturen annehmen und wahrscheinlich über tausende Jahre
langsam in den Planetenkern hinabsinken.
"Aus unseren Erkenntnissen können wir außerdem Informationen gewinnen, um den
Aufbau von Exoplaneten besser zu verstehen", gibt Kraus einen Ausblick. Bei
diesen kosmischen Giganten außerhalb unseres Sonnensystems können Forscher vor
allem zwei Kenngrößen messen: die Masse, die sich aus Positionsschwankungen des
Muttersterns ergibt, und den Radius, den Astronomen aus der Verdunklung
ableiten, die entsteht, wenn der Planet vor seinem Stern vorüberläuft. Das
Verhältnis zwischen den beiden Größen liefert Anhaltspunkte über den chemischen
Aufbau, zum Beispiel ob sich der Planet aus leichten oder schweren Elementen
zusammensetzt.
"Und die chemischen Prozesse im Inneren verraten uns wiederum Aspekte über
entscheidende Eigenschaften der Planeten", fährt Kraus fort. "Dadurch können wir
die Planentenmodelle verbessern. Wie unsere Untersuchungen zeigen, sind
Simulationen hier bislang nicht exakt."
Neben den astrophysikalischen Erkenntnissen könnten die Versuche aber auch
einen praktischen Nutzen haben. So werden Nano-Diamanten, wie sie in den
Experimenten entstehen, zum Beispiel für elektronische Instrumente und
medizinische Verfahren, aber auch als Schneidstoffe in der industriellen
Fertigung verwendet. Derzeit läuft die Herstellung hauptsächlich über
Sprengungen. Die Produktion mit Lasern könnte ein Verfahren ermöglichen, dass
sauberer und leichter zu kontrollieren ist.
Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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